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03 – Jenseits der gesellschaftlichen Normen: Queerplatonische Beziehungen mit Alan & Liam

TW: Falls eine Stelle fehlt, die wir hier auch angeben sollen, könnt ihr euch gerne bei uns melden, z. B. per Mail unter acearoundthecake@gmail.com.

03:11 – 04:30 min gesellschaftliche Normen für Beziehungen

34:15 – 35:11 min fehlende Sichtbarkeit queerplatonischer Beziehungen

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (0:02 min) Wenn sich zum Beispiel zwei Leute entscheiden, zusammen zu sein, aber nicht zusammen zu wohnen, dann wird eben gleich die Beziehung hinterfragt.

[Liam (er/ihn)] (0:09 min) Das Wort Ehemann und das Wort Ehefrau fühlen sich passender an, weil eben dieser Fokus vor allem auf diesem Commitment ist.

[Alan (er/ihn)] (0:21 min) Ich finde es eben schön, ein Wort zu haben, was es beschreibt, aber nicht einschränkt.

[Lotta (en/they)] (0:26 min) Das große Problem auch innerhalb der Gesellschaft ist, dass wir keine wirklichen Vorbilder haben, wie alternative Beziehungsmodelle aussehen.

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (0:35 min) Välkomna!

[Alan (er/ihn)] (0:36 min) Chaire! 

[Lotta (en/they)] (0:37 min) Shalom le kolam! Und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von ACE AROund the Cake, dem Podcast von und für a* Menschen. Ich bin Lotta, ich habe keinen bevorzugten Pronomen und ich identifiziere mich als asexuell-alloromantisch.

[Franca (sie/ihr)] (0:51 min) Ich bin Franca, meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin asexuell und heteroromantisch.

[Alan (er/ihn)] (0:56 min) Ich bin Alan, meine Pronomen sind er/ihm, ich bin asexuell und queer. Außerdem sind wir alle able-bodied und weiß. In diesem Podcast besprechen wir verschiedene a* Themen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie in der gesellschaftlichen Debatte häufig zu kurz kommen.

[Musik]

[Lotta (en/they)] (1:13 min) Dies ist die dritte Folge von ACE AROund the Cake und heute beschäftigen wir uns noch ein drittes Mal mit dem Thema Beziehung, und zwar diesmal mit alternativen Beziehungsmodellen. Dafür haben wir auch wieder zwei Gäste eingeladen, nämlich Alan und Liam, die gemeinsam eine queerplatonische Beziehung führen. Doch bevor wir uns das Interview mit den beiden gemeinsam anhören und die, in Anführungszeichen, Praxis dieser Modelle hören, wollen wir uns kurz darüber unterhalten, was man eigentlich unter alternativen Beziehungsformen versteht und wie das so aussehen kann.

[Franca (sie/ihr)] (1:43 min) Ja genau, danke dir, Lotta. Ich habe nämlich heute ein Buch mitgebracht, und zwar heißt das Buch Stepping out of the Relationship Escalator und wurde von Amy Gahran geschrieben im Jahr 2017. Und ja, da wollen wir jetzt mal kurz drüber sprechen. Deshalb wollte ich euch einfach mal fragen, Lotta und Alan, was verbindet ihr denn eigentlich mit dem Begriff Escalator, beziehungsweise auf Deutsch mit dem Begriff Rolltreppe? Was kommt euch da in den Sinn?

[Alan (er/ihn)] (2:06 min) Also Rolltreppen fahren ja automatisch in eine bestimmte Richtung und wenn man mal drauf ist, kommt man auch nicht mehr so leicht zwischendurch runter, bis man das Ende gefahren ist.

[Lotta (en/they)] (2:16 min) Ich glaube, ich muss bei Rolltreppen immer daran denken, dass wir als Kinder gern irgendwie so mit Rolltreppen quasi gespielt haben oder dass es für uns sehr spaßig war, weil es auch etwas Besonderes für uns war. Ich komme vom Land, wo Rolltreppen eher selten sind. Also es gibt keine U-Bahn-Station oder irgendwas in der Richtung, wo man mit einer Rolltreppe runterfahren muss. Das heißt, nur wenn man mal in einem großen Kaufhaus war, gab es die Möglichkeit, dort Rolltreppe zu fahren. Und das war für uns Kinder immer ein besonderes Event. Und wir haben auch immer natürlich versucht, entgegen der Richtung der Rolltreppe zu laufen – entweder runter oder hoch zu rennen – und das ist uns eigentlich nicht wirklich geglückt, weil es ziemlich schwer ist entgegen der Richtung, in die diese Rolltreppe fährt, zu rennen.

[Franca (sie/ihr)] (2:57 min) Das ist super spannend, dass du das ansprichst, weil das auf jeden Fall Aspekte sind, die in dem Konzept aus dem Buch sehr, sehr relevant sind. Nämlich geht es da, wie gesagt, um einen Relationship Escalator, also um eine Art Beziehungsrolltreppe. Nun, was kann man sich darunter vorstellen? Es geht vor allem um Erwartungen, soziale Erwartungen, die an intime Beziehungen gestellt werden, an romantische oder sexuelle Beziehungen. Und zwar ist der Gedanke, dass Partner*innen eine bestimmte Reihenfolge von Schritten folgen, diese gemeinsam gehen und auf diese Weise eben ihre Beziehung leben. Und diese Schritte können zum Beispiel sein, dass man sich entscheidet, zusammenzuleben, dass man sich entscheidet, gemeinsam in den Urlaub zu fahren, dass man ein gemeinsames Konto eröffnet oder auch, dass man heiratet und vielleicht irgendwann Kinder bekommt und dann letztendlich gemeinsam alt wird. Und diese Schritte müssen natürlich auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge gegangen werden, aber das sind alles Beispiele für bestimmte Elemente einer romantischen Beziehung, wie viele Menschen sie eben leben. Und dieses Konzept Escalator zeigt eben auch, wie diese Beziehung gelebt werden kann. Gleichzeitig ist der Escalator auch etwas, was den meisten Menschen beigebracht wurde, wie Beziehungen auszusehen haben. Und interessant ist auch, dass wenn eine oder mehrere dieser Schritte nicht erfüllt sind, dass dann häufig aus gesellschaftlicher Sicht gleich gefragt wird: “Was ist denn bei eurer Beziehung nicht richtig?” Oder: “Das funktioniert ja nicht.” Wenn sich zum Beispiel zwei Leute entscheiden, zusammen zu sein, aber nicht zusammen zu wohnen, dann wird eben gleich die Beziehung hinterfragt und dann ist gleich der Gedanke, oh nein, irgendwie ist da ja was schiefgelaufen. Und das Buch von Amy Gahran heißt ja Stepping Out of the Relationship Escalator. Das heißt, sie möchte mit ihrem Buch Möglichkeiten aufzeigen, wie man eben Beziehungen alternativ leben kann. Und ja, da möchten wir zum Einstieg exemplarisch ein paar Beispiele nennen, die sie auch in ihrem Buch ausführlich beschreibt.

[Alan (er/ihn)] (4:48 min) Ja, ein Aspekt von diesem Relationship Escalator, den man hinterfragen kann, ist das Konzept von Exklusivität in Beziehungen. Dazu will ich jetzt gar nicht zu viel vorwegnehmen, da kommen wir im Interview gleich noch dazu. Aber einfach ein paar Aspekte, die wir aus dem Buch herausgegriffen haben. Das erste ist die konsensuelle Nicht-Monogamie. Das bedeutet im Prinzip, dass Menschen, die in einer Beziehung sind mit einer anderen Person, trotzdem mit gegenseitigem Einverständnis auch verschiedene Arten von Intimität auch außerhalb der Beziehung ausleben. Also dieses “engage intimately with others” ist auch offen für Interpretation. Es muss nicht unbedingt sexuelle oder romantische Intimität sein. Es geht eben darum, dass sie eben mit Einverständnis des Partners auch außerhalb der Beziehung ausgelebt wird, aber die Beziehung selbst immer noch zwischen diesen zwei Personen besteht. Dann gibt es das Konzept von Polyamorie. in dem Menschen im Prinzip mehrere Beziehungen führen oder eine Beziehung, in der mehrere Menschen involviert sind. Es kann sehr komplex werden mit Beziehungen, wer, wie, mit wem, wo involviert ist, aber es sind eben wirklich alles committete Beziehungen. Dazu wird auch das Friend-Lover-Spektrum aufgeführt, Freund*innenschaft, Freund*innenschaft+, Friends with Benefits, sexuelle Freund*innenschaft, romantische Freund*innenschaft und dann am Ende steht eben auch die Frage, wie unterscheiden wir eigentlich eine Freund*innenschaft von einer romantischen Beziehung oder generell den Begriff von Beziehung. Wenn man auch aus diesem Relationship Escalator aussteigt, dann verschwimmen die Grenzen da auch immer zunehmend.

[Lotta (en/they)] (6:19 min) Ich finde gerade das mit dem Grenzen verschwimmen und überhaupt wo liegen, wo sind solche Grenzen, wie können wir irgendeine Art von Anziehung, die wir zu anderen Menschen spüren, überhaupt beschreiben, erinnert mich total an das Split Attraction Model, was man ja sehr oft findet, glaube ich, wenn man über Asexualität oder Aromantik spricht. Aber da das ja auch ein bisschen komplexer ist, erklären wir das vielleicht lieber nochmal in einer extra Folge, aber den Begriff könnt ihr euch auf jeden Fall schon mal merken, denn da kommen wir bestimmt nochmal drauf zurück. Super spannend und auch etwas, was zum Beispiel mir persönlich schon sehr viel gebracht hat in meinem Leben und sehr viel zu verstehen. Der nächste Punkt, den sie auch in ihrem Buch anspricht und den ich euch jetzt ein bisschen näher bringen möchte, ist, was sie Preserving Autonomy nennt. dass man sich eine gewisse Autonomie bewahrt, zum Beispiel durch getrennte Wohnungen. Wir haben ja vorhin schon gehört, wie Franca richtig erzählt hat, dass es für viele selbstverständlich ist, dass man irgendwann zusammenzieht. Und das für viele, denke ich, auch ein sehr wichtiger Schritt der Beziehung ist, dass man eine gemeinsame Wohnung hat, einfach den Tagesablauf sich immer teilt, so 24/7. Man sieht sich morgens, man sieht sich nach der Arbeit, man schläft im gleichen Zimmer, im gleichen Bett vermutlich sogar. Und da ist jetzt dieses Konzept, dass man von vornherein sagt, wir leben in getrennten Wohnungen, natürlich etwas, was dem erstmal so entgegensteht. Also der Begriff, den sie da aufführt, ist auch so “a partner”, also man bezeichnet die andere Person als Partner*in. Man führt irgendeine Form von Beziehung, aber lebt nicht unbedingt zusammen und ich kann mir das sehr gut vorstellen, weil ich, also ich kenne auch Menschen, die einfach für sich gesehen haben, okay, es klappt einfach besser mit unserer Beziehung, für uns ist das besser, wenn wir nicht zusammen leben. Also vielleicht hat man schon mal zusammen gelebt und hat einfach gemerkt, das passt für unsere Beziehung nicht so oder man hat einfach von vornherein gar nicht das Bedürfnis zusammenzuziehen, weil man sagt, so wie wir momentan leben in getrennten Wohnungen passt das super für uns. Und man verbringt eben nicht den ganzen Tag immer miteinander, weil es ja auch anstrengend ist vielleicht, wenn man eine Person die ganze Zeit sieht oder man im Alltag, der ja vielleicht schon stressig genug ist, dann nicht noch mehr Leute um sich herum braucht. Und ich denke halt, dass das etwas ist, auf das die Gesellschaft immer sehr kritisch guckt, weil eben erwartet wird, ja, wenn du die andere Person wirklich liebst, dann möchtest du ja den ganzen Tag mit dieser Person verbringen und kannst dann auch so Alltagssachen, lästige Sachen, vielleicht mit dieser Person teilen. Aber es ist eben nicht für alle Menschen so und das muss man vielleicht immer im Kopf behalten. Ein nächster Punkt wäre etwas, was auch mit den getrennten Wohnungen so ein bisschen einhergeht, sind z.B. permanente Fernbeziehungen. Ich denke, es gibt heute immer mehr Menschen, die eine Fernbeziehung führen, einfach weil man wegen dem Job oft sehr viel flexibler sein muss und das dann auch viel normaler ist. Aber für die meisten ist es doch zumindest wichtig, in der gleichen Stadt oder in der gleichen Wohnung zu wohnen. Und es gibt aber Menschen, die führen Beziehungen über mehrere Kontinente hinweg. Da liegt dann nicht nur irgendwie 200 Kilometer dazwischen, sondern vielleicht sogar 2000, weil man gar nicht unbedingt die Wahl hat. Aber andere Menschen haben durchaus die Wahl und machen es trotzdem, dass sie in getrennten Wohnungen leben oder eine Fernbeziehung führen, einfach weil es für die Menschen jeweils so passt, weil sie vielleicht ihren Teil des Lebens, den sie in einer bestimmten Stadt oder in einem bestimmten Land verbringen, nicht aufgeben wollen für die andere Person. Ja, ich glaube, Franca, du kannst uns dazu vielleicht auch noch ein bisschen was sagen, weil du führst ja auch eine Fernbeziehung, wie wir in der letzten Folge auch schon gehört haben.

[Franca (sie/ihr)] (9:58 min) Ja, genau. Ich möchte da jetzt auch gar nicht zu ausführlich drüber sprechen, weil wir wollen ja eigentlich auch noch später das Interview mit Alan und Liam anhören. Aber ich denke, der Punkt bei einer Fernbeziehung ist immer, man muss sich überlegen, was genau bringt es einem momentan zusammenzuziehen oder auch in die gleiche Stadt zu ziehen. Und in meiner persönlichen Lebenssituation ist für mich einfach gerade nicht vorteilhaft oder nicht ausreichend vorteilhaft, meinen Wohnort jetzt zu wechseln, nur um am gleichen Ort wie mein Partner zu leben, weil ich eben gerade in Frankfurt wohne und da sehr glücklich bin und dort studiere und ja, viele Menschen kenne und auch soziales Engagement mir sehr wichtig ist und ich möchte gerade nicht all diese Aspekte meines Lebens aufgeben, nur um den einen Aspekt, romantische Partnerschaft, so stark zu priorisieren. Also es ist mir wichtig, aber es ist mir eben nicht so wichtig, dass ich alle anderen Aspekte aufgeben möchte. Das heißt nicht, dass es sich in drei, vier, fünf Jahren ändern kann, aber für den Moment finde ich das Modell Fernbeziehung für mich einfach sehr viel passender, als in der gleichen Stadt zu wohnen.

[Lotta (en/they)] (10:56 min) Ja, und ich finde es auch sehr wichtig, dass man das auch wertschätzt und auch als valide ansieht und nicht sagt, okay, du musst für deine Beziehung irgendwie das alles aufgeben; dass die Beziehung nicht unbedingt an erster Stelle stehen muss oder einfach auch gleichrangig sein kann. Es ist ja gar nicht so, dass man eine Hierarchie zwischen den Dingen in seinem Leben auswählen muss und sagen, das und das ist mir wichtiger oder das andere ist weniger wichtig. Kann man auch machen, da spricht überhaupt nichts dagegen. Aber ich denke, dass man auch lernen muss, vor allem das auch als etwas zu sehen, wie man muss nicht unbedingt zusammen wohnen, sondern es ist auf jeden Fall auch wichtig und total okay, wenn man andere Dinge hat, die man vielleicht genauso wertschätzt. Und wie du das gerade eben erklärt hast, das finde ich vollkommen plausibel und kann ich sehr gut nachvollziehen.

[Franca (sie/ihr)] (11:41 min) Ja, und das heißt eben vor allem nicht, dass die Beziehung in irgendeiner Weise kaputt ist oder nicht richtig funktioniert.

[Lotta (en/they)] (11:46 min) Ja, auf jeden Fall. 

[Franca (sie/ihr)] (11:47 min) Im Gegenteil, ich glaube, es bringt auch einfach ein Stück weit Autonomie wieder. Und das ist jetzt auch der letzte Punkt, über den wir noch kurz sprechen möchten, nämlich die Frage, inwiefern ist die Beziehung für immer oder nicht? Weil ich denke, das ultimative Kriterium für die allermeisten Beziehungen ist, man kommt zusammen und man einigt sich mehr oder weniger implizit darauf, dass man versucht, für immer zusammen zu bleiben. Also ich denke, die wenigsten Beziehungen werden begonnen mit dem Gedanken, okay, wir machen das jetzt fünf Jahre und in fünf Jahren trennen wir uns dann wieder. Ihr merkt ja, es ist auch irgendwie ein komischer Gedanke für uns, aber gleichzeitig nimmt es ja auch ein Stück weit Autonomie, wenn ich weiß, ich komme mit jemandem zusammen und ich lege mich eigentlich im besten Fall für mein ganzes Leben auf diese Person fest. Und deshalb gibt es eben auch Konzepte wie z.B. Friend-Lover-Fluidity. Also der Gedanke, dass ich eine Freund*inschaft führe, die vielleicht teilweise auch eine romantische Beziehung ist, aber dann vielleicht auch wieder nicht und dass es einfach nicht permanent als romantische Beziehung oder als Freund*inschaft gedacht wird. Genauso gut kann man auch Kurzzeitbeziehungen führen, eben wirklich mit diesem Gedanken, man ist vielleicht nur ein paar Monate oder ein paar Jahre seines Lebens am gleichen Ort oder im gleichen Land und weiß eigentlich auch schon, dass diese Phase enden wird und möchte das aber trotzdem in dem Zeitraum eben so ausleben, wie man sich das wünscht. Dann kann man auch eine Kurzzeitbeziehung führen. Oder eben ähnlich dazu auch eine Art Lebensabschnittsbeziehung. Also, dass man zum Beispiel weiß, man verbringt das Studium zusammen, aber eigentlich hat jede Person danach einen anderen Plan und möchte vielleicht an einen anderen Ort ziehen oder möchte auch, ja, vielleicht dann auch mit anderen Personen interagieren. Und ich denke, es kann ganz viel Druck rausnehmen aus einer Beziehung, wenn man eben nicht von Anfang an sagt, ja gut, eigentlich wollen wir unser ganzes Leben lang zusammenbleiben. Und so hat man diese Sicherheit, dass man diese Autonomie und diese Freiheit hat.

[Lotta (en/they)] (13:34 min) Ich find das total schön und auch total wichtig, dass da dieser Druck dadurch wegfällt. Weil ich kenne auch einige Paare in dem Fall, wo es nicht unbedingt die ganze Zeit so gut läuft in der Beziehung. Und natürlich ist es nicht so, dass man gleich bei jedem Streit irgendwie Schluss machen muss. Aber trotzdem denke ich, dass manche auch nur zusammen sind manchmal, weil man schon so lange zusammen ist oder weil man diesen Druck von der Gesellschaft spürt, dass es doch eigentlich eine Beziehung für immer sein sollte. Und was da halt nicht gesehen wird, ist, dass Menschen sich auch weiterentwickeln und manchmal entwickelt man sich eben auch auseinander und das ist auch vollkommen okay. Ich finde das total wertvoll, dass man da jetzt dieses Modell hat von flexiblen Beziehungen, weil das von vornherein so viel Druck rausnimmt und man dann viel entspannter mit dem Thema Beziehung umgehen kann und dadurch vielleicht auch die Beziehung ja viel besser und viel schöner ist.

[Franca (sie/ihr)] (14:23 min) Ja, absolut. Kann ich mir auch sehr gut vorstellen und kann ich auch sehr gut nachvollziehen. Bevor wir uns jetzt das Interview anhören, vielleicht noch ein kurzer Kommentar bzw. eine kurze Anmerkung dazu. Sowohl asexuelle als auch aromantische Beziehungen gehören natürlich auch in das Spektrum der alternativen Beziehungsformen, weil eben auch klassischerweise eine Beziehung, wenn wir jetzt nur den Begriff Beziehung verwenden, natürlich auch so gedacht wird, dass sie eben auch sexuelle Handlungen umfasst und romantische Handlungen. Das heißt, genau, jegliche Beziehung, die dies vielleicht nur teilweise oder eben auch gar nicht umfasst, kann natürlich auch in diesem Spektrum gesehen werden. Ja, und jetzt haben wir euch eine etwas längere Einführung gegeben, aber jetzt bin ich sehr gespannt auf Alan und Liam und auf ihren Bericht über ihre queerplatonische Beziehung. [Musik] Ja, hallo Liam, hallo Alan. Wir freuen uns sehr, dass ihr heute in unserem Podcast zu Gast seid. Wir wollen heute über queerplatonische Beziehungen reden und ja, da ihr beide eine queerplatonische Beziehung führt, seid ihr heute sozusagen die perfekten Gäste. Und ja, ich glaube, wir würden einfach mal damit anfangen, dass ihr euch beide mal kurz vorstellt. Genau, Liam, magst du kurz was zu dir sagen?

[Liam (er/ihn)] (15:41 min) Ja, hi, mein Name ist Liam. Ich nutze er/sein Pronomen und ich habe das Bild vom Podcast gemalt.

[Alan (er/ihn)] (15:47 min) Ja, mich kennt ihr ja schon, denke ich. Ich bin Alan.

[Franca (sie/ihr)] (15:50 min) Hallo Alan, schön, dass du heute da bist.

[Lotta (en/they)] (15:53 min) Genau. Ja, und weil wir heute eben über alternative Beziehungsmodelle sprechen und ihr ja gesagt habt, dass ihr eine queerplatonische Beziehung führt, wollten wir einfach auch mal fragen, weil wir, glaube ich, auch ziemlich neugierig sind und beide, Franca und ich, beide nicht so viel über alternative Beziehungsmodelle, besonders queerplatonische Beziehungen wissen, wollten wir euch fragen, was ist denn die queerplatonische Beziehung für euch? Wie würdet ihr die beschreiben?

[Alan (er/ihn)] (16:18 min) Also ich würde es am ehesten so definieren: Es ist eine platonische Beziehung, die aber das Commitment von einer romantischen Beziehung hat. Also grundsätzlich queerplatonische Beziehungen sind alle Beziehungen, die nicht in wirklich die strikten romantischen oder platonischen Kategorien fallen. Aber das wäre jetzt die Definition von unserer Beziehung spezifisch.

[Franca (sie/ihr)] (16:38 min) Und wie hat sich das entwickelt bei euch? Also vielleicht die klassische Frage, wie seid ihr zusammengekommen, beziehungsweise wie habt ihr dann für euch festgelegt, wie eure Beziehung aussehen soll?

[Liam (er/ihn)] (16:48 min) Wir waren schon recht lange befreundet. Und dann habe ich eines Abends, nachdem, oder bevor, Alan mir einen Antrag mit Würfeln, die nicht mal ihm gehört haben, gemacht hat…

[Alan (er/ihn)] (17:00 min) Freunde von uns hatten neue Würfeln in einer richtig schönen Dose, die aussah wie so eine Ringdose. Und, ja.

[Liam (er/ihn)] (17:07 min) Und dann habe ich einfach gesagt: “Unsere Beziehung ist inzwischen queerplatonisch, oder?” Und, äh, ja.

[Alan (er/ihn)] (17:14 min) Ja. 

[Liam (er/ihn)] (17:14 min) Es war halb ne Frage, halb ne Aussage.

[Lotta (en/they)] (17:18 min) Wie genau sieht eure Beziehung so aus? Wie lebt ihr eure Beziehung? Welchen Teil in eurem Alltag beispielsweise nimmt diese Beziehung ein?

[Liam (er/ihn)] (17:27 min) Das ist sehr schwer zu sagen. Ich würde sagen fast wie es davor oder mit anderen Freunden auch ist. Wir treffen uns ein wenig öfter und geben einander Geschenke. Der semi-romantische, nenne ich ihn mal Faktor, äußert sich vor allem durch Spitznamen und Händchen halten und manchmal küssen wir uns zum Abschied auf die Wange. Also…

[Alan (er/ihn)] (17:56 min) Ich denke so, von meinem Freund*innenkreis ist Liam schon meistens so die erste Person, der ich irgendwas erzähle oder wenn ich irgendwas habe, was ich gerade einer Person mitteilen will, dann ist Liam schon die erste Person, der ich schreibe oder so.

[Franca (sie/ihr)] (18:11 min) Ja, das ist super spannend, weil ich glaube, das sind viele Aspekte, die Menschen, die eine “standard romantisch-sexuelle Beziehung” führen, vielleicht auch so beschreiben würden. Aber für euch ist das eben super, super schön zu sehen, dass ihr dieses Vertrauen zueinander habt. Was ist mit Sexualität und Romantik? Spielt das in irgendeiner Form eine Rolle oder wie würdet ihr diese Rolle sehen?

[Alan (er/ihn)] (18:34 min) Also wir sind beide asexuell, deswegen also… Von meiner Seite aus spielt Sexualität eigentlich keine große Rolle, weil sie in meinem Leben generell keine große Rolle spielt.

[Liam (er/ihn)] (18:43 min) Ja, same. Für mich spielt romantische Anziehung ein wenig eine Rolle, weil ich mich zu Alan romantisch angezogen fühle, er sich aber zu mir nur platonisch angezogen fühlt und dass ich deswegen oft Angst habe, dass ich ihn mit meinen romantischen Gesten oder Gefühlen überwältigen könnte. Aber wir kommunizieren über unsere Grenzen, deswegen war das bisher eigentlich noch kein Problem.

[Lotta (en/they)] (19:09 min) Ja genau, das ist so ein Punkt, wo ich mich halt auch gerade fragte, du hast es schon angesprochen, dass du quasi Angst hast, dass du Alan mit deinen Gefühlen oder Affekten da irgendwie überwältigen könntest. Welche Herausforderungen ergeben sich denn vielleicht für eure Beziehung aus diesen unterschiedlichen Anziehungen? Wir haben da ja auch mit Franca und Thomas in der letzten Folge darüber gesprochen, dass das eben durchaus eine Herausforderung sein kann, wenn eben nicht jede Person die gleiche Anziehung zu der anderen Person empfindet.

[Liam (er/ihn)] (19:40 min) Also ich bin mit Alan eigentlich nur ein bisschen vorsichtiger, was romantische Gesten und so weiter angeht, als mit Lucy, meiner anderen Freundin, die in Amerika lebt. Und mit der ich auf einer tatsächlich fast pur romantischen, also keine queerplatonische, einfach romantische Beziehung führe.

[Lotta (en/they)] (20:02 min) Sehr interessant, auf jeden Fall, dass da halt auch noch eine dritte Person Teil der Beziehung ist, da sprechen wir gleich auch noch drüber, denke ich.

[Alan (er/ihn)] (20:09 min) Ich denke, Kommunikation ist in allen Beziehungen unfassbar wichtig. Aber in einer queerplatonischen Beziehung besonders, weil es eben nicht diese Standard-Erwartungen gibt. Für die meisten Menschen, wenn sie in einer romantischen Beziehung sind, gibt es einfach so Erwartungen, wie das irgendwie auszusehen hat. Für mich wäre es gut, auch darüber zu reden, was man davon eigentlich will. Aber in einer queerplastischen Beziehung gibt es eben quasi nicht diese Anleitung, diese gesellschaftlichen Erwartungen, wie es auszusehen hat. Das heißt, man muss sich selbst quasi überlegen, was wollen wir davon übernehmen, was wollen wir nicht übernehmen. Und ich meine, wenn man irgendwie Sex und sowas wie Küssen und so rausnimmt, ist eigentlich der Unterschied zwischen einer romantischen und einer platonischen Beziehung eigentlich auch gar nicht mehr so groß, was jetzt so die praktischen Aspekte angeht.

[Franca (sie/ihr)] (20:51 min) Ich finde es super spannend, dass ihr [das] angesprochen habt: die Tatsache, dass eure Beziehung in vielerlei Hinsicht queerplatonisch ist, führt irgendwo dazu, dass ihr sie selber schaffen müsst, dass ihr letztlich nicht irgendwelche Normen übernehmt und hinterfragt, ist diese Norm jetzt passend oder nicht, sondern dass ihr von Anfang an sagt, okay, das soll Teil unserer Beziehung sein und das eben nicht. Aber jetzt würde mich noch mal interessieren, weil du ja eben auch angesprochen hattest, dass Lucy auch Teil eurer Beziehung ist, war das von Anfang an so, dass ihr, ich sag mal, zu dritt gleichzeitig zusammengekommen seid? Oder wie hat sich das entwickelt? Wann ist Lucy dazugekommen?

[Liam (er/ihn)] (21:27 min) Die Geschichte mit Lucy ist ein bisschen kompliziert. Ich war mit jemandem zusammen. Dann ist dieser jemand mit Lucy noch zusammengekommen. Wir waren in einer Dreiecksbeziehung. Dann habe ich mich noch in Lucy verliebt. Und dann hat der Dritte mit uns Schluss gemacht. Das heißt, Lucy und ich waren schon zusammen, bevor Alan und ich auf queerplatonisch gegangen sind. Und Alan wusste von Anfang an, dass ich polyamorös bin.

[Alan (er/ihn)] (21:54 min) Ja, also wir kannten uns schon lange bevor Liam und Lucy zusammengekommen sind, aber wir haben unsere Beziehung erst wirklich als queerplatonisch definiert, nachdem das dann schon so war.

[Franca (sie/ihr)] (22:05 min) Und Alan, welche Beziehung führst du zu Lucy? Also Beziehung nicht im Sinne von romantisch-sexuell, sondern welche Verbindung hast du zu Lucy?

[Alan (er/ihn)] (22:12 min) Also tatsächlich nicht so viel Verbindung, wie ich eigentlich gerne hätte, hauptsächlich wegen der Distanz, weil ich bin echt nicht gut darin, online Beziehungen oder Freundschaften aufrechtzuerhalten. Ich brauche irgendwie den persönlichen Kontakt, sonst geht das bei mir sehr schnell verloren oder in den Hintergrund. Was ich sehr schade finde, weil ich habe schon mit Lucy gesprochen öfter mal, halt über Videocalls und so. Ich finde sie eigentlich sehr, sehr cool und ich hoffe wirklich, dass wir uns eines Tages persönlich sehen können. Also ich wäre echt gerne mit ihr wirklich mehr befreundet, aber ich finde es online einfach sehr, sehr schwierig.

[Lotta (en/they)] (22:43 min) Aber wie empfindet ihr dann so die Dynamiken bei euch in der Beziehung? Ist das auch gleichwertig? Ich meine, ihr habt ja jetzt auch sehr unterschiedliche Teile in der Beziehung, dass ihr eben, ihr zwei, Liam und Alan, ihr könnt euch sehen und mit dir und Lucy ist das dann eine Fernbeziehung. Macht das irgendwas mit der Beziehung? Ich weiß nicht, weil ich glaube, das ist etwas, was viele Menschen, die jetzt den Podcast hören, und sich mit dieser Art von Beziehung noch nicht so auskennen oder selbst nicht erlebt haben, sich nicht so richtig vorstellen können, wie das genau funktioniert.

[Liam (er/ihn)] (23:17 min) Es ist tatsächlich vor allem schwierig, dass… Ich möchte auch gerne, dass die beiden befreundet sind, dass sich Lucy und Alan anfreunden. Und ich muss momentan immer so ein bisschen Get-Along-Boyfriend spielen. Und es ist auch schwieriger, Lucy meine Liebe zu zeigen. Es ist einfacher, Alan meine Liebe zu zeigen, wenn man da auf die fünf Love Languages…

[Franca (sie/ihr)] (23:43 min) …Sprachen der Liebe…

[Liam (er/ihn)] (23:45 min) … Sprachen der Liebe, zurückführt. Ich kann Lucy schlecht handgemachte Geschenke geben, weil sie in einem anderen Land wohnt.

[Alan (er/ihn)] (23:54 min) Versandkosten.

[Liam (er/ihn)] (23:55 min) Mit Zoll, Versand. Und ich kann sie nicht berühren, ich kann, ich kann ihr nicht einfach Suppe machen, wenn sie krank ist, um Hilfsbereitschaft zu zeigen. Und Quality Time, also gut Zeit miteinander verbringen, ist in mein Zimmer eingesperrt. Ich habe meinen Laptop mit Lucy drauf, sozusagen, in meinem Zimmer. Ich kann nicht auf einen Spaziergang gehen, ich kann nicht mit ihr Stoff kaufen gehen oder irgendwas in der Art. Worte der Liebe sind nicht wirklich eingeschränkt. Es ist fast sogar besser, weil ich ihr schreiben kann, wann ich möchte. Kann ich Alan natürlich auch. Aber bei uns ist alle Kommunikation über dieses Schriftliche fast. Und deswegen ist es genauso gut, wenn nicht fast besser.

[Lotta (en/they)] (24:41 min) Habt ihr euch schon mal getroffen, wenn ich das fragen darf? Ihr habt euch übers Internet kennengelernt, nehme ich an?

[Liam (er/ihn)] (24:48 min) Ja, über eben diesen gemeinsamen Freund. Und wir haben uns noch nicht getroffen. Sie hatte sehr lange keinen Pass. Und meine Eltern sind der Meinung, ich bin nicht mental stabil genug, um nach Amerika zu gehen. Deswegen… Aber wir haben’s vor.

[Lotta (en/they)] (25:04 min) Okay, ja.

[Franca (sie/ihr)] (25:05 min) Ja, vielleicht kurz als Hinweis für euch, diese fünf Sprachen der Liebe, die eben angesprochen wurden. Das ist ein Konzept von einem Psychologen, dessen Namen ich jetzt vergessen habe, aber das können wir gerne noch nachliefern [Gary Chapman; Anm. der Transkription, vgl. Show Notes]. Es gibt auch ein Buch dazu und ich finde, das ist ein super hilfreicher Weg, um ja, innerhalb einer Beziehung zu verstehen, welche Art von Commitment ist die Art, die einem besonders wichtig ist oder die einem besonders gut tut. Und da gibt es einfach verschiedene Arten, die Liebe zu der anderen Person oder zu den anderen Personen auszudrücken. Und ja genau, diese fünf verschiedenen Sprachen helfen das so ein bisschen zu clustern und helfen einem vielleicht auch bewusst zu machen, dass man selber vielleicht eher der Mensch ist, der gerne, wie du zum Beispiel jetzt gesagt hast, auch Geschenke gibt oder vorbereitet in irgendeiner Form, aber eine andere Person vielleicht mit Geschenken gar nicht so viel anzufangen weiß, dafür aber mit Berührung viel mehr anzufangen weiß.

[Alan (er/ihn)] (25:57 min) Es gibt das vielleicht am ehesten unter Quality Time. Also wir sind beide autistisch und es gibt dieses Konzept von Parallel Play, das heißt man befindet sich zum Beispiel im selben Raum, aber macht quasi beide sein eigenes Ding. Und das ist auch noch so eine Art halt eben Affection zu zeigen und es ist auch sehr wichtig, wenn man einfach das weiß und darüber spricht.

[Liam (er/ihn)] (26:18 min) Und das ist eben auch schwierig, weil, ob ich jetzt mit Alan in einem Raum sitze, fühlt sich sehr viel anders an, als wenn ich mit einem Laptop in einem Raum sitze, der theoretisch Lucy drauf hat, aber wenn keiner von uns spricht, ist es, als sei sie nicht da.

[Lotta (en/they)] (26:34 min) Und das ist halt doch was anderes, weil man diese physische Anwesenheit der Person dann nicht spüren kann, glaube ich.

[Franca (sie/ihr)] (26:40 min) Ja, absolut. Ja, wir haben jetzt auch so ein bisschen schon über die Nachteile gesprochen, vor allem, dass Lucy nicht da ist. Aber vielleicht könnt ihr auch nochmal die Vorteile von der Art, wie ihr eure Beziehungen führt, aufzeigen. Also welchen Vorteil zum Beispiel seht ihr in der Tatsache, dass ihr eine asexuelle Beziehung führt oder auch, dass ihr eine nicht-monogame Beziehung führt?

[Alan (er/ihn)] (27:00 min) Also ich finde vor allem den Aspekt von der nicht-monogamen Beziehung sehr angenehm, weil wenn ich mich so an die Beziehung von meinen ehemaligen Klassenkameradinnen oder so erinnere, kam es mir doch immer sehr stressig vor, wie dann: “Oh, mein Freund hat mit einem anderen Mädchen gesprochen, oh, mein Freund hat einem anderen Mädchen ein Herz-Emoji geschickt.” Also, ich glaube, so eine Art von Beziehung wäre mir viel zu anstrengend. Und ich find’s einfach angenehm, dass ich wissen kann, okay, wenn ich mich jetzt in eine andere Person verliebe oder einfach mit einer anderen Person eine queerplatonische Beziehung führen wollen würde, dann könnte ich das machen, wenn ich eben darüber kommuniziere mit Liam. Und wenn Liam sich jetzt in eine andere Person verliebt oder so, dann kann er auch mit der Person eine Beziehung führen, ohne eben mich dafür verlassen zu müssen. Also wir sind nie in der Position, dass man sich zwischen zwei Personen entscheiden muss. Oder auch nie, dass man sich für seine Anziehung zu einer anderen Person schlecht fühlen muss. Ich kann auch zu Liam gehen und sagen, “hey, ich find die und die Person voll attraktiv und cool” und es kommt dann keine große Eifersucht auf oder “Oh, wie kannst du nur…” 

[Liam (er/ihn)] (28:03 min) Meine Reaktion ist meistens: “Same.” Und es ist auch eine ganz spezielle Art der Freude, wenn man sieht, wie sein Partner mit einer anderen Person in die mensch interessiert ist, interagiert oder wenn man hört, wie eben der Partner über eine andere Partner*in redet und schwärmt. Dieses Mitfühlen ist eine ganz besondere Art der Freude, die monogame Beziehungen eben nicht haben.

[Alan (er/ihn)] (28:33 min) Ich denke, meine Gefühle für Lucy sind so Second-Hand-Affection. Ich mag Liam, Liam mag Lucy, deswegen mag ich Lucy.

[Lotta (en/they)] (28:40 min) Das ist ein sehr interessanter Begriff und ein sehr interessantes Konzept, aber ich glaube, das trifft es tatsächlich ganz gut. Ihr habt ja gesagt, dass ein Vorteil eurer Beziehung ist, dass es eben keine Eifersucht gibt und ich glaube, genau das ist der Punkt, den sich viele Menschen in einer monogamen Beziehung nicht vorstellen können, dass es eben keine Eifersucht gibt, wenn es mehr als zwei Leute sind. Weil sonst, denke ich, hat man oft das Gefühl, sobald eine dritte Person mit dabei ist oder so, muss doch eine der Personen immer automatisch eifersüchtig sein auf die andere Person, weil man plötzlich mehr mit der gemacht hat oder sie ein Geschenk bekommen hat und die andere Person in dem Moment dann nicht. Und dass man das Gefühl hat, dass wirklich alle Personen gleich berechtigt und einen gleichen Anteil an dieser Beziehung haben, das ist etwas, was für viele Menschen, glaube ich, sehr schwer zu verstehen ist. Aber wie genau schafft ihr das? Wie genau schafft man das?

[Liam (er/ihn)] (29:34 min) Ich war ja selbst mal die Person, die nur mit einer Person in einer Dreiecksbeziehung zusammen war. Und der damalige Freund und Lucy waren damals beide eine Stunde voneinander entfernt und konnten sich deswegen tatsächlich sehen. Und zu wissen, dass die beiden gerade miteinander Zeit verbringen und ich nicht dabei sein kann, hat sich gleichzeitig gut und schlecht angefühlt. Weil ich eben wusste, dass sie Spaß zusammen haben. Aber andererseits hieß das auch, dass die beiden nicht online waren. Und dass ich nicht da sein konnte. Und das war natürlich traurig. Ich glaube, das ist einfacher, wenn keine Fernbeziehung involviert ist. Aber auch mit der Fernbeziehung, wenn ich zum Beispiel an einem Tag viel Zeit mit Alan verbringe, versuche ich am nächsten Tag mehr Zeit mit Lucy zu verbringen, damit ihr euch beide gleich wert fühlt.

[Alan (er/ihn)] (30:34 min) Also ich denke, wenn jetzt zum Beispiel Liam irgendwie mal mehr Zeit mit Lucy verbringt, womit ich auch kein Problem habe, dann ist es nicht unbedingt Eifersucht. Es ist manchmal so, ach schade, ich würde auch grad gerne Zeit mit Liam verbringen, aber es ist nicht wirklich Eifersucht. Ich weiß ja, dass Lucy mir Liam nicht wegnehmen wird und dass ich einfach am nächsten Tag mit ihm Zeit verbringen kann. Und es ist eigentlich wie immer, wenn man irgendwas gerne machen würde, aber gerade aus irgendeinem Grund nicht machen kann. Man muss halt damit leben. Und es ist auch kein Weltuntergang.

[Liam (er/ihn)] (31:00 min) Das ist aber auch ein Vorteil von zwei Partnern. Wenn ich mal mit jemandem romantisch Zeit verbringen möchte oder eben auf diese sehr intime Art mit jemandem Zeit verbringen möchte und Lucy schläft, Alan ist da.

[Franca (sie/ihr)] (31:14 min) Ich finde das super interessant, dass du sagst, Lucy würde dir Liam nicht wegnehmen. Weil das ist nämlich genau der Aspekt, den man ja eigentlich in Freund*innschaften absolut normal findet. Eine Person kann mit mehreren Menschen befreundet sein, niemand würde auf die Idee kommen, dass man sich das gegenseitig wegnimmt. Und sobald man aber als Gesellschaft dem Ganzen das Label Beziehung gibt, ist auf einmal die Gefahr von, oh nein, mein Partner verbringt Zeit mit einer anderen Person, vielleicht nimmt mir diese andere Person meinen Partner weg, oder meine Partnerin. Das ist super schön, dass es eben bei euch nicht so ist. Ich würde noch einmal kurz auf die Frage zurückkommen, wem ihr denn eigentlich von eurer Beziehung erzählt oder wie sichtbar eure Beziehung für andere Menschen ist. Wem erzählt ihr davon und warum?

[Liam (er/ihn)] (31:59 min) Unglaublich sichtbar. Ich höre nicht auf, über meine Frau und meinen Mann zu reden, weil ich sie das auch so nenne. Wir sind nicht verheiratet. Ich bin minderjährig. Aber das Wort Ehemann und das Wort Ehefrau fühlen sich passender an, weil eben dieser Fokus vor allem auf diesem Commitment ist, das oft in einer Ehe besteht. Und wenn ich dann Leuten erzähle, oh, das sind meine zwei Ehepartner, dann gibt es erstmal einen Haufen hochgezogene Augenbrauen.

[Lotta (en/they)] (32:35 min) Das kann ich mir gut vorstellen.

[Alan (er/ihn)] (32:37 min) Also ich finde auch zum Beispiel Begriffe wie Boyfriend passen für mich einfach nicht, weil es eben diesen romantischen Aspekt hat, den ich eben in meiner Beziehung mit Liam nicht habe. Während Husband oder halt Ehemann eher diesen Commitment-Aspekt hat, den ich einfach sehr viel angenehmer finde. Aber ja, ich habe auch schon Fragen bekommen auf Aussagen wie “This is my Husband, and this is my husband’s wife“.

[Lotta (en/they)] (33:00 min) Ich glaube, dass es für viele Menschen etwas sehr Neues ist und sie erstmal gar nicht wissen, wie sie damit so richtig umgehen sollen. Aber gibt es da noch irgendwelche Begriffe oder Labels aus dem a* Spektrum, die ihr dafür verwendet oder hilfreich findet? Oder findet ihr das eher, hilft es euch eher nicht, eure Beziehung zu beschreiben, weil sie einfach etwas ganz anderes ist vielleicht, was ihr auf dem Spektrum gar nicht so wiederfindet.

[Liam (er/ihn)] (33:25 min) Also ich glaube, das Label Queerplatonisch kommt ja aus der Richtung. Auch, ich mag das Wort Metamour sehr gerne. Das ist die Bezeichnung für den Partner eines Partners. Und das war ein sehr hilfreiches Wort, vor allem als Lucy noch mein Metamour war.

[Alan (er/ihn)] (33:45 min) Ich denke auch Queerplatonisch ist ein sehr gutes Wort, weil es sehr offen ist, eben ein Überbegriff für alle Beziehungen, die sich nicht wirklich in feste Kategorien einteilen. Natürlich werden auch nicht alle Personen, die so eine Beziehung führen, sie als queerplatonisch definieren wollen. Das ist auch jedem selbst überlassen. Aber ich finde es eben schön, ein Wort zu haben, was es beschreibt, aber nicht einschränkt.

[Franca (sie/ihr)] (34:04 min) Wie ist denn die Sichtbarkeit von dieser Art von Beziehung, die ihr führt oder von queerplatonischen Beziehungen allgemein? Erstmal vielleicht generell in den Medien und dann aber auch speziell in der queeren Community?

[Alan (er/ihn)] (34:15 min) Also in der queeren Community noch ganz okay. in der Gesellschaft generell fast nicht existent, was sehr, sehr schade ist.

[Liam (er/ihn)] (34:23 min) Ich habe das Wort auf TikTok gelernt, das ist nicht gut.

[Lotta (en/they)] (34:28 min) Ich meine, für mich war auch heute, glaube ich, sehr viel Neues da dabei und auch deswegen habe ich mich auch so darauf gefreut, dass wir die Möglichkeit hatten, mit euch zu sprechen, weil eben die queerplatonischen Beziehungen auch eine Art von Beziehungen sind, glaube ich, die kaum Sichtbarkeit haben. Ich würde sagen, dass ich mich auch schon recht viel mit queeren Labels und vor allem mit dem a* Spektrum gerne natürlich auch beschäftige. Und trotzdem ist es auch etwas, worunter ich mir noch nicht viel vorstellen konnte und ich sonst auch niemanden in meinem Bekannt*innenkreis hatte, die eine derartige Beziehung führen. Und ich glaube, das zeigt auch schon ganz gut, einfach nur aus meiner Perspektive natürlich, dass zumindest ich von der Gesellschaft da nicht viel Diversität sehe.

[Franca (sie/ihr)] (35:12 min) Ja, absolut. Aber gleichzeitig sieht man ja auch, dass die vielen Aspekte, die ihr angesprochen habt, die eure Beziehung auszeichnen, nicht nur für Menschen, die queerplatonische Beziehungen führen, spannend sind, sondern allgemein uns sehr, sehr viel über Beziehungen oder über menschliche Verbindungen, um das vielleicht mal anders zu bezeichnen, sagen und dass wir da auch sehr, sehr viel davon lernen können, wie ihr eure Beziehung führt und welche Prioritäten ihr setzt. Insofern freue ich mich sehr, dass ihr heute bei uns wart und dass ihr da so offen drüber gesprochen habt. Gibt es denn von eurer Seite noch etwas, was ihr weitergeben wollt oder was ihr unseren Zuhörer*innen wissen lassen wollt?

[Liam (er/ihn)] (35:46 min) Kommuniziert mit euren Partnern! Bitte!

[Alan (er/ihn)] (35:50 min) Ich denke, das ist tatsächlich so das Wichtigste. Also, ob jemand eine Beziehung hat, für die es irgendwie gesellschaftliche Vorbilder und Erwartungen gibt oder nicht. Im Prinzip, auch wenn es wirklich in einer romantischen Beziehung feste Erwartungen gibt, trotzdem natürlich drüber reden: Wollen wir diese Erwartungen eigentlich erfüllen? Warum machen wir das gerade? Weil es erwartet wird oder weil wir es wirklich wollen?

[Lotta (en/they)] (36:12 min) Ja, superschön. Vielen Dank euch beiden, dass ihr hier wart und uns so viele Fragen beantwortet habt. Ich glaube, wir haben sehr viel mitgenommen, sehr viel gelernt. Danke euch. [Musik] Ich fand es super spannend, mit euch über eure queerplatonische Beziehung zu sprechen. Ich denke vor allem zwei Punkte, die ich vielleicht besonders interessant fand oder auch auf mich so anwenden kann, ist das mit der WG, was ihr erzählt habt, auch so ein bisschen wie ihr euch eure Zukunft vorstellt, einfach so dieses Zusammenleben. Das ist etwas, was ich mir auch sehr gut für mich vorstellen kann, glaube ich, dass ich mir auch nicht wirklich vorstellen kann, so eine monogame, exklusive Beziehung zu führen, die dann so festgelegt sein soll auf irgendwie zwei Menschen, die für immer und ewig zusammen sind. Das wäre mir auch irgendwie viel zu viel Druck, sondern dass man einfach so zusammenlebt, wie es sich gut anfühlt. Und das ist auch so mit dem verbunden, was ich noch mitgenommen habe, denke ich. Genau das finde ich so schön bei euch, dass ihr irgendwie Vorstellungen habt, wie eure Beziehung aussehen soll, aber halt auch gleichzeitig sagt, wir lassen das ein Stück weit offen und schauen, was einfach auf uns zukommt. Weil ich glaube, das große Problem auch innerhalb der Gesellschaft ist, dass wir keine wirklichen Vorbilder haben, die alternative Beziehungsmodelle aussehen. Und deswegen muss man so seine eigene Beziehung entwickeln, einfach schauen, was gut für einen passt. Und ich denke, dass ihr da auch ein gutes Vorbild sein könnt eben. Und das finde ich sehr schön. Danke euch dafür. Franca, was hast du denn aus dem Gespräch mitgenommen?

[Franca (sie/ihr)] (37:46 min) Ja, ich fand’s auch sehr, sehr spannend und mir gehen auch gerade sehr, sehr viele Gedanken im Kopf herum. Aber ich glaube so das, wo ich gerade am meisten drüber nachdenke, ist die Sache, wie sinnvoll eigentlich diese Kategorien Freund*innenschaft und Beziehung ist, wenn man versucht, verschiedene Formen von Beziehung zu beschreiben. Und ob es nicht viel sinnvoller wäre, sich einfach nur auf das Attraction-Modell zu beziehen und wenn ich jetzt zum Beispiel, Lotta, wenn ich jetzt meine Verbindung, sag ich mal, zu dir definiere, dass ich einfach sage, diese und diese Anziehung empfinde ich zu dir und diesen Grad an Commitment habe ich gerade Kapazität oder möchte ich der Verbindung geben, die wir haben und die Beziehung, sag ich mal, die wir führen, eben nicht in die Kategorien romantisch, platonisch, sexuell, wie auch immer einordne, sondern einfach anhand dieser beiden eben erwähnten, ja, Koordinaten, Stränge, wie auch immer, genau definiere. Das fände ich eigentlich ganz schön.

[Lotta (en/they)] (38:39 min) Ich glaube, das ist ein sehr schöner Ansatz. Liam, was hast du mitgenommen?

[Liam (er/ihn)] (38:44 min) Ein ähnliches Fazit wie du. Ich finde, dass die Worte und das Wissen, die alternative Beziehungen einem geben und die auch das Nachdenken über solche Arten Beziehungen einem gibt, kann auch hilfreich sein für Leute, die in einer traditionelleren Beziehung sind und dass es vielleicht helfen kann, den gesamten Beziehungsmarkt ein bisschen weniger toxisch zu gestalten.

[Franca (sie/ihr)] (39:15 min) Ja, absolut.

[Alan (er/ihn)] (39:16 min) Ich denke, dafür braucht es auch auf jeden Fall mehr Repräsentation. Ich meine, wie Lotta schon gesagt hat, es gibt kaum Vorbilder für nicht-traditionelle Beziehungen. Und das ist eben, denke ich, so unfassbar wichtig, vor allem vielleicht auch Vorbilder in den Medien. Wenn ich so an queerplatonische Beziehungen in den Medien denke, es gibt fast nie was, dass queerplatonische Beziehungen beim Namen genannt werden. Es gibt immer mal wieder Charaktere, die eine Beziehung haben, die so ähnlich ist, die einfach eine sehr enge Freundschaft haben oder so, die man als queerplatonisch interpretieren könnte. Aber auch das endet dann meistens entweder darin, dass die beiden zusammenkommen oder dass eine der Personen mit einer anderen Person zusammenkommt und die Beziehung dann wieder irgendwie zerbricht oder zumindest weniger wird. Und das ist sehr schade. Und poly* Beziehungen entweder irgendwie in einer sehr dysfunktionalen, offenen Beziehung, oder eben, ja, dass eine Person den Partner einfach betrügt, also hinter dem Rücken des Partners noch eine andere Beziehung führt, aber nie wirklich irgendwie poly* Beziehungen, in denen alle glücklich sind, in denen alle Bescheid wissen, kommunizieren, das ist grundsätzlich sehr, sehr selten, das ist sehr schade, weil eben dafür Menschen die vielleicht gerne in so einer Beziehung wären, eben die Vorbilder fehlen. Dass manche Menschen einfach gar nicht wissen, dass sie gerne in dieser Art von Beziehung sein wollen, weil sie noch nie davon gehört haben. Und deswegen ist mehr Präsentationen einfach unfassbar wichtig.

[Liam (er/ihn)] (40:37 min) Es ist auch fast eher im Gegenteil, dass ein Mensch muss sich zwischen zwei Menschen entscheiden, ein sehr starker Trope in einem Haufen Geschichten ist.

[Lotta (en/they)] (40:48 min) Ja. Ich denke, da gibt es noch viel zu tun für die Zukunft.

[Alan (er/ihn)] (40:53 min) Und jetzt am Ende haben wir, wie immer, ein Piece of Cake für euch. Und heute passend zum Thema ist es ein Zeitungsartikel mit dem Titel New York Judge Rules in Favor of Polyamorous Relationship. Es geht um ein Gerichtsurteil aus New York, in dem eine poly* Beziehung zwischen drei Männern als “a non-traditional family” eingestuft wurde. In dem konkreten Fall ging es um einen Mietvertrag, bzw. die Verlängerung eines Mietvertrags nach dem Tod eines Partners. Und dieser Fall kann dann eben hoffentlich auch in der Zukunft als Präzedenz für weitere Fälle herangezogen werden. Und es ist natürlich kein Riesending, was alles verändert, aber es ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt eben, dass Veränderung zum Positiven auch wirklich möglich ist. Und dass wir hoffentlich in der Zukunft weitere ähnliche Urteile sehen.

[Franca (sie/ihr)] (41:43 min) Ja, auf jeden Fall. Ich finde, das ist auf jeden Fall etwas, was Hoffnung geben kann. Und wir werden den Artikel auf jeden Fall auch in den Show Notes verlinken, sodass ihr euch den anschauen könnt. Und ganz zum Abschluss wollen wir euch noch kurz verraten, worüber wir als nächstes sprechen werden. Heute ist ja auch schon viel das Thema Repräsentation von queerplatonischen Beziehungen angeklungen und deshalb wollen wir nächstes Mal über die Repräsentation von Asexualität und Aromantik und auch von Queersein allgemein in den Medien sprechen und haben uns dazu natürlich auch wieder ein paar Gäst*innen eingeladen. Das werdet ihr dann sehen. Wir freuen uns schon sehr. Ich bedanke mich bei euch und dann alles Gute für euch. 

[Lotta (en/they)] (42:22 min) Bis bald!

[Musik]

02 – „Sexualität ist nur ein Aspekt von vielen“ – Eine Geschichte über allo/ace-Beziehungen

TW: In der Folge werden insbesondere auch Probleme in ace-allo Beziehungen und allonormative Vorstellungen angesprochen. Falls eine Stelle fehlt, die wir hier auch angeben sollen, könnt ihr euch gerne bei uns melden, z. B. per Mail unter acearoundthecake@gmail.com.

01:18 – 02:12 min: fehlende Repräsentation von ace-allo Beziehungen

02:12 – 02:30 min: Erwähnung von Vorurteilen über Asexualität

05:05 – 05:12 min: Druck, sich zu outen

05:34 – 08:47 min: Sexualität in einer Beziehung, keine expliziten Details

08:47 – 12:35 min: Druck und Erwartungen an Sexualität/sexuelle Interaktionen, Allonormativität

13:17 – 14:02 min: Allo- und Heteronormativität

15:04 – 15:20 min: Allo- und Heteronormativität

16:24 – 19:23 min: (Umgang mit) unterschiedlichen Bedürfnissen in Beziehungen, Zweifel

20:20 – 26:42 min: Objektifizierung, Wahrnehmung sexueller Anziehung, Sexualität

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (0:05 min) Ich glaube, was vielleicht noch so eine Lösung war, die wir gefunden haben und immer noch finden, ist, dass wir einfach viel, wo wir unterschiedlich sind, einfach sehr mit Humor nehmen.

[Lotta (en/they)] (0:14 min) Ace sein ist ja beispielsweise auch nur ein Punkt unter vielen vielleicht in der Beziehung.

[Thomas (er/ihn)] (0:19 min) Ich habe deswegen nie irgendwas infrage gestellt.

[Franca (sie/ihr)] (0:26 min) Välkomna.

[Alan (er/ihn)] (0:27 min) Chaire. 

[Lotta (en/they)] (0:28 min) Shalom lekulam und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von ACE AROund the Cake, dem Podcast von und für a* Menschen. Ich bin Lotta, ich habe keine bevorzugten Pronomen und ich identifiziere mich als asexuell, alloromantisch.

[Franca (sie/ihr)] (0:42 min) Ich bin Franca, meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin asexuell und heteroromantisch.

[Alan (er/ihn)] (0:47 min) Ich bin Alan, meine Pronomen sind er/ihm, ich bin asexuell und queer. Außerdem sind wir alle able-bodied und weiß. In diesem Podcast besprechen wir verschiedene a* Themen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie in der gesellschaftlichen Debatte häufig zu kurz kommen. [Musik] In unserer heutigen Folge von ACE AROund the Cake reden wir noch einmal über Beziehungen, und zwar diesmal speziell über Beziehungen zwischen allosexuellen und asexuellen Menschen. Warum ist uns dieses Thema so wichtig?

[Franca (sie/ihr)] (1:18 min) Nun ja, in Büchern, Filmen oder Podcasts gibt es ja generell sehr wenig Repräsentation von asexuellen oder aromantischen Menschen, wie ihr wisst. Aber was es nun wirklich fast gar nicht gibt, sind a* Charaktere, die Beziehungen führen. Und wenn man dann mal nach langer Suche eine Geschichte findet, in der eben eine a* Person eine Beziehung führt, dann ist es eigentlich auch nie eine Geschichte mit Happy End. Denn in vielen Fällen kommt es dann entweder dazu, dass die Beziehung auseinanderbricht, weil die sexuellen Bedürfnisse der allosexuellen Person nicht erfüllt werden können oder es kommt eben dazu, dass die asexuelle Person sich dazu gezwungen fühlt, ihre Grenzen zu überschreiten und dann möglicherweise sexuelle Dinge tut, die sie eigentlich gar nicht tun möchte. Und ich muss sagen, ich finde das persönlich einfach unglaublich schade, dass wir in der Hinsicht keine schönen Geschichten haben, dass wir keine Vorbilder haben, denen wir zuhören können, Geschichten, die uns irgendwie positive Beispiele aufzeigen.

[Lotta (en/they)] (2:12 min) Damit verknüpft gibt es ja dann auch noch dieses Vorurteil, dass alle a* Menschen gefühlskalte Roboter sind und nicht in der Lage sind, Beziehungen zu führen. Also das mit den gefühlskalten Robotern habe ich tatsächlich auch schon an den Kopf geworfen bekommen. Oder dass asexuell sein eben bedeutet, keine Beziehung zu wollen. Wir haben heute aber das beste Gegenbeispiel dafür eingeladen. Und zwar haben wir heute zwei Gäst*innen hier zu Besuch. [Musik] Wir haben ja jetzt diese besondere Situation, dass wir, Franca, eigentlich den Podcast zusammen machen. Und jetzt ich dir ein paar Fragen stellen darf, denn du hast noch jemanden mitgebracht. 

[Franca (sie/ihr] (2:48 min) Oh ja. 

[Lotta (en/they)] (2:49 min) Ja, ich freue mich, euch beide hier zu haben. Ja, stellt euch doch mal kurz vor, mit Pronomen gerne. Und natürlich, weil es relevant ist für unser Thema heute, auch gern mit sexueller und romantischer Orientierung. Und ja.

[Franca (sie/ihr)] (3:01 min) Ja, ich bin Franca. Ich glaube, ihr kennt mich ja schon. Ich bin ja sonst auch beim Podcast dabei. Genau, Pronomen sind sie/ihr. Und ich identifiziere mich als asexuell heteroromantisch.

[Thomas (er/ihn)] (3:13 min) Ich bin der Thomas. Und genau, ich denke, mein Pronomen ist er. Und ich bin heterosexuell und heteroromantisch. Und der Freund von Franca.

[Lotta (en/they)] (3:24 min) Genau. Ja, deswegen haben wir euch ja heute hier, damit wir auch ein paar Einblicke in diese Themen haben können, wie das vielleicht so ist in einer Allo-Ace-Beziehung, dass wir da ein bisschen mehr darüber erfahren können. Ja, ich freue mich auf jeden Fall mega, dass ihr hier seid. Wie geht’s euch?

[Franca (sie/ihr)] (3:42 min) Ja, soweit gut. Ich glaube, heute ist richtig schönes Wetter. Wir sind mit dem Fahrrad hierher gekommen. 

[Lotta (en/they)] (3:46 min) Oh, schön.

[Thomas (er/ihn)] (3:47 min) Ja, passt, sehr gut. 

[Lotta (en/they)] (3:49 min) [Dann] gehen wir später noch ein Eis essen nach der Aufnahme.

[Franca (sie/ihr)] (3:51 min) Genau ja, auf jeden Fall. Da gibt’s einen sehr guten Eisladen in der Nähe, bei der Lotta.

[Lotta (en/they)] (3:56 min) Ja, dann fangen wir doch direkt mal an. Meine erste Frage wäre, wann kam denn das Thema Asexualität in eurer Beziehung so zum ersten Mal auf? Ich würde jetzt mal vermuten, recht am Anfang. Aber erzählt ihr doch mal.

[Thomas (er/ihn)] (4:10 min) Genau, also das war im Prinzip drei Tage, bevor wir zusammengekommen sind, hat Franca das auf einmal gesagt. Und ich wusste nicht recht, damit irgendwas anzufangen. Ich habe es dann erstmal auf Wikipedia durchgelesen. Das war auch nicht wirklich aufschlussreich. 

[Lotta (en/they)] (4:23 min) Also war es für dich auch zum ersten Mal, dass du mit diesen Begriff konfrontiert warst?

[Thomas (er/ihn)] (4:26 min) Ja, genau, schon eigentlich. Ich meine, ich hatte jetzt auch in meinem Umfeld nicht wirklich Berührungspunkte gehabt bis dahin.

[Lotta (en/they)] (4:34 min) Ja.

[Franca (sie/ihr)] (4:35 min) Ja, ich glaube, mir war es halt sehr, sehr wichtig, es zu sagen, weil ich schon geahnt, also ich hatte ja auch schon gemerkt, dass wir auf dem Weg waren zusammenzukommen. 

[Lotta (en/they)] (4:43 min) Ja, ich meine, drei Tage später. 

[Franca (sie/ihr)] (4:45 min) Genau, das ist jetzt nicht alles vom Himmel gefallen. Und genau, ich glaube, ich hatte vorher halt jetzt nichts gesagt, weil davor war es für mich halt schon auch vor allem sehr freundschaftlich und ich hab auch schon gemerkt, dass sich was entwickelt hatte. Aber mir war halt sehr wichtig, bevor wir irgendwie sagen, so wir kommen zusammen, dass ich das halt einfach sage, weil das ja definitiv einen Impact auf die Beziehung haben kann. 

[Lotta (en/they)] (5:04 min) Ja, total.

[Franca (sie/ihr)] (5:05 min) Ja, wobei ich da auch immer anmerken muss, es fühlt sich für mich schon auch immer so ein bisschen an, als wäre ich mehr oder weniger verpflichtet, mich zu outen, bevor ich mit jemandem zusammenkomme. Einfach, weil ich es fair finde, die Person zu informieren. 

[Lotta (en/they)] (5:17 min) Ja, das kenne ich.

[Franca (sie/ihr)] (5:18 min) Gleichzeitig ist es ja nicht so, dass du [an Thomas gerichtet] zum Beispiel da irgendwie gedacht hast, du müsstest mir sagen, oh übrigens, ich bin heterosexuell. Das ist ja irgendwie das, was man annimmt, weil es der Norm entspricht. Wohingegen ich es halt sehr wichtig fand, zu sagen, dass ich da anders bin.

[Lotta (en/they)] (5:34 min) Du hast ja das gerade schon ein bisschen angesprochen. Welche Rolle spielt denn das jetzt noch in eurer Beziehung? Oder welche Rolle spielt Sexualität in eurer Beziehung?

[Thomas (er/ihn)] (5:44 min) Ich denke durchaus eine. 

[Franca (sie/ihr)] (5:45 min) Ja, auf jeden Fall.

[Thomas (er/ihn)] (5:45 min) Ich glaube, wir haben da sehr gute Lösungen gefunden auch.

[Lotta (en/they)] (5:52 min) Wie habt ihr das da so gelernt, was die Bedürfnisse der einen Person sind oder der anderen Person? Weil das sind ja jetzt schon irgendwie… Ich weiß nicht, ich würde es nicht als gegensätzlich vielleicht bezeichnen, aber ich weiß aus meiner damaligen Beziehung, dass es da durchaus, zumindest bei mir in der Beziehung, zu sehr viel Spannung kam. Und bei euch scheint das ja alles zu funktionieren.

[Thomas (er/ihn)] (6:17 min) Ja, also man redet halt sehr viel, man hat von Anfang an viel geredet und das vielleicht auch langsamer gemacht, als es andere machen oder angehen würden. Man hat auch gewisse Kompromisse miteinander halt dann gefunden. Mit denen dann beide sehr gut leben können, denke ich.

[Franca (sie/ihr)] (6:30 min) Ja, ich glaube, was ich sehr angenehm fand von Anfang an, war dadurch, dass das Thema im Raum stand, war halt einfach klar, bei jeder Sache, die wir tun, bei allem, was wir ausprobieren, kommunizieren wir erst mal, ist das für dich okay, ist das für mich okay, fühlt sich das gut an und dass es halt immer, immer absolut okay ist, dass halt gerade heute was nicht, also, dass wir was nicht machen oder dass ich einfach Stopp sagen kann und so. Da war, glaube ich, von Anfang an echt eine sehr, sehr große Sicherheit, weil du mir auch immer das Gefühl vermittelt hast, dass ich dann nichts tun muss, was ich irgendwie nicht möchte. Und ich glaube, das war einfach sehr wichtig, diese Sicherheit zu haben. Klar, wir entwickeln uns irgendwie weiter, wir probieren neue Dinge aus. Das war, glaube ich, auch irgendwie klar, dass wir das gerne beide möchten, aber eben ohne Druck.

[Thomas (er/ihn)] (7:13 min) Und ich denke, es hat durchaus auch noch eine vorteilhafte Rolle gespielt, dass ich am Anfang auch noch nicht so mega erfahren war, was so Sachen angegangen ist. Und ich denke, das war dann auch gut, dass wir halt dann einfach es langsam angehen haben lassen insgesamt.

[Franca (sie/ihr)] (7:27 min) War irgendwie eine gemeinsame Entdeckungsreise. 

[Thomas (er/ihn)] (7:29 min) Ja, genau.

[Lotta (en/they)] (7:30 min) Ja, das klingt doch wirklich super schön. Generell auch, wie du das gerade auch beschrieben hast, Franca, ich denke, das ist ja auch was, das tut, egal welcher Beziehung, in egal welchen Momenten, immer gut, wenn man auf die Bedürfnisse des anderen achtet und auch in einer beispielsweise allosexuellen, alloromantischen Beziehung wäre es bestimmt sinnvoll, wenn man auch sich wieder ins Gedächtnis ruft: es gibt auch Tage, an denen ist es auch okay, wenn die andere Person einfach mal Stopp sagt oder so. Das, denke ich, ist da sehr wichtig und ist vielleicht auch fast ein Vorteil, also würde ich jetzt sagen, so von eurer Beziehung, dass ihr einfach viel kommunizieren müsst vielleicht über diese Themen und es auch tut, denn ich denke, das tut einer Beziehung bestimmt auch gut. Also wäre jetzt zumindest so mein Gefühl, meine Erfahrung damit.

[Thomas (er/ihn)] (8:17 min) Ja, auf jeden Fall.

[Franca (sie/ihr)] (8:18 min) Ja, ich glaube, da würde ich auch zustimmen. Also das sind alles Sachen, über die man sowieso reden muss, worüber wir halt einfach automatisch geredet haben. Das stimmt auf jeden Fall. Ich glaube, was vielleicht noch so eine Lösung war, die wir gefunden haben und immer noch finden, ist, dass wir einfach viel, wo wir unterschiedlich sind, einfach sehr mit Humor nehmen.

[Thomas (er/ihn)] (8:34 min) Ja, ja, auf jeden Fall. 

[Franca (sie/ihr)] (8:35 min) Also, dass wir uns einfach irgendwie so als Gesamtpaket sehen, so wie wir sind. Und wenn halt was nicht passt, dann… 

[Thomas (er/ihn)] (8:40 min) Auch mal drüber lachen können. 

[Franca (sie/ihr)] (8:41 min) …lachen wir eigentlich immer darüber, genau.

[Lotta (en/they)] (8:43 min) Das klingt doch nach der besten Lösung irgendwie. Klingt wirklich gut.

[Franca (sie/ihr)] (8:47 min) Ja, vielleicht noch kurz zu dem Humor. Ich finde es halt auch immer so schön, gerade weil dieses Thema, dass man in der Hinsicht unterschiedlich ist, ja schon einfach enorm viel Druck haben kann. Was du ja, glaube ich, auch erfahren hast, habe ich auch erfahren, dass es irgendwie sehr, sehr wichtig ist eben in der Beziehung. Und wenn man selber das Gefühl hat, man kann da vielleicht Erwartungen nicht erfüllen, ist es ja zunächst mal nicht lustig, sondern das ist irgendwie eher die ganze Zeit so ein Thema, wo ich am Anfang auch immer wieder das Gefühl hatte, oje, das kann halt der Entscheidungspunkt sein, weswegen man halt auseinander geht und sagt, okay, das passt nicht. Und das fand ich halt so angenehm, weil die Sache mit Humor zu nehmen, hat halt für mich ausreichend diese Sicherheit gebracht, es ist irgendwie alles nicht so wild, es geht jetzt nicht die Welt unter, wenn das jetzt nicht passt. Das war schon sehr gut.

[Lotta (en/they)] (9:26 min) Gerade was diesen Druck angeht, kommt das auch von anderen? Redet ihr mit anderen durchaus darüber? Ich weiß nicht, wissen Freundinnen von euch, dass du, Franca, asexuell bist und du, Thomas, eben nicht? Geht ihr mit dem Thema offen um? Redet ihr da mit anderen darüber? Spielt das überhaupt eine Rolle?

[Thomas (er/ihn)] (9:43 min) Also auf meiner Seite nicht. Ich glaube, da ist bei Franca dann deutlich mehr.

[Franca (sie/ihr)] (9:51 min) Ja, ich glaube, bei mir wissen es schon einige Leute, aber ich glaube auch nicht, dass die Leute das wissen, weil es mir so wichtig ist, dass sie das über die Beziehung wissen, sondern dass sie es halt über mich wissen, einfach weil es halt zu meiner Identität gehört. Aber ich glaube, wir hatten beide jetzt nicht das Bedürfnis, vor irgendwelchen anderen Menschen das zu kommunizieren, einfach um zu zeigen, wir fühlen in der und der Hinsicht vielleicht nicht…

[Thomas (er/ihn)] (10:10 min) Es ist halt auch die Frage, was wir davon hätten, was die anderen davon hätten.

[Lotta (en/they)] (10:14 min) Es ist ja auch eine sehr persönliche Sache, die auch nicht die anderen etwas angeht, die man natürlich den anderen erzählen kann, aber auch nicht unbedingt muss. Also ich glaube, andere Paare gehen ja auch nicht zu anderen, und sagen so, hey, wir führen eine heteroromantische, heterosexuelle Beziehung und wollen dir das gerne mitteilen.

[Thomas (er/ihn)] (10:32 min) Oder wir machen das und das und machen das und das nicht und so.

[Franca (sie/ihr)] (10:35 min) Ja, das sind meist die Details, die man dann nicht erwähnt.

[Lotta (en/they)] (10:38 min) Aber spürt ihr schon diesen Erwartungsdruck vielleicht von der Gesellschaft oder von Freund*innen. Also wenn sich andere irgendwie über das Thema austauschen im Freund*innenkreis. Oder ja, dass man einfach diese Norm hat in der Gesellschaft. Also ich meine, Heterosexualität ist ja irgendwie die Norm der Gesellschaft. Oder wenn schon nicht Heterosexualität, dann zumindest Allosexualität.

[Thomas (er/ihn)] (11:00 min) Ja, ich denke mir, also, in meinem Freundeskreis reden wir eigentlich nie über sowas. Beziehungsweise in allen meinen Freundeskreisen. In der Uni nicht, in meiner Band nicht. Auch bei den Schafkopfern spielt das eigentlich nie wirklich eine Rolle irgendwie. Also da ist es einfacher nicht drüber zu reden irgendwie.

[Franca (sie/ihr)] (11:16 min) Ja, ich weiß nicht. Vielleicht, wenn du jetzt Erwartungsdruck meinst, höchstens so ein bisschen Andeutungen von Eltern oder so.

[Lotta (en/they)] (11:23 min) Ja.

[Thomas (er/ihn)] (11:23 min) Ja, ja. Das ist dann z.B., da heißt es, wenn ich jetzt die Franca nicht gewinnen lasse beim Spiel, dann wird das heute ‘ne langweilige Nacht. 

[Lotta (en/they)] (11:31 min) Okay…

[Franca (sie/ihr)] (11:32 min) Wenn man dann sowas sagt oder so, ja.

[Lotta (en/they)] (11:34 min) Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Ich weiß nur, dass mir damals solche Kommentare in meiner Familie total unangenehm waren immer, weil sie halt überhaupt nicht der Realität entsprochen haben. Und bei mir ist das ja so, ich weiß nicht warum, aber es stört mich irgendwie total, wenn die anderen Leute so Assumptions über mich machen und was ich so nachts treibe, außer schlafen. Ich liege manchmal wach im Bett, ich wünschte, ich könnte schlafen, aber sonst passiert da nichts bei mir. Und deswegen, ja, mich hat das immer gestört, solche Kommentare von der Familie. Wie geht ihr damit um? Wissen eure Eltern das, ich nehm mal an eben nicht, oder?

[Franca (sie/ihr)] (12:09 min) Eigentlich weiß meine Mama das schon. Sie weiß, dass ich asexuell bin, aber sie weiß, glaub ich, wenig über unsere Beziehung und was das jetzt konkret bedeutet, weil ich jetzt auch nicht das Bedürfnis hatte, ihr Details zu erzählen. Ich glaube, diese Kommentare sind von ihr auch jetzt, also, ich weiß nicht… Es stört mich nicht, weil ich glaube, dass sie da jetzt auch nicht so Erwartungen macht und uns da irgendwie unter Druck setzen möchte, sondern weil es in der Situation halt auch sehr lustig gemeint ist.

[Thomas (er/ihn)] (12:33 min) Ich glaube, es ist halt einfach lustig gemeint, ja.

[Franca (sie/ihr)] (12:35 min) Genau, ja. 

[Lotta (en/they)] (12:35 min) Okay, ja. 

[Franca (sie/ihr)] (12:36 min) Also, was mich tatsächlich gestört hat, das war zum Zeitpunkt, wo sie das noch nicht wusste, wo sie so ständig dieses Gefühl hatte, ich als Mutter muss jetzt zu meiner Tochter gehen und muss ihr irgendwie erzählen, dass sie doch bitte aufpassen sollte.

[Lotta (en/they)] (12:46 min) Ja.

[Franca (sie/ihr)] (12:46 min) Stichwort “hm, und willst du nicht mal zum Frauenarzt oder brauchst du nicht…”, also solche Sachen.

[Thomas (er/ihn)] (12:51 min) Das war ja vor meiner Zeit.

[Franca (sie/ihr)] (12:52 min) Ja, das war vor deiner Zeit in der Tat. Nee, da hat sie jetzt zum Glück aufgehört damit, weil ich das dann auch irgendwann erzählt habe. Ja, ja. Aber ansonsten… Ja, aber der Punkt ist, wir werden halt einfach als Allo-Pärchen gelesen von allen Menschen, die das nicht wissen. Und das ist natürlich dann einfach, weil dann keine… Ja, keine Wahrnehmung von, dass da irgendwas anders ist, gestellt wird. Dadurch, dass es ja gesellschaftlich auch irgendwie nicht so ein Thema ist, redet man dann halt einfach nicht darüber. 

[Lotta (en/they)] (13:17 min) Ja, genau. Also ich meine, generell ist ja Sex in der Öffentlichkeit sowieso ein Tabu. Und ja, wenn man jetzt beispielsweise Händchen haltend durch die Gegend läuft, dann wird man, denke ich, einfach als heterosexuelles Pärchen gelesen. Und ich weiß nicht, ihr macht da wahrscheinlich auch keine Diskriminierungserfahrung dann, weil es eben so aussieht, als würdet ihr der Norm entsprechen, nehme ich mal an.

[Franca (sie/ihr)] (13:38 min) Nicht wirklich, nee. Also wie gesagt, das Einzige ist, dass man halt vielleicht irgendwann an den Punkt kommt oder ich an den Punkt komme, wo ich merke, es stört mich, dass Leute Sachen denken, die vielleicht nicht so sind. Aber das ist halt wirklich weniger auf uns als Pärchen bezogen und auf das, was wir machen, weil ich mir da auch so denke, das geht halt niemanden an, sondern mehr auf mich, dass Leute mich als heterosexuell lesen, weil ich mit dir zusammen bin. Und dass mich das halt teilweise schon stört. Also gerade bei Leuten, die ich sehr gut kenne, bei Leuten, die ich nicht kenne…

[Thomas (er/ihn)] (14:03 min) Ja. Da gab’s mal die Sache mit den Profilbildern, dass wir längere Zeit ein Profilbild hatten, wo wir eben beide drauf waren.

[Franca (sie/ihr)] (14:09 min) Ja.

[Thomas (er/ihn)] (14:10 min) Genau, ich denke aus dem Grund haben wir das dann auch wieder, beziehungsweise ich wollte es eh ändern und du – am gleichen Tag – hast dann auch das vorgeschlagen. 

[Franca (sie/ihr)] (14:15 min) Das war ganz spannend.

[Thomas (er/ihn)] (14:16 min) Genau, bei dir war es halt auch der Grund.

[Franca (sie/ihr)] (14:17 min) Ja, absolut. Wir fanden es irgendwie beide cool, so ein Profilbild zu haben, wo wir beide drauf waren. Aber es war auch irgendwie ein cooles Bild, fand ich. Dann war irgendwie so ein bisschen so dieses, so implizit haben wir das dann immer weiter gemacht und irgendwann haben wir dann beide gemerkt, irgendwie mögen wir das nicht so ganz.

[Thomas (er/ihn)] (14:31 min) Ja, ich glaube am selben Tag haben wir das sogar. Weil ich halt irgendwie von meiner Band wieder ein cooles Foto hatte, was ich dann nehmen wollte, wo halt dann nur ich drauf war.

[Franca (sie/ihr)] (14:39 min) Ja, und ich wollte mal jemand anderes drauf haben, glaub ich.

[Lotta (en/they)] (14:41 min) Ja, das ist ja auch schön, wenn man mit dem Thema dann so entkrampft umgehen kann und nicht irgendwie denkt, das muss jetzt so sein, weil wir zusammen sind, müssen wir zusammen auf diesen Fotos sein und wenn wir nicht mehr zusammen auf dem Profilbild sind, dann ist das schon fast wie Schluss machen.

[Franca (sie/ihr)] (14:55 min) Oh ja, ja.

[Lotta (en/they)] (14:55 min) Also die Geschichten kenne ich nämlich auch, diese Dramen.

[Franca (sie/ihr)] (14:58 min) Absolut, ja. Ich glaube, da sind wir immer ganz offen und sagen sowas dann einfach und dann ist da auch sehr viel Verständnis.

[Lotta (en/they)] (15:04 min) Ja, das ist schön. Ja genau, Franka, du hast ja gerade eben auch gesagt, dass es dich stört, wenn andere Leute dich beispielsweise dann als heterosexuell lesen, wenn ihr zusammen durch die Gegend lauft, beispielsweise Händchen haltend, weil dann wirst du natürlich aufgrund der Norm als heterosexuell auch gelesen. Da hätte ich jetzt eine Frage an dich, Thomas, der genau umgekehrte Fall. Wie ist es dann für dich, dass Franka dich nicht sexuell attraktiv begehrt oder dich nicht sexuell attraktiv findet und wenn du das Gefühl hast, andere Menschen könnten das wissen, also wenn du jetzt quasi dann auch als vielleicht asexuell sogar gelesen wirst oder in dem Sinne da einfach klar ist, okay, deine Freundin begehrt dich sexuell nicht und andere kriegen das mit. Wie ist das für dich persönlich und in Bezug auf andere Menschen?

[Thomas (er/ihn)] (15:51 min) Ich denke, die anderen Menschen kriegen ja dann schon auch mit, dass wir uns auf andere Weise dann auch irgendwie mögen und uns zueinander hingezogen fühlen. Und ich denke, das reicht mir dann auf jeden Fall schon auch eigentlich, wenn die Leute sozusagen wissen, dass es trotzdem sehr gut funktioniert bei uns.

[Franca (sie/ihr)] (16:06 min) Und ich glaube, der Punkt ist einfach, sie kriegen es halt meistens auch einfach nicht mit. Also weil halt gerade diese sexuelle Anziehung was ist, was man in der Öffentlichkeit nicht so zeigt. Ich glaube, was anderes wäre es vielleicht, wenn man das halt wirklich die ganze Zeit mitbekommen würde oder so. Aber ich glaube, so kann man diesen eventuell unangenehmen Punkt ganz gut [ignorieren].

[Lotta (en/they)] (16:24 min) Ja. Aber gehen wir mal genau in diesen unangenehmen Punkt vielleicht rein, falls ihr natürlich darauf antworten möchtet. So back to the closet. Wie ist denn das für euch so im Privaten? Wie geht ihr damit um, dass ihr so ein unterschiedliches Begehren empfindet, unterschiedliche Anziehung? Ich denke, da gibt es ja vielleicht auch Spannungen oder auch mal Momente, in denen das vielleicht nicht so schön ist.

[Thomas (er/ihn)] (16:49 min) Ich denke, das war am Anfang schon auch ein größerer Punkt, wo ich denke, Franca dann auch ein bisschen Bedenken hatte teilweise, dass es dann auf lange Sicht vielleicht nicht so gut gehen könnte. Aber irgendwie haben wir uns da echt ganz gut auch zueinander hin entwickelt, was das angeht, denke ich. Ich meine, für mich ist es okay, das zu wissen, auf jeden Fall. Klar, es wäre natürlich in manchen Situationen schöner, wenn das anders wäre, aber ich habe deswegen nie irgendwas infrage gestellt.

[Lotta (en/they)] (17:17 min) Ja.

[Franca (sie/ihr)] (17:18 min) Ja, absolut. Ich glaube, die Tatsache, dass ich am Anfang auch mehr Bedenken hatte, lag auch einfach daran, dass ich halt davor eine Beziehung geführt habe, wo das viel, viel mehr ein Thema war und wo ich viel, viel mehr das Gefühl hatte, dass es halt deswegen irgendwann wahrscheinlich zu Ende gehen wird. Es war dann nicht der Grund, aber ich glaube, hätten wir uns öfter gesehen, auch wirklich vor Ort gesehen, wäre es halt wahrscheinlich deswegen, hätte es nicht funktioniert. Und ich glaube, mit diesem Hintergrund, den du ja so nicht hattest, so diese Verlusterfahrung, diese Angst vor Verlust, sage ich mal. Dadurch war es halt für mich am Anfang schon irgendwie schwierig, weil ich halt nicht wusste, wie kriegen wir das hin. Und du hast mir immer gesagt, das fand ich sehr schön, du hast von Anfang an irgendwie so richtig an uns geglaubt und so gezeigt, dass es irgendwie funktioniert und du warst bereit, dich darauf einzulassen. Aber um ehrlich zu sein, ich glaube, ich habe es dir am Anfang halt einfach nicht abgenommen, weil ich halt am Anfang nicht wusste, ob du da weißt, worauf du dich einlässt.

[Thomas (er/ihn)] (18:09 min) Ja, ja, klar. Das habe ich auch nicht immer gewusst.

[Franca (sie/ihr)] (18:11 min) Nee, das wusste ich ja auch. Das war ja auch effektiv ein Punkt. Wie gesagt, ich fand es toll, dass du das geglaubt hast, aber ich konnte mich am Anfang nicht wirklich selber davon überzeugen, ja gut, das klappt auf jeden Fall. Und es hat einfach Zeit gebraucht.

[Thomas (er/ihn)] (18:24 min) Ja, die Zeit hat das Ganze mit sich gebracht.

[Franca (sie/ihr)] (18:26 min) Genau, und viele positive Erfahrungen auf jeden Fall. Und viele Situationen, die vielleicht auch mal nicht so schön waren, wo wir dann aber trotzdem irgendwie geschafft haben, darüber zu reden und zu sehen, dass es funktioniert. Ja, ich glaube deshalb gehen wir inzwischen echt ziemlich entspannt mit diesen Unterschieden um und für mich ist es halt wirklich so, dass es eine Sache, die unterschiedlich ist, es gibt andere Sachen, die auch unterschiedlich sind, die auch nicht immer passen und solange man irgendwie halbwegs darüber reden kann und weiß, was man aneinander hat und dass das sehr gut ist und sehr gut funktioniert, dann ist das doch sehr gut so.

[Lotta (en/they)] (18:58 min) Ja, also für mich ist ja beispielsweise auch so, dass es ja nur… Ace sein ist ja beispielsweise auch nur ein Punkt unter vielen vielleicht in der Beziehung. Aber das hat eben für manche Menschen einen ganz anderen Stellenwert, würde ich jetzt mal behaupten. Und deswegen könnte ich mir da schon vorstellen, dass es eben in vielleicht einigen Allo-Ace-Beziehungen da zu Spannungen kommt. Ich meine, das war ja auch der Grund, wie gesagt, in meiner Beziehung denke ich, der Hauptgrund, warum die nicht so gut lief. 

[Franca (sie/ihr)] (19:23 min) Ja.

[Lotta (en/they)] (19:24 min) Ja, aber bei euch scheint das ja alles gut zu laufen und voll schön zu sehen, dass ihr da so viele Möglichkeiten gefunden habt und auch durch die Zeit so zusammengewachsen seid. Voll schön.

[Franca (sie/ihr)] (19:33 min) Wobei man, glaube ich, auch sagen muss, wir lernen immer noch Sachen dazu.

[Lotta (en/they)] (19:37 min) Ja, ich glaube auch.

[Franca (sie/ihr)] (19:38 min) Die Sache mit den Haaren, das hatte ich der Lotta ja schon mal irgendwann erzählt, dass ich einfach eine Weile nicht verstanden habe, dass du zum Beispiel meine Haare einfach sehr anziehend findest und vielleicht auch eine Art Anziehung…

[Lotta (en/they)] (19:47 min) Das ist mir bis heute ein Rätsel.

[Thomas (er/ihn)] (19:50 min) Und dann hast du sie aus Protest mal kürzer geschnitten.

[Franca (sie/ihr)] (19:54 min) Ja, irgendwie schon. Nein, ich glaube, da hatte, ich weiß nicht, wer das jetzt letztens gesagt hatte, aber so, das ist dann, Loreen hatte das, glaube ich, gesagt, dass es vielleicht im Kopf auch so ein bisschen darum ging, ich habe gemerkt, irgendwie magst du meine Haare total gern, aber ich hatte so dieses Gefühl, ich möchte nicht, dass du meine Haare magst, ich möchte, dass du mich magst. Und das habe ich ja nicht verstanden, welche Art von Anziehung das gegenüber den Haaren war. Und dann war natürlich die Reaktion, schneide ich mal die Haare ab, weil dann musst du dich ja mehr auf mich konzentrieren, nicht mehr auf meine Haare.

[Lotta (en/they)] (20:20 min) Ist es auch so, dass du dich dann vielleicht so ein bisschen objektiviert fühlst? Also wenn du körperlich begehrt wirst, dass du das Gefühl hast, jetzt wirst du eher als dein Körper wahrgenommen und nicht als komplette Person, also vielleicht eher nur so mehr als Objekt ohne den Charakter. Ist das bei dir so? Spielt das eine Rolle?

[Franca (sie/ihr)] (20:38 min) Also es hat halt einfach echt lange gedauert, bis ich das erst mal verstanden habe und bis ich halt wirklich… Und ich muss sagen, ich bin auch glaube ich immer noch nicht ganz darüber hinweg, weil es sich immer noch teilweise für mich einfach, ja, wie du schon… Objektivieren klingt immer so hart, aber es ist halt so schwierig etwas positiv zu finden, was ich selber nicht empfinde, was ich einfach nicht kenne, was ich nicht verstehe und gleichzeitig weiß ich halt, dass es in vielen gesellschaftlichen Kontexten eben wirklich auch Objektivierung dann ist, dass halt Menschen andere auf ihr Aussehen reduzieren und einfach nicht so als Person wahrnehmen und ich fand es immer so mega seltsam, diese Vorstellung das selber zu erleben, weil ich mir das nicht vorstellen konnte, weil ich ja wusste, dass du mich so magst und deshalb war das immer so seltsam. So einerseits hat es sich so angefühlt, aber ich wusste irgendwie, das ist es ja wohl nicht. Und es hat glaube ich einfach echt sehr lange gedauert, für mich so eine Art zu finden, damit umzugehen und das irgendwie okay zu finden und einfach zu wissen, das ist was, was ich vielleicht nicht so verstehe, aber das ist an sich was voll Positives. Und das ist irgendwie nicht objektivierend oder reduzierend gemeint, sondern das Gegenteil, es ist mega wertschätzend. Das ist eigentlich das, also es ist einfach eine Form von Anziehung, die ich halt nicht so kenne. Aber ja, das ist nicht einfach.

[Lotta (en/they)] (21:45 min) Das klingt nach ‘ner guten Wandlung, aber wie bist du denn zu diesem Punkt gekommen? Also einfach durch die Zeit oder wie hast du das verstanden? Weil ich meine, das eine ist ja das rationale Verstehen, das Wissen, okay, es ist vielleicht so und so. Aber dass man das dann auch so selbst fühlt oder auch okay findet und vielleicht nicht mehr so diese Abneigung dagegen hat, sich das nächste Mal vielleicht nicht aus Protest die Haare abschneidet oder so.

[Franca (sie/ihr)] (22:11 min) Ja. Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht, ich glaube, es ist viel Gewohnheitssache einfach. Also, ich mein, die Art, wie man sich begehrt oder so, das ist ja auch was, was man kennenlernt mit der Zeit. Wo man einfach mit der Zeit weiß, ok, jetzt passiert nichts Schlimmes, das ist einfach…, kenn ich halt so. Das war ein wichtiger Punkt, dieses Gewöhnen an Berührung und wie man sich attraktiv findet. Ansonsten, ich versuche es mir immer, irgendwie so ein bisschen analog vorzustellen. Das ist jetzt eh wieder rational, aber so dieses… Ich versuche halt, diese Anziehung, die ich entgegengebracht bekomme, einfach gleichzusetzen mit einer anderen Art von Anziehung, die ich vielleicht dir gegenüber empfinde und mir einfach vorzustellen, dass das vielleicht… Zum Beispiel, [ich] weiß nich, das ist eine Sache, die mir zum Beispiel persönlich total viel gibt, ist irgendwie so kleine Geschenke oder kleine Gesten, Wertschätzung irgendwie auf diese Weise anderen Menschen Wertschätzung zu empfinden. Und wir haben da auch mal drüber geredet und auch festgestellt, dass es jetzt nichts ist, was dir so krass wichtig ist oder was dir unbedingt so viel bedeutet, dass ich dir irgendwie ständig Postkarten schreibe. Und ich versuche das manchmal so ein bisschen so zu denken, dass es von mir aus fühlt es sich mega gut an, irgendwie mal, wenn ich eine Postkarte sehe oder wenn ich was Kleines habe, was ich dir gerne mitbringe, fühlt es sich für mich gut an, dir diese Wertschätzung entgegenzubringen. Gleichzeitig ist es für dich so ein bisschen, das ist jetzt vielleicht nicht objektivierend, aber so ein bisschen neutral. Und dann versuche ich es halt auch so ein bisschen so zu sehen. Die Anziehung, die du mir entgegenbringst, ist für mich halt so, hm, keine Ahnung, neutral bis vielleicht sogar nicht so gut. Und für dich ist es halt mega positiv.

[Lotta (en/they)] (23:35 min) Das ist ein total gutes Beispiel, also eine total gute Übersetzung und irgendwie eine Situation, die ich auch verstehen kann, denke ich gerade. 

[Franca (sie/ihr)] (23:43 min) Ja.

[Lotta (en/they)] (23:44 min) Aber das vielleicht ein einfach, sexuelles Begehren ist dann vielleicht auch einfach eine andere Art der Ausdrucksweise von Liebe, auch von der Anziehung, die man spürt, halt auf eine andere Art. Ich meine, das kann mir vielleicht dann Thomas besser erklären, wie das ist, dass du Franca beispielsweise attraktiv findest, dieses sexuelle Begehren.

[Thomas (er/ihn)] (24:05 min) Das ist durchaus eine der Komponenten, ja. Ich bin ja auch eine Fernbeziehung und sehen uns ungefähr alle drei Wochen mal für fünf Tage oder so, was ich aber jetzt keineswegs schlecht finde oder zu kurz finde oder so, weil ich denke, wir schaffen es halt so ganz gut noch unser Leben selbst auf die Reihe zu kriegen und auch eigenen Hobbys noch nachzugehen. Aber wenn wir uns dann halt wieder sehen, dann ist das halt irgendwie voll anziehend alles. Genau, und ich kuschle dann total gern mit Franca und so und freue mich da immer voll drüber. Also das ist denk ich mal, da kommt es dann am stärksten zum Ausdruck, diese Form der Anziehung dann auch, was durchaus schon eine wichtige Komponente für mich ist. Wenn auch nicht die einzige Komponente.

[Lotta (en/they)] (24:52 min) Ja, ja. Wie ist es denn für dich, Franca, in solchen Momenten, wenn man sich nach langer Zeit nicht gesehen hat? Falls du darauf antworten möchtest.

[Franca (sie/ihr)] (24:58 min) Es ist in letzter Zeit besser geworden, aber so, keine Ahnung, vor ein paar Monaten hab ich so das Gefühl gehabt, dass der erste Abend, wenn man sich dann wieder sieht, ist so der Abend, wo man am weitesten auseinander ist von den Bedürfnissen, die man vielleicht hat, weil es bei mir halt so nach drei Wochen erst mal wieder so gewöhnen an, wie ist das denn eigentlich, anziehend gefunden zu werden. Und für dich ist es halt das Gegenteil, wenn du dich halt so mega drauf freust und es so richtig schön ist und wir dann so ein bisschen da so stehen, ich so bin, ah, oh nein.

[Thomas (er/ihn)] (25:29 min) Für mich flaut es dann mit der Zeit fast irgendwie ab, während sich’s für dich mehr aufbaut vielleicht.

[Franca (sie/ihr)] (25:33 min) Genau, für mich baut es sich eher auf und ist dann bald auch wieder an dem Punkt, dass es sich normal und gut anfühlt, aber am Anfang halt so ein bisschen seltsam.

[Lotta (en/they)] (25:40 min) Das erinnert mich voll an Biologieunterricht in der Schule, an das Konzentrationsgefälle, wenn man da so, ich weiß nicht, so Experimente gemacht hat mit Membranen und so weiter und dann sich das so angleicht auf ein Niveau. So kann man’s vielleicht ganz gut…

[Franca (sie/ihr)] (25:54 min) Ja, passt ganz gut, denke ich, ja. Ja, also wir finden dann auf jeden Fall eigentlich relativ schnell auch wieder so zueinander zu dem Punkt, wo wir sonst auch immer sind. Aber gerade am Anfang trifft da sowas aufeinander.

[Thomas (er/ihn)] (26:05 min) Aber ich denke, das hat auch diesmal sehr gut funktioniert.

[Franca (sie/ihr)] (26:08 min) Ja, wie gesagt, es ist besser geworden, glaube ich, ja. Es hilft mir, glaube ich, auch, wenn wir uns treffen und jetzt nicht sofort so viel sexuelle Anziehung irgendwie rüberkommt, sondern wenn wir zum Beispiel erstmal den Tag spazieren oder, ich weiß nicht, erstmal andere Sachen machen, vielleicht noch nicht so. Dass man sich so bisschen erstmal…

[Thomas (er/ihn)] (26:26 min) Erstmal Händchen halten.

[Franca (sie/ihr)] (26:28 min) Genau, erstmal so die Sachen, die irgendwie nicht so krass sind und dann kann man sich so Stück für Stück dran gewöhnen und dann kann man sich auch irgendwie immer näher kommen und dann passt das auch.

[Lotta (en/they)] (26:37 min) Ja, aber das sexuelle spielt also offensichtlich auf jeden Fall natürlich trotzdem eine Rolle, ist ja klar. Habt ihr, weil ich das weiß, dass manche Allo-Ace-Beziehungen, die ich von anderen Leuten kenne, durchaus so machen, habt ihr jemals darüber nachgedacht, da vielleicht eine offene Beziehung auch zu führen? Käme das für euch in Frage? Ich meine, das ist ja auch was, was man in einer jetzt vielleicht heterosexuellen Beziehung, nicht für jeden was ist oder generell in egal welcher Beziehung, nicht jeder kann sich das vorstellen, aber wäre das was, wo ihr vielleicht sagen würdet, das könnte man ausprobieren, Beziehungen da zu öffnen, wenn man irgendwie das Gefühl hat, dass jetzt beispielsweise für dich, Thomas, diese sexuelle Komponente vielleicht noch stärker befriedigt werden muss, als Franca jetzt vielleicht bereit wäre, es zu tun.

[Thomas (er/ihn)] (27:26 min) Ich bin schon generell tatsächlich der Meinung, dass diese ganze Exklusivität dieser Bedürfnisbefriedigung jetzt eher schon ein gesellschaftliches Konstrukt ist generell. Dass man vielleicht um gewisse Bedürfnisse jetzt eben zu erfüllen, dass man da prinzipiell schon auch vielleicht sich die Möglichkeit schaffen kann, wenn es sich irgendwie gut anfühlt oder so für beide. Ich denke, wenn man darüber redet, dann… 

[Franca (sie/ihr)] (28:00 min) Absolut, ja.

[Thomas (er/ihn)] (28:01 min) Also ich denke, wir können da auch drüber reden, wenn sich jetzt irgendwie… Ja, wenn sich da jetzt irgendwie…

[Franca (sie/ihr)] (28:08 min) Wenn sich Sachen ergeben und wir… 

[Thomas (er/ihn)] (28:10 min) Ja, jetzt ergeben nicht unbedingt. Aber wenn man jetzt halt irgendwie auf die… Also wenn man jetzt irgendwie jemanden coolen findet oder so, oder trifft… 

[Franca (sie/ihr)] (28:16 min) Ja, also wenn sich Sachen ergeben.

[Thomas (er/ihn)] (28:18 min) Ja.

[Lotta (en/they)] (28:18 min) Ja, so wie ich das gerade jetzt auch bei euch beide so raushöre, ist das jetzt vielleicht nichts, was gerade so im Raum steht oder jetzt so akut ist, sag ich mal. Aber ihr schließt zumindest die Möglichkeit nicht aus oder sagt, ihr seid da… Schaut einfach mal, was die Zeit bringt vielleicht.

[Franca (sie/ihr)] (28:33 min) Ich glaube, ich fand es ganz spannend, weil das war, glaube ich, das, was du ganz am Anfang mal vorgeschlagen hattest, als wir uns auch noch gar nicht so kannten und so. Und ich dann zu dem Zeitpunkt noch mega überfordert war damit. Und ich glaube, du vielleicht auch noch nicht so… und wir kannten uns, wie gesagt, noch nicht so wirklich. 

[Lotta (en/they)] (28:45 min) Aber ihr wart schon in einer Beziehung zu dem Zeitpunkt? 

[Thomas (er/ihn)] (28:46 min) Ja, ich glaub schon.

[Franca (sie/ihr)] (28:47 min) Ich glaube, das war so ein paar Tage nachdem wir, oder relativ so direkt, als ich mich geoutet hatte, glaube ich, so in dem Zusammenhang. Und da fand ich es halt so ein bisschen, keine Ahnung, lass uns erst mal so probieren. Ansonsten, was mir, glaube ich, einfach wichtig ist, das sage ich dir ja auch immer wieder, ich finde es halt mega schön, wenn du auch diese sexuelle Anziehung von anderen Leuten, also dieses entgegengebracht bekommen, dass du das auch einfach mal erfahren kannst. Weil ich glaube, das kann ich halt in dem Sinne einfach nicht so leisten, weil ich es halt nicht so empfinde. Das finde ich halt schön im Sinne von man ist zusammen, man möchte auch, dass die andere Person wächst und auch ihre Erfahrungen macht und so weiter. Sowohl im akademischen Sinne als auch im persönlichen Sinne wünsche ich mir das halt einfach als Erfahrung für dich. Und ich glaube, am Ende muss man halt wirklich gucken, erstens natürlich, ob sich irgendwie Sachen ergeben und dann natürlich muss es für beide irgendwie okay sein. Und prinzipiell kann ich es mir, denke ich, auch vorstellen, aber es ist jetzt nichts worüber wir, was jetzt aktiv für uns in Frage kommt.

[Thomas (er/ihn)] (29:40 min) Es ist jetzt nicht nur so, dass ich diese offenen Beziehung dann nutze, beziehungsweise dass es nur mir dann zustünde, den Vorteil da zu nutzen. Es kann ja auch sein, dass du jetzt irgendwie dich in jemand anders noch verliebst oder so, dass es nicht exklusiv bleibt, was ja auch nicht verwerflich wäre auf jeden Fall.

[Franca (sie/ihr)] (29:59 min) Diese Exklusivität ist ja wirklich auch was, was nicht so…, was, wie du gesagt hast, was konstruiert ist, wo man sich jetzt nicht unbedingt dran festhalten muss.

[Thomas (er/ihn)] (30:05 min) Ja, genau. 

[Lotta (en/they)] (30:07 min) Ja, ja, total. Das sehe ich genauso. Das klingt bei euch ja wirklich nach einer sehr schönen Vertrauensbasis, die ihr da geschaffen habt. Also ich finde, das merkt man, merkt man total. Auch wenn man, das können natürlich unsere Hörer*innen jetzt nicht, aber auch wenn man euch so beide zusammen sieht, finde ich, irgendwie man merkt einfach, dass da auch eine starke Bindung zwischen euch ist, denke ich.

[Thomas (er/ihn) und Franca (sie/ihr)] (30:26 min) Ja.

[Lotta (en/they)] (30:27 min) Ich fand es auf jeden Fall mega interessant und mega schön, mit euch darüber zu reden und auch vielen Dank für eure Offenheit. Ich meine, das waren jetzt auch sehr persönliche Themen, die wir da besprochen haben. Für mich auch viel Neues, was ich erfahren habe. Ich denke, für unsere Hörer*innen auch. Aber deswegen, gerade deshalb fand ich es so schön, mit euch zu reden. Also ein großes Dankeschön an euch. Und wenn ihr noch irgendwas loswerden möchtet, Hörer*innen noch was mitgeben möchtet…

[Thomas (er/ihn)] (30:51 min) Das war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung jetzt auch mal hier in dem Rahmen hier drüber zu reden. Und ich denke, so ein Podcast macht das halt auch leicht, wenn man einfach nur zu dritt rumsitzt und das Ganze aufnimmt und jetzt nicht unbedingt mit der Außenwelt eine Rede hält oder so was in die Richtung. Ich denke, das ist halt schon ein sehr guter Rahmen, um sowas auch mal in einer vertrauensvollen Basis dann zu erörtern.

[Franca (sie/ihr)] (31:16 min) Ja, das auf jeden Fall. Ich glaube, was ich vielleicht noch den Hörer*innen mitgeben möchte, ist, dass ich, also ich glaube, ich habe einfach gemerkt im Laufe der Beziehung, es gibt so diese eine Vorstellung von Beziehung, die [die] Gesellschaft irgendwie hat. Da gehört dazu, zusammen zu wohnen, da gehört dazu, ein gemeinsames Konto zu haben, Sex miteinander zu haben, all diese Sachen, zu heiraten, Kinder zu kriegen und so. Das ist so diese, ja, dieses eine Modell, was irgendwie gelebt wird. Und sobald eine von diesen Komponenten in irgendeiner Weise nicht erfüllt ist, und bei uns ist es halt vielleicht, dass die sexuelle Anziehung nicht so exakt gleich ist, wie das vielleicht bei anderen Leuten so ist, fangen halt viele Leute an, an diesem Gesamtkonzept zu zweifeln und vor allem auch an dem zu zweifeln, was man halt sonst hat. Und ich glaube, dadurch, dass bei uns halt von Anfang an klar war, diese eine Sache, die halt für viele sehr wichtig ist, ist halt irgendwie unterschiedlich, ist halt vielleicht nicht ganz so krass kompatibel wie bei anderen. Aber wir haben ja trotzdem mega viele andere Sachen, die sehr gut passen. Und wir können halt auch Lösungen finden. Und das finde ich halt so wichtig, dass man sich nicht immer gleich irgendwie alles hinschmeißt und alles irgendwie in Frage stellt, nur weil halt eine Sache nicht erfüllt ist, die von allen anderen als mega wichtig gesehen wird, sondern dass man halt selber für sich feststellt, was ist denn eigentlich wichtig für uns, was ist so für uns der Grund, warum wir uns so sehr mögen, warum wir eigentlich zusammen sind, warum wir das so leben, wie wir das leben wollen. Und ja, wir können ja vielleicht mit den Sachen umgehen, die nicht hundertprozentig passen. Und nicht alles hinwerfen, nur weil eine Sache nicht passt.

[Lotta (en/they)] (32:33 min) Das ist ein richtig, richtig schönes Schlusswort. Ich hab fast Gänsehaut bekommen. Voll schön. Ja, ich hatte nämlich auch lange so dann nach meiner gescheiterten Beziehung die Meinung, Beziehungen zwischen Allo- und Ace-Menschen, das funktioniert nicht. Ja, ihr habt mich eines Besseren belehrt. [Musik] Ich danke euch auf jeden Fall noch mal für das spannende Gespräch und danke auch, dass ihr beide so offen wart und über eure Beziehung gesprochen habt. Und ich fand es auch richtig faszinierend, euch zuzuhören. Alan, was hast du denn aus dem Gespräch mitgenommen?

[Alan (er/ihn)] (33:06 min) Ich fand es vor allem wichtig zu hören, wie wichtig Kommunikation in Beziehungen ist, sowohl am Anfang, beziehungsweise vor der Beziehung, als auch immer während der Beziehung. Natürlich vor allem für Beziehungen zwischen Ace- und Allo-Menschen, aber auch in allen anderen Beziehungen eben nicht davon auszugehen, genau zu wissen, was der Partner, die Partnerin will, sondern wirklich darüber zu sprechen und auch offen zu sein. Lotta, was denkst du gerade?

[Lotta (en/they)] (33:34 min) Besonders mitgenommen habe ich, denke ich, dass es auch andere Möglichkeiten als nur sexuelle Intimität gibt, um Zuneigung und Liebe auszudrücken. Weil das ist ja genau eines dieser Vorurteile, mit denen man oft konfrontiert wird. Wenn du keine sexuelle Anziehung empfindest, dann liebst du deinen Partner, deine Partner*in nicht wirklich. Und ich finde es sehr schön, dass ihr auch hervorgehoben habt, dass das eben nur eine mögliche Art ist, die Liebe auszudrücken und es aber auch noch viele andere Möglichkeiten gibt, der anderen Person zu zeigen, wie gern man sie hat und dass diese Formen nicht weniger wert sind, nur weil sie anders sind und nicht dem entsprechen, was vielleicht die Gesellschaft unter Liebe versteht. Und jetzt, wo wir auch einige Wochen Abstand zwischen dem Interview hatten und der Aufnahme heute, nochmal die Frage an dich, Franca, wie war es denn jetzt, das nach so, ja doch schon recht langer Zeit, nochmal anzuhören? Wie geht es dir damit? Was hast du vielleicht nochmal Neues, naja, nicht mitgenommen, aber vielleicht, wozu hat es dich nochmal zum Nachdenken angeregt?

[Franca (sie/ihr)] (34:40 min) Ich glaube, ich habe, als wir uns das nochmal angehört haben, fast die ganze Zeit gegrinst, weil ich echt, ja, irgendwie sehr glücklich bin, dass wir das gemacht haben und es mir auch persönlich einfach viel gegeben hat, Dinge offen anzusprechen, die ich in meinem Kopf vielleicht schon irgendwie gedacht habe, aber manchmal ortet man ja seine Gedanken auch nochmal ganz anders, wenn man Dinge klar formuliert. Und es fühlt sich für mich auch irgendwie sehr, sehr schön an, diesen Gedanken zu haben, dass sich jetzt vielleicht irgendjemand das auch anhört und dann vielleicht auch irgendwo durch dieses positive Beispiel, das wir da ja geben konnten, auch irgendwie bestärkt ist in der Beziehung, die die Person führt. Aber was ich auch noch sagen möchte, für mich persönlich ist es schon auch einfach ein großer Wunsch, mich mit noch anderen Menschen zu vernetzen, die eben auch sich als a* identifizieren und irgendwelche Formen von Beziehungen führen und mich auch einfach noch mehr auszutauschen, welche Lösungen da vielleicht andere Menschen schon gefunden haben oder wie man mit bestimmten Dingen umgeht, weil ja, wie ich ja am Anfang schon gesagt habe, gibt es da einfach viel zu wenig Repräsentation in Medien generell.

[Lotta (en/they)] (35:41 min) Ja, auf jeden Fall.

[Franca (sie/ihr)] (35:42 min) Und ja, ich glaube, ein Gedanke, der mir noch kam, eben als ich das angehört habe, war auch einfach so dieses… Wir haben jetzt viel auch darüber gesprochen, warum die Beziehung, die Thomas und ich führen, für mich als asexuelle Person so gut funktioniert, weil wir eben viele Dinge langsam gemacht haben, weil wir viel kommunizieren und weil auch einfach andere Anziehungen da sind, die wichtig sind. Aber ich glaube, es ist auch wichtig zu sehen, dass es eben auch für Thomas sehr schön so ist, wie es ist und für ihn vielleicht auch Vorteile hat, eine Beziehung mit mir zu führen oder natürlich mit mir einerseits als Person, aber auch einfach allgemein mit einer Person, für die es halt selbstverständlich ist, von Anfang an über diese Themen zu sprechen. Weil ich glaube, dass unsere Gesellschaft sehr, sehr viele Erwartungen im Hinblick auf Sexualität hat, vor allem auch an männlich gelesene Personen, aber auch an weiblich gelesene Personen. Und dass es teilweise wirklich nicht leicht ist, diesen Erwartungen irgendwie zu entsprechen. Und ja, dass sich da viele Menschen sehr viele Gedanken darum machen, einfach nur weil bestimmte Dinge nicht kommuniziert werden. Und ich glaube, wie Alan eben gesagt hat, die Tatsache, dass wir von Anfang an alles ausgesprochen haben, hat es natürlich für mich leichter gemacht, aber auch für Thomas, weil er natürlich auch immer seine Bedürfnisse kommunizieren konnte und kann und wir das auch immer weiter tun und wir einfach sehr, sehr offen mit Dingen umgehen und Dinge beim Namen nennen. Das war für ihn auch, glaube ich, eine sehr positive Erfahrung. Und auch irgendwie schön, dass er in dieser Beziehung das so erleben kann.

[Lotta (en/they)] (37:13 min) Jetzt kommt ein kurzer Cut, aber wir haben natürlich unser Piece of Cake nicht vergessen.

[Franca (sie/ihr)] (37:19 min) Ja, genau. Und zwar ist das diesmal tatsächlich eine Einladung zum Kuchen mitessen. Also, ihr müsst wissen, wir haben hier vor uns schon Kanelbüller und Lebkuchen stehen. Und wir können das natürlich jetzt nicht durchs Mikro mit euch teilen, aber wir wollen euch trotzdem einladen. Und zwar würden wir uns freuen, wenn alle a* Menschen, die uns jetzt zuhören und ja, die vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich, sich einfach mal bei uns melden und vielleicht eine E-Mail schreiben an acearoundthecake@gmail.com. Ihr findet die Adresse auch in den Show Notes. Und ja, genau, wenn ihr gerne berichten möchtet, welche Erfahrungen ihr so gemacht habt, welchen Herausforderungen ihr vielleicht begegnet seid im Hinblick auf Beziehungen und wie ihr die gelöst habt, dann freuen wir uns natürlich gerne, wenn ihr uns mal eine persönliche Nachricht schreibt.

[Alan (er/ihn)] (38:02 min) Ja, das war’s für heute. Wir freuen uns, dass ihr dabei wart und bis bald!

11 – Sexuelle Anziehung ohne romantische Anziehung? Wie es ist, aromantisch und allosexuell zu sein

TW: In der ganzen Folge werden immer wieder amatonormative Vorstellungen sowie Diskriminierung von aroallo Personen besprochen. Falls eine Stelle fehlt, die wir hier auch angeben sollen, könnt ihr euch gerne bei uns melden, z. B. per Mail unter acearoundthecake@gmail.com.

08:45 – 09:06 min: Falsche Annahmen über Asexualität und Aromantik

13:20 – 13:39 min: Falsche Annahmen über Asexualität und Aromantik

17:56 – 18:12 min: Falsche Annahmen über Asexualität und Aromantik

21:08 – 22:26 min: Amatonormativität

23:47 – 25:15 min: Verallgemeinerung von aromantischen/alloromantischen Perspektiven

25:56 – 27:32 min: Marginalisierung von aroallo Personen

32:20 – 32:30 min: Erwähnung von (internalisierter) Queerfeindlichkeit

34:10 – 35:10 min: Marginalisierung von aro (insb. von aroallo) Personen

[Hacki (dey/ihr)] (0:00 min) Weil oft beides eben in einen Topf zusammengeworfen wird. 

[Tabea (sie/ihr)] (0:05 min) Die größte Herausforderung für mich ist eigentlich eher, diese Identität überhaupt anderen, meistens allo Menschen zu erklären.

[Hacki (dey/ihr)] (0:13 min) Da habe ich dann halt gelernt, dass beides nicht unbedingt deckungsgleich sein muss.

[Tabea (sie/ihr)] (0:20 min) Ich finde, das zeigt uns ja dann auch schon, dass wir viel, viel mehr über das Thema Aromantik sprechen müssen.

[Hacki (dey/ihr)] (0:26 min) Dabei ist es in echt nuancierter.

[Musik und Begrüßung in verschiedenen Sprachen]

[Lotta (en/they)] (0:36 min) Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von ACE AROund the Cake, dem Podcast von und für a* Menschen.

[Franca (sie/ihr)] (0:42 min) Ich bin Franka. Meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin asexuell und heteroromantisch.

[Alan (er/ihm)] (0:47 min) Ich bin Alan. Meine Pronomen sind er/ihm und ich bin aroace und queer.

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (1:02 min) Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von ACE AROund the Cake. Heute ist der 25. Oktober 2023 und wir freuen uns wieder mal, dass ihr alle dabei seid. Heute kümmere ich mich gemeinsam mit Alan um die Moderation. Also Alan, wie geht es dir heute?

[Alan (er/ihm)] (1:16 min) Ja, hallo, mir geht’s eigentlich ganz gut. Es regnet heute ein bisschen. Ich wurde beim Nachhauseweg von der Uni ein bisschen nass. Aber jetzt sitze ich hier schön im Warmen und Trockenen und freue mich darauf, mit euch heute diese Folge zu machen. Wie geht es dir denn so, Franca?

[Franca (sie/ihr)] (1:28 min) Ja, ich bin tatsächlich immer noch in Finnland. Also ich mache ja, wie ich in der letzten Folge erzählt hatte, gerade mein Auslandssemester hier. Ja, und hier ist es irgendwie ziemlich kalt und ziemlich dunkel. Also jetzt haben wir auch Zeitumstellung am Wochenende, das heißt, es wird dann mittags noch früher dunkel, als es jetzt sowieso schon ist. Und ja, es ist ganz witzig: Wir haben letztens herausgefunden, dass die Monate im Finnischen, also der Name der Monate, eine Bedeutung hat. Und der Oktober war der Matschmonat und der November wird jetzt der Todesmonat. Insofern ja, sind wir alle schon sehr gespannt, was kommt. Aber nein, mir gefällt’s sehr, sehr gut. Ich bin hier sehr glücklich und ich habe auch entschieden, mein Auslandssemester hier noch zu verlängern um ein halbes Jahr. Insofern werde ich jetzt bis Mai hier in Finnland noch bleiben. Ja, Alan, was haben wir denn heute eigentlich alles vor? Was steht denn auf dem Plan?

[Alan (er/ihm)] (2:14 min) Genau. Zuallererst wollen wir euch über zwei Events aus der Ace Week erzählen, bei denen wir mitgemacht haben. Das erste war das Forum Aktivismus und eine Podiumsdiskussion, die wir moderiert haben. Und dann gehen wir auch schon zum heutigen Thema über, nämlich: Wie ist es, aromantisch und allosexuell zu sein? Dafür haben wir auch zwei Gäst*innen eingeladen, zu denen ihr gleich noch was hört und dann am Ende wie immer unser Piece of Cake.

[Franca (sie/ihr)] (2:37 min) Vielen Dank, Alan. Dann würde ich sagen, wir starten mal in die aktuelle Folge.

[Musik]

[Alan (er/ihm)] (2:50 min) Ja, diese Woche findet die Ace Week statt und Franka und ich waren auch schon auf einigen Veranstaltungen dabei. Was ist denn eigentlich die Ace Week, Franca, und was hat ACE AROund the Cake in diesem Rahmen gemacht?

[Franca (sie/ihr)] (3:00 min) Ja richtig, wir sind tatsächlich immer noch mitten in der Ace Week. Die sogenannte Asexual Awareness Week findet nämlich vom 22. Oktober bis zum 28. Oktober 2023 statt. Also wir nehmen tatsächlich mittendrin auf. Ja, und in der Ace Week gibt es auf der ganzen Welt Veranstaltungen rund um das Thema Asexualität. Und im deutschsprachigen Raum gibt es vor allem Veranstaltungen auf dem Discordserver aspec* German, auf dem wir ja inzwischen seit der AktivistA-Konferenz auch als Podcast vertreten sind. Das heißt, wenn ihr jetzt Lust habt, in Zukunft auch bei Veranstaltungen, wie zum Beispiel der Ace Week oder der Aro Week mitzumachen, dann lohnt es sich auf jeden Fall, mal Discord runter zu laden und diesem Server beizutreten. Wir werden da auch als Podcast in Zukunft mehr Hilfestellung anbieten. Ja genau, und diese Woche waren wir als Podcast auch dabei, wie Alan schon erzählt hat. Und zwar gab es da am Montag, also vor genau zwei Tagen, das sogenannte Forum Aktivismus. Das war eine Veranstaltung, bei der sich verschiedene Gruppen getroffen haben, verschiedene Organisationen, die in irgendeiner Form zu Asexualität Aktivismus machen. Ich glaube, es waren insgesamt circa zehn Gruppen. Das war wirklich ein sehr, sehr spannender Austausch. Wir haben gemeinsam darüber gesprochen, welche Aktivitäten wir machen, wie wir uns engagieren. Wir haben uns ausgetauscht, wir haben uns auch gegenseitig vernetzt. Wir haben aber auch darüber gesprochen, was es eigentlich bedeutet, Aktivismus zu machen und was wir jetzt brauchen als a* Community, um unseren Aktivismus fortzuführen. Ja, da haben wir uns dann auch als Podcast Team vorgestellt und ein bisschen Werbung gemacht. Ja, ich fand das sehr, sehr spannend. Ich glaube, es war eine sehr, sehr gute Möglichkeit zu sehen, wie vielseitig der Aktivismus in der a* Community ist. Auch wenn vieles natürlich online stattfindet, ist es schön, die Menschen auch mal mit Gesicht zu sehen. Ja, und genau am Dienstag, also gestern haben wir noch eine Podiumsdiskussion organisiert. Alan, kannst du davon noch kurz berichten?

[Alan (er/ihm)] (4:50 min) Das Thema der Podiumsdiskussion war “Ace in der Wissenschaft”, also auch das Thema, das wir schon in unserer Podcast Folge Nummer sieben behandelt haben. Und dazu hatten wir drei Gäst*innen eingeladen, nämlich Lotta aus unserem Podcast und dann noch Annika und Marc, die sich beide in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen schon mit dem Thema Asexualität und Aromantik beschäftigt haben. Und mit denen haben wir dann diskutiert und hatten einige Fragen vorbereitet, die unsere Gäst*innen dann beantwortet haben. Und zum Schluss kamen noch einige Fragen aus dem Publikum. Es waren insgesamt, glaube ich, etwa 30 oder teilweise sogar mehr Leute dabei. Also, es war ein sehr schönes Event und ich habe mich auch sehr gefreut, dass das alles so gut funktioniert hat. Genau. Und jetzt sind wir eigentlich immer noch, also zum Zeitpunkt der Aufnahme, mitten in der Ace Week. Also es kommen noch viele spannende Events auf uns zu. Genau. Aber jetzt erst mal zum Thema der heutigen Folge, Allosexualität und Aromantik. Franca, warum sprechen wir über dieses Thema?

[Franca (sie/ihr)] (5:39 min) Ja, tatsächlich liegt das unter anderem auch daran, weil wir in den letzten Monaten einiges an Kritik an unserem Podcast geerntet haben bzw. viele Hinweise, dass unser Podcast durchaus inklusiv für asexuelle Personen ist und auch für asexuelle Personen, die auch aromantisch sind. Aber dass die Perspektive von aromantischen Personen, die nicht asexuell sind, bisher noch nicht wirklich vertreten war. Tatsächlich war das so, dass wir weder in unserem Team eine Person hatten, die sich entsprechend identifiziert hat, noch haben wir in unseren Podcastfolgen bisher ausreichend diese Perspektive repräsentiert. Ja, und aus diesem Anlass dachten wir, dann nehmen wir uns einfach mal Zeit und machen eine spezifische Podcastfolge zu genau diesem Thema. Und ein weiterer Anlass war, dass wir jetzt seit einigen Wochen eine [neue] Person im Team haben, nämlich Tabea. Und Tabea identifiziert sich selbst als aromantisch und als allosexuell und hat selbst vorgeschlagen, für dieses Thema bei der Podcastfolge dabei zu sein und darüber zu sprechen. Insofern zwei Anlässe. Wir hoffen demnach, dass wir mit der Podcastfolge noch einen weiteren Beitrag zur Sichtbarmachung von Alloaros leisten können. Aber da Alan und ich, wie eben schon angedeutet, selber nicht alloaro sind, haben wir uns auch in dieser Folge zwei Gäst*innen eingeladen. Einfach weil wir glauben, dass wir diesem Thema auf diese Weise besser gerecht werden können. Und, um jetzt auch nicht zu viel Raum am Anfang mit Einleitung und Hausmitteilung einzunehmen, würde ich vorschlagen, wir springen einfach mal in das Interview.

[Musik]

[Alan (er/ihm)] (7:16 min) Ja, hallo, herzlich willkommen an unsere Gäst*innen. Hallo Tabea, hallo Hacki, schön, dass ihr heute da seid. Könnt ihr euch vielleicht kurz beide mal vorstellen? Tabea, willst du anfangen?

[Tabea (sie/ihr)] (7:26 min) Ja, gerne. Also, hi, ich bin Tabea. Ich bin gerade 19 Jahre alt und hier bei dem Podcast kümmere ich mich um die Trailer, die ihr auf Instagram und auf YouTube seht. Außerdem bin ich auch noch aromantisch aka aroflux und auch noch bisexuell.

[Hacki (dey/ihr)] (7:40 min) Hallo, ich bin Hacki. Meine Pronomen sind dey/ihr und ich bin 20 Jahre alt und ich identifiziere mich als nichtbinär und aroallo.

[Franca (sie/ihr)] (7:53 min) Ja, wir freuen uns sehr, dass ihr heute beide bei unserer Podcastfolge dabei seid. Das Thema der Folge ist ja Aromantik und Allosexualität. Deshalb würde ich jetzt gleich mal einsteigen und euch fragen: Was bedeutet es denn für euch, aromantisch und allosexuell zu sein? Wie fasst ihr das auf? Wie versteht ihr diese Identität? Was bedeutet das für euch?

[Hacki (dey/ihr)] (8:12 min) Also für mich bedeutet es, aroallo zu sein bzw. aromantisch, aber halt nicht asexuell zu sein eben, dass ich mich vor allem als aromantisch identifiziere. Ich weiß, dass ich mich nicht verliebe und keine Crushes habe. Und es ist mir auch sehr wichtig, diese Identität, weil sie sehr vieles in meinem Leben erklärt und warum ich in dem Bereich eben anders bin als andere Leute, also queere Leute als auch nicht queere Leute. Und mir ist es eben noch mal wichtig zu betonen, dass ich aroallo bin, weil oft beides eben in einen Topf zusammengeworfen wird und eben beides oft gleichgesetzt wird, was aber halt eigentlich nicht so ist. Und es ist halt wichtig zu erklären, dass es eben nicht, also dass es eben nicht immer deckungsgleich sein muss.

[Franca (sie/ihr)] (9:07 min) Danke Hacki. Was bedeutet es denn für dich, Tabea, aromantisch und allosexuell zu sein?

[Tabea (sie/ihr)] (9:12 min) Für mich bedeutet es ganz einfach keine bzw. eher in meinem Fall wenig, bis eine sehr, sehr schwache romantische Anziehungskraft zu empfinden. Aber wirklich viel Präsenz hat das Thema jetzt in meinem Leben eher nicht.

[Franca (sie/ihr)] (9:24 min) Hacki, ist das für dich ähnlich? Würdest du auch sagen, dass aromantisch allosexuell zu sein für dich eigentlich keine große Rolle spielt?

[Hacki (dey/ihr)] (9:31 min) Also bei mir ist es vor allem so, dass der sexuelle Teil eigentlich so ziemlich gar keine Rolle spielt. Und ich bin eigentlich auch noch Jungfrau und so, weil meistens, um, sage ich mal in sexuelle Kontakte zu kommen, muss das, also geschieht es meistens über den romantischen Weg und das ist bei mir ziemlich oft nicht möglich. Und eben weil ich gar keine romantische Anziehung verspüre bzw. teilweise mir nicht sicher bin. Aber ich glaube nicht, dass ich jemals romantische Anziehung verspürt habe. Ich habe Squishes, aber das geht halt eher so in die freundschaftliche Richtung. Also es ist halt etwas ganz anderes. Aber der auch Aromantik-Teil spielt ein bisschen mehr eine Rolle in meinem Leben, weil ich eigentlich schon mir wünsche, eine monogame Beziehung in irgendeiner Art aufzubauen. Und da ist es halt wichtig zu berücksichtigen, dass ich nicht genauso empfinde wie alloromantische Menschen.

[Alan (er/ihm)] (10:27 min) Ja, das kann ich gut verstehen. Wie seid ihr denn darauf gekommen, dass ihr allosexuell und aromantisch seid?

[Tabea (sie/ihr)] (10:32 min) Ich habe, vermutlich wie die meisten, zuerst von Asexualität gehört, bis ich dann später festgestellt habe, dass ich halt nur aromantisch bin. Das war bei mir damals dann so, mit circa 16 Jahren. Und als ich damals zuerst auf den Begriff aromantisch gestoßen bin durch wirklich sehr, sehr viel Internetrecherche, da habe ich mich erst nur zu einem gewissen Teil damit identifizieren können. Und als ich dann später erfahren habe, dass das Ganze eher ein Spektrum ist, dann hat es quasi bei mir Klick gemacht.

[Alan (er/ihm)] (11:08 min) Ja. Hacki, wie war das denn bei dir?

[Hacki (dey/ihr)] (11:10 min) Also bei mir ist es so, dass ich zuerst eigentlich gar nicht gewusst habe, dass ich allosexuell bin, weil das eben, wie gesagt vorhin: Die sexuelle Orientierung herauszufinden, geht meistens über den romantischen Weg, was aber bei mir eigentlich gar nicht geschieht. Und zuerst gemerkt, dass ich eben nicht genauso empfinde wie alloromantische Menschen, habe ich durch meine erste Beziehung, die war vor zwei Jahren. Das war so eine Fernbeziehung. Und da habe ich halt irgendwie gemerkt, ich mag die Person zwar, ich kommuniziere gerne mit der Person, ich mag die freundschaftlich, aber ich würde jetzt nicht 1000 mal irgendwie “Ich liebe dich” oder so schreiben bzw. für mich ist es halt irgendwie mega lost. Und da habe ich dann auch Schluss mit der Person gemacht, weil es vermutlich besser für beide Seiten ist und es die Person eben längerfristig nicht glücklich gemacht hätte. Und ungefähr ein Jahr später habe ich durch eine andere Freundin, die aromantisch war und ziemlich viel über ihre Aromantik geredet hat, habe ich dann auch erfahren, dass es auf mich zutraf. Und dann habe ich mich eben zuerst als aromantisch identifiziert. Und dass ich erst später herausgefunden habe, dass ich allosexuell war, war noch ein bisschen später. Also das war eigentlich erst in diesem Jahr so glaube ich, ganz kurz vor dem Pride Month. Und da habe ich dann halt gelernt, dass beides nicht unbedingt deckungsgleich sein muss. Und für mich ist es eben eine große Erlösung, sag ich mal irgendwie. Oder halt eine große Erleichterung, dass ich endlich meine Identität so ungefähr raus habe.

[Alan (er/ihm)] (12:58 min) Ist es überhaupt möglich herauszufinden, dass man aromantisch ist, ohne quasi den Weg über asexuell zu gehen, weil ja schon Asexualtiät doch irgendwie eher präsent oder eher bekannt ist? Ja, denkt ihr, es ist möglich, zuerst auf Aromantik zu stoßen, ohne diesen Weg über asexuell zu gehen?

[Tabea (sie/ihr)] (13:13 min) Also ich denke, dass man das schon herausfinden kann, ohne den Weg über Asexualität zu gehen. Aber ich glaube, dass es dann doch nicht so einfach sein wird, weil einfach Asexualität so viel bekannter ist als Aromantik. Und ja, das führt dann leider dazu, dass das dann viele aromantische Menschen dann erst denken, sie seien asexuell, obwohl das eigentlich gar nicht stimmt.

[Hacki (dey/ihr)] (13:39 min) Also bei mir war das so, dass es irgendwie so zur Hälfte über den Weg über Asexualität ging, weil ich dachte früher irgendwie, ich wäre eine Form von asexuell, weil eben ich nie romantische Erfahrungen gemacht habe und deswegen halt nicht wusste, ob ich überhaupt allosexuell oder asexuell war und so. Und bei mir ist es so, dass es zur Hälfte – dass ich herausgefunden habe, dass ich aromantisch bin – also, dass es teilweise auch ihren eigenen Weg hatte, weil meine erste Beziehung, die war ja eine Fernbeziehung und da konnte man nicht so viele sexuelle Kontakte haben. Und deswegen habe ich zuerst rausgefunden, dass irgendwie ich romantisch anders war als die meisten anderen Leute. Deswegen würde ich die Frage so mit einem Jein beantworten. Also es ist auf jeden Fall möglich, aber es ist bei jedem Menschen ziemlich individuell und auch die Geschichte, wie man halt zu der und der Identität gefunden hat, ist eine sehr individuelle Sache.

[Franca (sie/ihr)] (14:45 min) Ja, danke Hacki. Ich würde an der Stelle noch einmal über das Thema sprechen, was du ja davor schon angerissen hattest, und zwar die Frage nach der Möglichkeit, eine Beziehung zu führen. Könnt ihr euch das vorstellen? Ist das etwas, was ihr euch wünscht? Und wenn ja, wie könnte eine Form von Beziehung aussehen, die für euch passen würde? Und welchen Einfluss hat eure Identität als aromantisch allosexuelle Person darauf?

[Hacki (dey/ihr)] (15:13 min) Also für mich kann ich es auf jeden Fall vorstellen. Aber ganz wichtig für mich ist in dem Fall dann, dass man klar kommuniziert und dass halt die andere Beziehungsperson dann auch weiß, dass ich aromantisch bin und dass ich vielleicht anders empfinde als die anderen, weil meine vorherige Beziehungsperson, die wusste das nicht bzw. ich wusste das halt selbst nicht mal. Und aber wenn die Beziehungsperson das dann weiß, dann kann man darauf besser eingehen. Also nicht, dass irgendwas dann so falsch gedeutet wird wie irgendwie so: “Die Person mag mich nicht.” Weil das stimmt eigentlich gar nicht, weil ich mag die Person, aber eben nicht auf romantischer Ebene. Und ich finde, es ist auch wichtig zu betonen, dass nicht alle aromantischen Menschen automatisch nicht interessiert in so was wären.

[Tabea (sie/ihr)] (16:04 min) Also vorstellen kann ich mir so was auf jeden Fall. Wollen ist dann finde ich nochmal ein anderes Thema, weil das ja dann noch viel mit der anderen Seite auch zu tun hat. Und da möchte ich niemanden zu irgendwas zwingen, was er oder sie oder sonst was nicht will. Und aktuell bin ich eh total zufrieden mit meinem Leben und dementsprechend würde ich so was auch eigentlich nicht aktiv anstreben. Und nach der Beziehungsform, das ist sogar eine ziemlich gute Frage, weil ich es sogar selber nicht ganz genau weiß. Ich würde aber so ganz spontan mal sagen, dass ich im Prinzip dann erst mal alles auf mich zukommen lassen würde und dann einfach schauen. Aber ich weiß da sogar selber nicht, wie ich ganz darauf reagieren würde.

[Franca (sie/ihr)] (17:01 min) Hacki, du hattest ja gemeint, dass du dich jetzt auch erst dieses Jahr so richtig mit deiner Identität als aromantisch allosexuelle Person auseinandergesetzt hast und das erst dieses Jahr für dich rausbekommen hast. Wie war das denn dann für dich? Zu dem Zeitpunkt, wo du das herausgefunden hast? War es für dich einfach, eine Community zu finden? Konntest du Menschen finden, die mit dir über das Thema sprechen konnten? Konntest du dich austauschen?

[Hacki (dey/ihr)] (17:26 min) Also für mich war es auf jeden Fall positiv, weil erstens habe ich endlich ein Wort dafür, um das zu beschreiben, was ich immer gefühlt habe und zweitens finde ich es auch sehr erstaunlich, dass die ,wie heißt es, dass die a* Spektren, also das ace und das aro Spektrum so breit gefächert und so divers teilweise ist. Weil ich dachte, also davor habe ich auf jeden Fall schon mal von Asexualität gehört, von Aromantik eher weniger. Aber ich dachte halt, das wäre eben: Asexuelle wollen halt eben keinen Sex und Aromantiker*innen wollen halt keine Romantik und dabei ist es eigentlich gar nicht mal so. Also dabei ist es in echt nuancierter. Und das fand ich halt auch ziemlich interessant, weil man auch so lesen kann, was andere empfinden und dann liest man so was und dann denkt man teilweise: “Oh, da gibt es Leute, die ähnlich empfinden wie ich.” Und da gibt es also vor allem auch ein Punkt, dass Aromantik nicht automatisch bedeuten muss, keine Beziehungen zu haben. Das war für mich sehr erleichternd, weil ich, also weil ich dann halt quasi trotzdem noch Chance auf eine Beziehung oder eine queerplatonic relationship oder irgendwas habe. Auch obwohl ich halt aromantisch bin und obwohl ich eben nicht gleich empfinde wie alloromantische Menschen.

[Franca (sie/ihr)] (19:03 min) Dann vielleicht direkt da noch eine Frage: Du meintest, für dich war das eine eher positive schöne Erfahrung. Würdest du sagen, du fühlst dich allgemein in a* Spaces, also in der Community, in der a* Community, wohler als in allo Spaces?

[Hacki (dey/ihr)] (19:18 min) Also ich, to be honest, habe mir eigentlich nicht so viele Gedanken drum gemacht, weil bei mir ist es so, dass ich insgesamt in queeren Communities mich sehr wohlfühle, weil man endlich das Gefühl hat, dass man so akzeptiert wird, wie man eben ist und sich nicht unbedingt verstellen muss oder sich an die Heteronormativität in unserer Gesellschaft anpassen muss. Und deswegen finde ich, ist jeder queere Space eigentlich so ein Safe Space für mich. Und bei mir ist es so, dass ich sage mal, in jedem Safe Space gibt es sozusagen Arschlöcher oder einfach so Leute, die man eher nicht so mag. Und da würde ich es einfach dann so unabhängig von den Spaces sagen und nicht so auf einen Space zeigen und sagen ja, dieser Space ist nicht so gut und so. Und in meinem Privatleben ist es so, dass ich öfters mal zu den Treffen vom Diversity gehe und da gibt es auch so ein Treffen für Leute, die auf dem aromantischen und/oder asexuellen Spektrum sind. Und ich glaub, ich bin fast jedes Mal bis auf das eine Mal, wo ich leider nicht konnte, hingegangen und da habe ich mich auch ziemlich wohlgefühlt. Also das waren alles wirklich nette Menschen und ja.

[Alan (er/ihm)] (20:38 min) Ja, das freut mich auf jeden Fall. Tabea, wie fühlst du dich denn so der a* Community oder auch an der allo Community?

[Tabea (sie/ihr)] (20:43 min) Also ich persönlich fühle mich einfach in a* Spaces wohler, weil da ganz einfach viel mehr Leute sind, die viel mehr so ticken wie ich. Aber ich komme auch echt super in allo Spaces quasi klar und das ist auch gar kein Problem. Allerdings muss ich auch sagen, dass es in allo Spaces doch schon recht häufig um das Thema Liebe und Beziehung geht. Das ist nicht immer so klar. Das ist an sich auch nichts schlimmes, nur es ist dann nach ner Zeit fühlt man sich dann schon so ein bisschen mit seinem eigenen Kram dann ziemlich alleine oder halt dann auch ziemlich missverstanden. Und dann ist es dann auch dann noch mal ganz schön, wenn man dann nochmal so einen Space hat, wo dann noch viel mehr Leute sind, die halt mehr so drauf sind wie du selber, das ist dann ganz schön. Ja.

[Franca (sie/ihr)] (21:37 min) Das finde ich ganz spannend. An der Stelle möchte ich kurz eine Erfahrung von heute vom Mittagessen teilen. Ich habe mit einer Französin zu Mittag gegessen. Es war wirklich ein schönes Gespräch, aber irgendwie ich weiß auch nicht, es passiert immer mal wieder. Irgendwie kamen wir dann auf das Thema copain/copine, also Freund/Freundin zu sprechen und sie hatte halt gefragt: “Kannst du mir mal ein Bild von deinem Freund zeigen?” Und ich hätte mir am liebsten mit der Hand an den Kopf gegriffen und hätte gedacht: “Boah, muss das sein?” Und dann ging es die ganze Zeit nur darum: “Oh ja, und wie ist es für dich? Du bist jetzt im Auslandssemester und ihr seht euch nicht.” Und dann hat sie erzählt, wie unglaublich schwer es für sie gerade ist, weil sie ihren Freund jetzt so lange nicht sehen kann. Und ja, dieses Thema Beziehung, es kommt einfach echt richtig oft auf. Und wie oft saß ich schon am Tisch und wurde aufgefordert ein Bild von meinem Freund zu zeigen. Und das ist richtig schön in der Community. Ich habe noch nie eine Situation erlebt, in der eine a* Person gemeint hat: “Zeig mir doch mal ein Bild.”

[Tabea (sie/ihr)] (22:33 min) So was ähnliches kenne ich übrigens auch. Ich war auch immer die Person, die damals in der Schule immer anderen irgendwelche Beziehungsratschläge gegeben hat, die auch dann manchmal mehr und mal weniger hilfreich waren. Und dann musste ich mir immer dann meistens in den Pausen damals, dann immer dann diese ganz großen Beziehungsdramen in meinem Freundeskreis anhören und es hat sich immer viel mehr für mich so angefühlt, wie als würde ich einen Kinofilm schauen. Ich konnte da gar nicht mitfiebern und war da quasi gar nicht voll bei der Sache, sondern ich dachte mir mehr so was wie: “Ach schön, das ist ja eine interessante Geschichte”, aber ich hatte da nicht wirklich viel Empathie für. Aber damit meine ich nicht, dass das irgendwie jetzt unempathisch war von mir. Nein, sondern ich konnte mich einfach nicht mit diesen ganzen Liebesgeschichten oder Liebesdramen, damit konnte ich mich halt überhaupt nicht identifizieren und dadurch kam das dann, dass ich auch dann mit der Zeit auch einfach immer mehr damit begonnen habe, mich dann immer mehr selbst zu hinterfragen. Und das war dann auch dann noch so ein weiteres Zeichen dafür, dass ich auf dem aromantischen Spektrum bin.

[Hacki (dey/ihr)] (23:47 min) Wegen des Beziehungsratgebers, sage ich mal, glaube ich, dass… Also das war halt bei mir auch so, dass ich ziemlich viel Ahnung davon hatte, obwohl ich halt selbst noch nie in einer Beziehung war und selbst nicht mal romantische Anziehung verspürt habe. Und ich denke, das ist eben so, weil wir es eben, also aromantische Menschen, weil wir es eben nicht empfinden und weil wir eben dieses Verliebtsein, dieses Crush haben und so nicht empfinden. Dann können wir eben rationaler auf die Sache sehen und in so einer Situation dann sehen, was am sinnvollsten, was am rationalsten ist und was rational eben am meisten Sinn ergeben würde. Statt voll emotional mittendrin zu sein und irgendwas zu denken, was nicht so viel Sinn ergibt, weil die Gefühle komplett Achterbahn fahren. Und ich denke, in dem Bereich könnten wir vielleicht so ein bisschen ein bisschen besserer Beziehungsratgeber sein. Auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite hatten wir eben selbst noch nie wirklich so die Erfahrung. Also ich glaube, wenn man so emotional Support braucht, ist es sinnvoll, eine alloromantische Person aufzusuchen, während wenn man wirklich wissen will, was rational in dieser Situation am meisten Sinn ergeben würde, könnte auch eine aromantische Person helfen.

[Franca (sie/ihr)] (25:15 min) Das ist auf jeden Fall sehr spannend. Die aros als Beziehungsratgeber*innen. Aber es ist spannend, dass ihr diese Erfahrung gemacht habt, dass ihr beide in einer Situation wart, wo ihr praktisch um Rat gefragt wurdet oder auch euer Rat gehört wurde, obwohl ihr selber eigentlich mit dem Thema nicht direkt zu tun hattet. Finde ich super interessant als Beobachtung. Gibt es denn für euch Herausforderungen, die sich aus eurer Identität als allosexuelle aromantische Person ergeben? Vielleicht auch im Hinblick auf Beziehungen oder Menschen, die ihr kennenlernt, mit denen ihr euch vorstellen könntet, eine Beziehung einzugehen, oder auch gesellschaftliche Herausforderungen. Was fällt euch ein?

[Tabea (sie/ihr)] (25:56 min) Also die größte Herausforderung für mich ist eigentlich eher, diese Identität überhaupt anderen, meistens allo Menschen zu erklären, einfach weil es halt so eine relativ unbekannte Identität ist. Und ich finde, das zeigt uns ja dann auch schon, dass wir viel, viel mehr über das Thema Aromantik sprechen müssen.

[Hacki (dey/ihr)] (26:13 min) Also bei mir ist es so, dass die größte Herausforderung eigentlich immer noch die Gesellschaft ist. Also in der nicht queeren Community würde ich auf jeden Fall sagen die fehlende Aufklärung, aber auch in der queeren Community, dass viele, die sich eben nicht auf dem a* Spektrum befinden, eigentlich keine Ahnung haben, was das Split Attraction Modell ist. Und deswegen habe ich immer noch irgendwie so ein bisschen das Gefühl, dass ich mich generell noch ein bisschen unsafe fühle und oft eigentlich nur sage ich bin aromantisch, statt zu sagen ich bin aroallo. Weil sonst kommen so Leute und fragen: “Hä, was ist aroallo? Bedeutet es, dass du einfach nur Sex mit Leuten haben willst, aber nicht irgendwie dich zu einer romantischen Beziehung verpflichten willst?” Und da will ich mich halt davor schützen, wo ich dann einfach sage: “Ja, ich bin aromantisch und den Rest könnt ihr euch selbst irgendwie denken, ist mir eigentlich egal.” Wobei ich halt denke, also eigentlich finde ich es ganz okay, wenn ich einfach nur sage, ich bin aromantisch. Aber andererseits denke ich mir schon, dass es so eine Form des closeted sein, obwohl es nicht mal annähernd so schlimm ist wie in nicht queeren konservativen Spaces und so.

[Alan (er/ihm)] (27:32 min) Ja, vielleicht dazu noch, was habt ihr denn so für Ideen oder was denkt ihr, wie man auch a* Spaces für alloaros offener und angenehmer gestalten könnte, dass ihr euch da mehr willkommen fühlen würdet?

[Hacki (dey/ihr)] (27:43 min) Ja, also ich würde auf jeden Fall sagen, wenn man jetzt einen a* Space nimmt, wo Asexualität und Aromantik drin ist, wenn man einfach beide Identitäten als etwas Separates darstellt und nicht irgendwie, zum Beispiel wenn man irgendwie so ein Banner für einen neuen Club, für einen neuen a* Club oder so macht, dass man auf der einen Seite die asexuelle und auf die andere Seite die aromantische Flagge macht und nicht irgendwie so zusammen gemacht. Und dass man eventuell auch die einzelnen Flaggen für die, wie heißt es, Micro Labels verwendet, also für aroace, alloace und aroallo. Weil vor allem ich find die Flaggen halt auch mega schön eigentlich und viele werden dann erstmal verwirrt sein, weil sie die Flaggen nicht kennen und fragen: “Was sind das denn eigentlich für Flaggen?” Und dann kann man denen einfach so erklären: “Ja, das ist die Flagge für das und das und das ist die Flagge für das und das.” Und dann checken die Leute so ein bisschen, dass das nicht, also dass aro und ace nicht unbedingt ein und dasselbe sein muss, sondern es bei jedem ganz unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Und ja.

[Franca (sie/ihr)] (28:56 min) Ja, ich denke, jetzt sind wir auch schon relativ am Ende unserer Podcastfolge. Deshalb würde ich euch gerne noch fragen, was ihr denn anderen aromatisch allosexuellen Personen mit auf den Weg geben möchtet, die vielleicht gerade dabei sind, ihre Identität für sich zu entdecken oder womöglich auch diese Podcast-Folge hören und sich denken: “Interessant, man kann auch aroallo sein.” Habt ihr da irgendwelche Dinge, die ihr den Leuten mitteilen wollt?

[Tabea (sie/ihr)] (29:21 min) Was ich auf jeden Fall noch sagen kann, ist, dass es auch absolut immer sinnvoll ist, sich weiterhin über das Thema zu informieren. Das geht zum Beispiel über Discord. Da gibt es zum Beispiel den Server aspec* German. Dann kann man sich auch noch auf ganz, ganz vielen CSDs noch über das a* Spektrum informieren oder auch auf Stammtischen. Und dann natürlich noch die Ace und die Aro Week.

[Hacki (dey/ihr)] (29:50 min) Hallo Zuschauer, hallo Zuschauerin, eure Identität ist auf jeden Fall 100 % valid und es ist absolut okay, wie ihr euch fühlt, egal ob ihr euch als aroace fühlt oder als aroallo [oder als alloace]. Also weil das ist 100 % valid, weil das seid ihr und ihr seid halt 100 % valid und ich würde auf jeden Fall auf dem Weg geben, wenn jemand gerade zuschaut und dabei ist, seine oder ihre eigene Identität herauszufinden, dass ich euch auf jeden Fall sagen würde: Nehmt euch Zeit, stresst euch nicht und es ist okay, die Labels mehrmals zu ändern. Das macht das Label, was ihr jetzt habt, nicht weniger valid. Und es ist auch okay, wenn ihr euch in zehn Jahren nicht mehr so fühlt, wenn ihr in zehn Jahren doch euch so und so fühlt. Es kann ja auch sein. Also das ist nicht oft so, aber ich habe auch öfters meine Labels geändert und das ist ja auch ganz okay. Und das ist, ich sage mal, jeder geht in seinem oder ihren oder deren eigenes Tempo. Und es kann sein, dass einige Leute das ziemlich schnell herausfinden. Und bei anderen Leuten es gefühlt ein halbes Jahr dauert. Weil bei mir hat es ja auch so ein bisschen gedauert und das ist völlig okay. Was ich auch noch hinzufügen würde, das habe ich auf Instagram gesehen von einem Künstler, dey, glaube ich, auch auf dem aspec* ist und auch ziemlich viele Comics, also die Comics mit den LGBTQ-Bällen, die finde ich ziemlich witzig und dey hat da auch ziemlich viele Comics aus dem aspec* gemacht und da gibt es auch so zwei Labels, die heißen Non-SAM Aro bzw. Non-SAM Ace und Non-SAM steht für Non-Split Attraction Modell und zum Beispiel Non-SAM Aros würden dann einfach sagen: “Ich bin aromantisch, aber ich lable meine sexuelle Orientierung nicht. Das ist eigentlich für mich völlig irrelevant.” Und ich würde sagen, also einerseits kann ich damit halt resonieren, aber andererseits, also im Gegensatz zu Tabea habe ich eigentlich relativ früh schon mit 13 oder so rausgefunden, dass ich gar nicht straight war und so und da habe ich mich, da hatte ich auch Diskriminierung erfahren, internalisierte Queerfeindlichkeit und – weil ich bin in einem ziemlich konservativen Umfeld aufgewachsen – und für mich ist es eben als sehr, sehr großer Schritt, diesen Weg zu gehen und zu meiner sexuellen Orientierung zu stehen, weshalb ich mich selbst nicht als Non-SAM Aro bezeichne. Aber ich wollte es einfach mal in den Raum werfen, dass es auch solche Labels gibt und dass es auch völlig okay ist, wenn man nur das eine Label, aber nicht das andere [benutzt]. Also macht einfach das, womit ihr euch wohlfühlt.

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (33:05 min) Ja, das war das Gespräch mit Tabea und Hacki zum Thema Allosexualität und Aromantik. Ich freue mich sehr, dass das geklappt hat. Und jetzt, im Anschluss an das Gespräch, nehmen wir uns wie immer noch ein paar Minuten Zeit, um gemeinsam zurückzublicken, was wir denn aus dem Gespräch mitgenommen haben? Alan, was sind denn deine Gedanken zu dem Thema und zu dem Gespräch?

[Alan (er/ihm)] (33:26 min) Also mich hat, denke ich, vor allem das am Ende noch mal sehr bewegt. Auch der Gedanke, dass es vielleicht für Menschen, die noch dabei sind, sich selbst zu entdecken, vielleicht am hilfreichsten sein kann, zuerst eine Community zu finden und Menschen, die mit einem auf dem gleichen Spektrum sind, anstatt direkt zu versuchen, das 100 % perfekte Label zu finden. Und das ist auch okay ist, wenn man ein Label findet und dann später merkt, dass es vielleicht doch nicht passt und es dann doch ändern will. Ja, das sind denke ich, so meine Gedanken. Franca, was hast du aus dem Gespräch mitgenommen?

[Franca (sie/ihr)] (33:53 min) Ja, also ich habe mir tatsächlich im Anklang an das Gespräch viele Gedanken darüber gemacht, warum wir in der a* Community so wenige aromantisch allosexuelle Menschen haben. Und ich denke nicht, dass das daran liegt, dass es einfach wenige Menschen gibt, die sich so identifizieren. Sondern ich denke, dass es tatsächlich mit der Marginalisierung von Aromantik auch innerhalb der Community zusammenhängt. Und dass es nun mal immer noch sehr viel einfacher, wenn nicht sogar nur auf diese Weise funktioniert, dass man auf Asexualität stößt, sich damit auseinandersetzt, dass man in irgendwelchen Beziehungen oder in sexuellen Situationen merkt, dass man asexuell ist und dann in die Community kommt. Wenn man aber diese Erfahrung nicht macht, weil man eben nicht asexuell ist, dann ist es wirklich, wirklich schwierig, auf die a* Community zu stoßen, weil wir eben so wenig Ressourcen zur Aromantik hatten. Also ich erinnere mich, gestern während der Podiumsdiskussion haben wir vorgestellt, wie viele Google Scholar Ergebnisse es gibt, wenn man aromanticism eingibt und das waren 6000 ungefähr, also kaum etwas und viele davon hatten noch nicht mal mit Aromantik zu tun. Insofern müssen wir viel, viel mehr Sichtbarkeit für Aromantik schaffen und dann hoffen, dass wir viele Aroallos, die draußen rumlaufen und die vielleicht einfach noch nicht auf die Community gestoßen sind, dann auf diese Weise auch mit in die Community holen. Denn ich bin der festen Überzeugung, wir brauchen diese Menschen, wir brauchen die Perspektiven und wir können alle voneinander lernen.

[Alan (er/ihm)] (35:22 min) Ja, also es braucht auf jeden Fall noch sehr viel mehr Repräsentation von aromantisch allosexuellen Menschen. Aber zum Schluss vielleicht nochmal was Positives. Wir haben wie immer ein Piece of Cake für euch dabei und das haben diesmal unsere Gäst*innen mitgebracht, nämlich ihre Lieblingsfiguren aus Büchern oder Serien zu dem Thema.

[Tabea (sie/ihr)] (35:40 min) Und dann fange ich damit auch schon mal an. Ich habe euch heute die Person Jess aus dem Buch Loveless mitgebracht. Das Buch kennen wahrscheinlich schon einige von euch und sie ist die beste Freundin von Sunil. Und sie selber ist aromantisch und bisexuell. Und auch wenn Jess jetzt nicht die absolute Hauptrolle spielt, sondern eher eine Art side character ist, finde ich es dennoch wirklich schön zu sehen, dass es in diesem Buch dann auch noch eine aroallo Repräsentation gibt.

[Hacki (dey/ihr)] (36:09 min) Also meine Figur heißt Lilith. Sie ist aus dem aus dem Cartoon The Owl House bzw. auf Deutsch heißt es Willkommen bei dem Haus der Eulen. Und ich finde sie ist eine mega gute Repräsentation für aromantische Menschen. Weil, also das wurde in den kanonischen Folgen nicht so gezeigt, aber die Produzentin von The Owl House hat noch in einem Ergänzungsmaterial einen Brief geschrieben, den der Charakter Lilith geschrieben hat und wo Lilith dann auch erklärt hat, dass sehr viele, meistens männlich gelesene Personen ihr romantisches Interesse entgegengebracht haben, sie es aber nicht erwidert hat und sie das völlig absurd usw. fand. Und ich fand es schade, dass es nur im Ergänzungsmaterial drin war und eben nicht in der Folge oder in der Serie selbst. Aber trotzdem, finde ich, ist es ja eine gute Repräsentation einerseits deswegen und andererseits, weil in Kinderserien bzw. in Serien für die ganze Familie es generell schwer ist, Asexualität zu repräsentieren, außer wenn die Personen Eltern oder so sind, weil in Kinderserien bzw. Familienserien Sexualität generell kaum thematisiert wird. Das heißt, es lässt auch sehr viel Interpretationsspielraum, dass man sich Lilith sowohl als aroace als auch als aroallo vorstellen kann. Also abhängig davon, was man selbst ist und was man selbst als in der Figur sehen kann und so. Im Fandom ist es zwar so, dass sie sehr oft als aroace dargestellt wird, aber ich finde, der ace-Teil ist halt nicht wirklich Kanon. Und deswegen ist für mich beides möglich.

[Franca (sie/ihr)] (38:07 min) Danke Tabea, danke Hacki, für dieses Piece of cake. Ich bin sehr gespannt und ich schaue auf jeden Fall mal in eure Empfehlungen rein. Es ist echt schön zu hören, dass es tatsächlich auch Bücher gibt, die alloaros abbilden, auch wenn es vielleicht noch nicht die Hauptpersonen sind. Aber ja, das kann sich ja alles noch ändern. Jetzt sind wir tatsächlich schon am Ende der Folge angekommen. Danke, dass ihr bis hierhin zugehört habt. Wir haben noch ein paar Hinweise für euch. Und zwar gibt es für diese Folge wie immer ein Transkript und das wird in den nächsten Wochen dann sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch auf unserer Website veröffentlicht. Und ihr werdet es dann auch in der Folgenbeschreibung in der Podcast App eurer Wahl finden. Ihr könnt euch natürlich auch immer gerne bei uns melden, wenn ihr uns helfen möchtet. Wir sind immer auf der Suche nach Unterstützung für unser Podcast Team. Also meldet euch gerne. Natürlich könnt ihr uns auch Feedback schreiben und zwar einmal per Email an acearoundthecake@gmail.com. Ihr erreicht uns auch über Instagram @acearoundthecake_podcast. Ihr könnt auch auf unseren Kanal auf dem Discord Server von aspec* German schreiben oder uns auch persönlich auf Discord an acearoundthecake erreichen.

[Alan (er/ihm)] (39:10 min) Ja, vielen Dank fürs Zuhören.

[Franca (sie/ihr)] (39:11 min) Danke. Vielen Dank und ein schönes Wochenende an alle!

[Musik]

07 – Did you mean aromatic? – A*Perspektiven in der Forschung

[Kate] Ich wollte unbedingt über A* Themen forschen.

[Kate] Man hat das Gefühl man ist so komplett in der Grundlagenforschung drin und wird damit so ein bisschen allein gelassen.

[Franca] Ich lese diese Bücher beide und ich denke mir so, Leute, tut euch mal zusammen!

[Lotta] Aber da ist auch immer die Frage, darf ich das in der wissenschaftlichen Arbeit zitieren oder eher nicht?

[Franca] Wie gehen wir damit um, dass in einem Forschungsfeld, in dem einfach kaum etwas publiziert wurde, der Eindruck entsteht, es gäbe kein Wissen?

[Kate] Ich bin keine Pflanze, wenn ich über Pflanzen forsche bin ich trotzdem nicht objektiv

[Lotta]  […] und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Ace around the Cake – dem Podcast von und für A* Menschen. Ich bin Lotta, ich habe keine bevorzugten Pronomen, und ich identifiziere mich als asexuell alloromantisch

[Franca] Ich bin Franca, meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin asexuell und heteroromantisch

[Alan] Ich bin Alan, meine Pronomen sind er/ihm, ich bin asexuell und queer. Außerdem sind wir alle ablebodied und weiß. In diesem Podcast besprechen wir verschiedene A*Themen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie in der gesellschaftlichen Debatte häufig zu kurz kommen. Wir sind hier heute mit der siebten Folge unseres Podcasts und wir wollten darüber sprechen, wie es eigentlich ist, zu Aromantik und Asexualität zu forschen und sich an der Uni damit zu beschäftigen.

[Franca] Ja, wir bevor wir inhaltlich mit dem Thema starten, wollen wir euch natürlich noch kurz erzählen, warum wir uns überhaupt mit dem Thema beschäftigen. Nun, A* Themen in der Forschung, das klingt vielleicht auf den ersten Blick etwas elitär, oder zumindest so dass es nur einige Personen betrifft, aber wir wollen am Anfang noch dazu sagen, wir beschäftigen uns mit dem Thema nicht, weil wir denken, dass z.B ein Studium wichtiger ist als eine Ausbildung, sondern einfach weil Wissenschaft eine sehr sehr wichtige Quelle in unserer Gesellschaft ist, um Wissen auch über A* Themen zu verbreiten und um sich über A* Themen zu informieren. Und, genau, wir leben eben in einem akademischen System, wir drei sind auch alle an der Uni, das heißt es ist auch ein Stück weit unsere Alltagserfahrung die wir machen und wir persönlich fanden das einfach sehr sehr interessant, mal zu überlegen, wie ist es eigentlich wenn ich mich an der Universität oder auch generell in der Forschung mit A* Themen beschäftige? 

[Alan] Ja, und hier hätten wir euch gerne mal gezeigt, wie viel oder wenig Forschung zu Asexualität und Aromantik es eigentlich gibt, aber wir sind dabei schon mit unserer Vorbereitung auf Probleme gestoßen, weil wenn man zum Beispiel ‘asexuality’ auf Google Scholar sucht, kriegt man zwar 24.000 Ergebnisse, aber die meisten beziehen sich gar nicht auf asexuell als sexuelle Orientierung, sondern zum Beispiel auf ungeschlechtliche Fortpflanzung, also Biologie. Zum Vergleich, wenn man ‘Homosexualität’ sucht, bekommt man ungefähr 740.000 Ergebnisse, also ungefähr 30 Mal so viel.

[Franca] Und aus diesem Grund haben wir uns entschieden, in dieser Folge über die Herausforderung zu sprechen, die damit einhergehen wenn man sich entscheidet an der Uni über A* Themen zu forschen. Dafür haben wir zwei Personen mitgebracht, einmal Lotta, Lotta kennt ihr schon, Lotta ist ja auch Teil unseres Podcasts, und dann haben wir noch eine weitere Gästin, und zwar Kate. Vielen vielen Dank, dass du da bist.

[Alan] Ja, schön, dass ihr beide da seid. Lotta kennt ihr ja schon, aber Kate, kannst du dich mal kurz vorstellen? Wofür interessierst du dich so, was beschäftigt dich, was studierst du, was machst du sonst so mit deinem Leben?

[Kate] Ja, das ist – es ist kompliziert, also ich bin im Erstberuf Musicaldarstellerin, arbeite auch in dem Job, und habe mich dann, weil ich während Corona nichts zu tun hatte, entschieden doch noch Psychologie zu studieren weil das immer so eine Leidenschaft von mir war. Und jetzt bin ich im sechsten Bachelorsemester, schreibe jetzt auch gerade meine Bachelorarbeit, mit 27 bin ich da relativ spät dran, allerdings bin ich an der Fernuni Hagen und da bin ich gar nicht mehr so spät dran, weil das sind ganz viele die Berufstätig sind. Genau, also es war so eine Hobby Entscheidung, aber es macht mir super viel Spaß und ja. Und ansonsten interessiere ich mich für viele Dinge, also ich lese sehr gerne, ich nähe, ich mache Poledance, was manchmal ein bisschen schräg wirkt, vor allem mit Bezug auf das Thema dieses Podcasts. Ja, das ist so das erste so über mich.

[Franca] Ja, danke auf jeden Fall, dass du heute dabei bist. Jetzt verbindet Lotta und Kate hier eine Sache, und zwar dass ihr euch schon mit A* Themen beschäftigt habt oder gerade dabei seid euch mit A* Themen auch im Uni-Kontext zu beschäftigen. Und bevor wir da jetzt tiefer einsteigen, würde ich euch beide einfach mal fragen, wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen zu A* Themen zu forschen und in welchem Kontext hat das stattgefunden? Lotta, magst du anfangen?

[Lotta] Ja gerne, ja also wie viele von euch ja wissen, studiere ich Sprachwissenschaft zusammen mit Alan, aber ich studiere nicht nur Sprachwissenschaft sondern auch Gender Studies im Nebenfach und ja, Gender Studies, ich muss sagen ich bin ein bisschen enttäuscht davon – von dem Fach, weil ich am Anfang dachte, das wäre so super divers und es ist bestimmt sehr cool, dass man in viele Bereiche reinschauen kann und das ist sehr viel diverse als andere Studiengänge, das auf jeden Fall, und interdisziplinärer, aber dennoch ist es insgesamt sehr binär und mir ist auch aufgefallen, dass halt A* Themen leider überhaupt keine Rolle spielen. Also ich bin jetzt mittlerweile im vierten bzw fünften Semester, in dem ich Veranstaltungen aus Gender Studies belege, und jetzt ist es tatsächlich zum ersten Mal vorgekommen, dass ein Dozent das Wort Amatonormativität und Asexualität in den Mund genommen hat, das ist mir davon noch nie begegnet. Aber was ich sehr oft hatte, ist dass ich Texte gelesen habe für die Seminare und dann gedacht habe, das könnte man super mit irgendwelchen Diskursen und Themen verbinden, die etwas mit Asexualität und Aromantik zu tun haben, also diese Verbindung ist mir ganz oft aufgefallen, aber leider spielen sie in dem Kontext an der Uni sehr selten eine Rolle.

[Kate] Ja, bei mir ist es tatsächlich so – ich glaube ich habe einfach Glück, weil ich schreibe meine Bachelorarbeit im Fach Community-Psychologie und da ist Hagen eine der wenigen Unis, die das anbieten, und das ist tatsächlich ein relativ diverses Fach. Also in Community-Psychologie per se geht es grundsätzlich um Menschen in ihren Communitys, also in ihre größeren Umgebung, das kann auch eine Stadtteil sein zum Beispiel, aber weil es halt irgendwie sonst nirgends so richtig drunter fällt, landen da auch die ganzen queeren Themen drin, und entsprechend auch weil wir eine nicht binäre Dozent*in in diesem Fach haben, landet da irgendwie alles ein bisschen mit drin, was total cool ist, und die sind super offen. Und ich hatte dann Glück, dass ich auch tatsächlich in das Fach zugeordnet wurde, weil – für meine Bachelorarbeit, und ich wollte unbedingt über A* Themen forschen, einfach auch weil ich selber Teil des asexuellen Spektrums bin, weil es so schwer ist dazu Forschung zu finden, und weil ich ein ganz ganz großer Fan davon bin, Dinge zu quantifizieren – und ich weiß, das geht nicht allen so, aber ich will immer alles quantifizieren und da gibt’s kaum was, und dann war das so die ideale Lösung, tatsächlich auch darüber meine Bachelorarbeit zu schreiben. Und ich bin total happy, dass auch mein eigenes Thema durchgegangen ist bei der Kommission. Ja, das war tatsächlich so vor allem so eine innere Motivation.

[Franca] Ja, erzähl doch mal – du hast gesagt, du schreibst vor allem quantitativ, was genau ist denn dein Thema und wie bist du darauf gekommen, was beschäftigt dich?

[Kate] Ja, mein Thema ist der Versuch, die Häufigkeit sexueller Anziehung zu quantifizieren, und zwar im Vergleich zwischen allosexuellen und asexuellen Menschen, und da kann man jetzt super debattieren ob das unbedingt sein muss, aber ich finde es vor allem interessant. Mir ist der Gedanke gekommen, weil ich auf die Asexuality Identification Scale gestoßen bin bei meiner Recherche darüber, über welches genaue A* Thema ich dann schreiben könnte und mir dachte, okay, das ist – man kann darüber debattieren, wie gut diese Skala – also es quasi ein Fragebogen mit 12 Fragen, der misst inwieweit man auf dem asexuellen Spektrum ist, und viele dieser Fragen beziehen sich auch auf generell eine Aversion gegen Sex. Also man kann darüber debattieren, ob dieser Fragebogen eigentlich tatsächlich so geeignet ist, wie die Forschungsgruppe das gerne hätte, aber zumindest ist es irgendwie ein Tool – ein existierendes Tool, ein wissenschaftlich anerkanntes Tool, auf eine gewisse Art – mit dem ich erstmal als Einsteiger in den Bereich arbeiten kann, wenn ich andere davon überzeugen möchte, dass es mehr Forschung zu dem Thema braucht. Und dann dachte ich mir, okay, kann man damit nicht vielleicht damit und noch ein paar zusätzlichen Fragen nicht vielleicht quantifizieren, wie oft Leute sexuelle Anziehung empfinden? Weil mein bester Freund ist allo, erst sehr allo, und ich finde sowas super interessant, wenn wir uns über das Thema unterhalten, wie krass unsere Erfahrungen – wie unterschiedlich unsere Erfahrungen sind, und ja es hat mich einfach interessiert, wie das in der allgemeinen Bevölkerung aussieht. 

[Franca] Also vielleicht dazu noch eine Nachfrage. Es geht Dir vor allem darum herauszufinden, wie oft allo Menschen sexuelle Anziehung erleben oder generell?

[Kate] Generell. Also es – genau, also ich versuche quasi, das Spektrum zu quantifizieren, also gibt es einen Cut-off Wert, wie diese Asexuality Identification Scale hat, also gibt es quasi – wir haben ein allo Spektrum und Leute sind halt irgendwo auf dieser Skala von “Ich empfinde einmal in der Woche sexuelle Anziehung” bis “25 Mal am Tag” und ein extra asexuelles Spektrum, oder gibt es ein großes Spektrum das irgendeinen fließenden Übergang hat? Und das ist im Endeffekt die Forschungsfrage.

[Alan] Ja, das klingt super interessant. Ja, auf was für Herausforderungen stößt man da so, auch im Austausch mit Dozierenden, Professor*innen und so, wenn man so ein Thema dann vorschlägt, einbringt, daran arbeitet?

[Kate] Da hatte ich tatsächlich sehr viel Glück. Also, meine Bachelorarbeit Betreuung ist super supportive, die schreibt mir teilweise Anmerkungen an meine Notizen ran “da sollten Sie mal in Zukunft gucken bei ihrer zukünftigen Forschung,” okay ich muss erstmal die Bachelorarbeit bestehen und dann reden wir weiter, aber ich glaube es ist vor allem ein sehr großer Teil an Nichtwissen, also auch meine Betreuung hat selber gesagt sie findet das Thema super spannend, aber eigentlich kennt sie sich überhaupt nicht aus. Und man muss halt wirklich immer beim Urschleim anfangen, weil die Leute tatsächlich einfach keine Ahnung haben, weil sie vielleicht maximal das Wort schon mal gehört haben, aber da hört es dann auch schon wieder auf.

[Franca] Und das Wort dann nicht mal unbedingt mit der richtigen Bedeutung. Also ich glaube, das ist natürlich auch – also das ist ja nicht nur wissenschaftlichen Kontext, sondern allgemein dass Leute dann mit Asexualität z.B erstmal assoziieren “Okay, Person hat keinen Sex” oder “Person will keinen Sex” und das ist ja – hat ja nichts mit Anzieung zu tun.

[Lotta] Ja genau, das ist nämlich die Erfahrung, die ich gemacht habe, als ich meine Hausarbeit geschrieben habe. Beziehungsweise ich habe sie zweimal angefangen ich habe – in einem Seminar wollte ich eigentlich erst die Hausarbeit schreiben, auch zum Thema eben Asexualität und Aromantik, und die habe ich dann auch wegen anderen Gründen abgebrochen, aber ein Grund war auch das halt meine Dozentin so irgendwie gegen dieses Thema war, hatte ich das Gefühl, also sie kann dann mit lauter Gründen an dass ich das aber auch irgendwie rechtfertigen müsste, warum ich zu Asexualität und Aromantik schreibe in der Arbeit und halt auch, dass ich auch auf jeden Fall den Begriff sehr kritisch sehen sollte, also ich glaube sie kam halt mehr so aus dieser Ecke im Sinne von, ja Frauen mussten jahrelang sich überhaupt Sexualität erkämpfen, dass sie quasi sexuelles Begehren auch empfinden und empfinden dürfen, und die hat das glaube ich einfach wieder als Bedrohung angesehen, so als würde ich dann anderen Person ihre Sexualität absprechen wollen. Also, das war für mich sehr unverständlich und da habe ich das dann einfach abgebrochen und meine zweite Hausarbeit – also die zweite Hausarbeit, die ich angefangen habe und dann auch beendet habe, die habe ich dann zu Alice Oseman geschrieben und Sarah Ahmed also bzw nicht zu Alice Oseman, sondern zu Loveless von Alice Oseman, das meinte ich, und zwar zu Sarah Ahmed – das war nämlich auch wieder so typisch, dass ich einen Text gelesen habe für das Seminar, das hieß Affekt und Geschlecht, wo man sich eben damit beschäftigt hat wie Affekt und Geschlecht zusammenhängt, welche Arten von Affekten man empfindet, wie das geschlechtlich verteilt ist, und es gibt so ein Konzept von Sarah Ahmed – ich versuche es kurz zu erklären, und zwar dass wir mit bestimmten Objekten und Vorstellungen eben Glück verbinden innerhalb der Gesellschaft, und dass das auch gleichzeitig ein Prozess ist, wie die Gesellschaft durch diese, ja durch dieses Glücksversprechen – also, ihr Buch heißt auch The Promise of Happiness – eben Normen festlegen kann, und so zum Beispiel die heterosexuelle Ehe, heterosexuelle Liebe als die Normvorstellung und das Glücksversprechen schlechthin in der Gesellschaft fungiert. Und da ist mir halt auch aufgefallen in ihrem Buch; Ich bin großer Fan davon, dass sie halt sich aber ja gar nicht mit irgendwie Armatonormativität oder Allosexualität und Allonormativität beschäftigt hat und ich dachte eigentlich war super passend, weil sie redet eben davon sogar wie Liebe als Glücksversprechen innerhalb der Gesellschaft manifestiert wird, als Norm, aber sie macht dann nicht noch diesen Bogen um weiterzugehen zur Amatonormativität und da dachte ich das ist irgendwie, das ist eine Lücke, weil ich zur gleichen Zeit eben auch “Loveless” von Alice Oseman gelesen hab, dachte ich das kann man super miteinander verbinden, weil ich in “Loveless” ganz viele Punkte davon entdeckt habe. Ja, aber wie das wird weiß ich nicht, weil ich tatsächlich die Hausarbeit immer noch nicht zurückbekommen habe. Ich bin sehr gespannt darauf, was die Reaktion von der Dozentin sind.

[Kate] Ich will kurz gern einhaken, weil finde das super interessant, weil gleichzeitig hat man diese Norm in der Gesellschaft, dass Liebe und Sex uns alle glücklich macht und auf der anderen Seite ist es ja quasi eine komplette Postkartenkategorie: “Mein Ehepartner ist scheiße”. Also ne, also das koexistiert so und hier wird nicht hinterfragt und ich finde da kann können A*-Themen eigentlich auch ein Stück weit eine neue Perspektive drauf geben, weil wenn Menschen aus dem A*-Spektrum Beziehungen eingehen, welche Form auch immer, gerade wenn es eine Beziehung ist, die vielleicht nicht der – dem ursprünglichen Label zusammenfällt. Also jetzt, wenn eine asexuelle Person eine sexuelle Beziehung eingeht oder eine aromantische Person eine romantische Beziehung – aus welchen Gründen auch immer – dann gibt man sich nicht so schnell mit irgendwelchen Kompromissen zufrieden und ich denke da kann man super viel voneinander lernen. Auch Allomenschen von asexuellen und aromantischen Menschen umgekehrt.

[Franca] Absolut. Ich glaube, was du ansprichst, ist auch etwas, was mir aufgefallen ist. Dass nämlich einerseits gibt es viel feministische Literatur, die eben auch darüber reflektiert,  wie viele Menschen doch in toxischen Beziehungen sind oder in Beziehungen, die einfach nicht gut sind, einfach weil sie eben diesem Versprechen nachkommen wollen, dass eine Beziehung sie glücklich macht. Und dann gibt es nicht viel, aber es gibt ein bisschen A-Literatur, die eben darüber reflektiert, was es eben bedeutet, keine sexuelle oder romantische Anziehung zu haben. Aber es gibt kaum Literatur, die das verbindet. Also praktisch diese feministischen Perspektiven auch auf A-Themen oder A-Personen, die sich dann wiederum z. B. mit feministischen Konzepten von Sex auch beschäftigen. Und ich finde das so störend, weil ich lese diese Bücher beide und ich denke mir so, Leute, tut euch mal zusammen und sprecht euch mal ab. Ihr könntet so viel voneinander lernen, aber es geschieht eben noch nicht, weil momentan A-Themen noch so eine Bubble für sich sind. Und Feminismus wird ja auch immer größer, aber beschäftigt sich leider auch noch nicht ausreichend mit A-Themen. Das ist auf jeden Fall sehr interessant.

[Lotta] Ja, genau das, was du gerade gesagt hast, habe ich vielleicht so ein bisschen dann im Kleinen empfunden. Und daraus ist dann auch der Wunsch resultiert, über was ich meine Hausarbeit dann schreiben wollte. Weil ich ja, wie gesagt, parallel quasi diesen Text von Sarah Ahmed gelesen habe und Loveless. Und ich war so, das passt so gut zusammen! Warum hat Sarah Ahmed sich nicht auch mit Loveless beschäftigt? Sie hat ganz viele queere Fiktionen in ihrem Buch thematisiert und zu ihrem Thema eben auch darüber nachgedacht. Aber halt, es waren fast immer nur homosexuelle Charaktere, die eben dieser Fiktion vorkamen, wozu sie dann geschrieben hat. Und halt auch alle allosexuell. Und ja, ich glaube, über verschiedene Formen der romantischen Anziehung hat sie gar nicht gesprochen. Das ist halt auch leider komplett unter den Tisch gefallen.

[Franca] Ja, anknüpfend daran würde ich euch gerne beide mal fragen. Ihr seid ja im Forschungsprozess auch auf Literatur angewiesen oder auf Theorien, die ihr vielleicht als Grundlage nehmt. Und ich denke, das ist durchaus auch eine Herausforderung, weil wir auch schon festgestellt haben, dass es einfach nicht so viel Literatur gibt. Vielleicht erst mal, Kate, wie genau bist du denn da eigentlich in der Recherche vorgegangen? Also hast du einen Theorie-Teil? Wie genau baust du den auf? Welche Herausforderungen ergaben sich für dich in der Literaturrecherche?

[Kate] Ja, dadurch, dass ich ja über sexuelle Anziehung schreibe, arbeite ich ganz viel mit dem Split-Attraction-Model. Aber es ist halt wie immer, es ist halt ein Modell. Es bildet nicht die komplette Wirklichkeit ab. Es bildet nicht für alle Menschen die Wirklichkeit ab. Manche Menschen können da total kleinteilig unterscheiden: Das, das, das empfinde ich. Und für andere ist es so, keine Ahnung. Es ist irgendwie alles und nichts gleichzeitig. Also es ist am Ende nie so divers, wie man eigentlich gerne wäre. Aber irgendwo muss man halt eine Abstriche machen, weil man sonst nicht fertig wird. Und gerade wenn man alleine forscht, wie man es jetzt eben bei der Bachelor-Arbeit oder bei der Hausarbeit macht, dann hat man irgendwo, muss man einfach eine Grenze ziehen, weil man hat eine bestimmte Zeitspanne und man muss irgendwie reduzieren. Ja, und klar habe ich einen Theorie-Teil. Ich muss erstmal super viel definieren. Ich muss Asexualität definieren. Ich muss Allosexualität definieren. Ich muss die verschiedenen Anziehungsformen definieren. Ich muss Sex definieren. Das ist auch, gestaltet sich als schwerer als gedacht. Also ich habe schon so eine Arbeitsdefinition, aber die werde ich wahrscheinlich dann doch nochmal überarbeiten müssen, wenn ich dann endlich auch tatsächlich die Arbeit fertig schreibe. Ja, es ist, man hat das Gefühl, man ist so komplett in der Grundlagenforschung drin und wird damit so ein bisschen allein gelassen irgendwie, weil es einfach noch nicht viel gibt.

[Franca] Auf welche Quellen beziehst du dich dann zum Beispiel?

[Kate] Also ich habe so die Erfahrung jetzt gemacht, bei aller Recherche, es gibt schon ein paar Sachen, es gibt auch gerade in der Psychologie schon ein paar Papers, in denen Asexualität irgendwie so zumindest ansatzweise mitgedacht wird, aber am Ende kommt man eigentlich immer bei den immer selben drei Quellen raus und das ist halt der Asexuality Community Census. Also diese Befragung, diese Riesenbefragung, die jedes Jahr durchgeführt wird und auch super toll aufgearbeitet und kann man sich durchlesen. Ich glaube, die aktuellste Auswertung ist von 2019 oder 2020, weil es ist halt komplett Community basiert. Das machen Leute freiwillig, aber total toll. Aber diese Studie denkt halt vor allem asexuelle und aromantische Menschen. Also da gibt es nicht viele Vergleiche zu Allo-Menschen. Genau, das ist so das eine, denn Bogart, der einen relativ großen Bevölkerungs-Census mal ausgewertet hat in Hinblick auf Asexualität und die Forschungsgruppe um Yule, Brotto und Gorzalka, die die Asexuality Identification Scale auch entwickelt haben, die haben, glaube ich, mit am meisten psychologische Forschung zu dem Thema betrieben. Und da hört es eigentlich schon wieder auf und alles andere sind Sekundärquellen.

[Franca] Lotta, wie war das bei dir im Rechercheprozess?

[Lotta] Ja, ich fand es auch ziemlich schwierig. Ich glaube, das, was du, Kate, mit der Grundlagenforschung gesagt hast, kann ich so unterschreiben. Man hat das Gefühl, man hat gar nicht so richtig viel, woran man sich festklammern kann und muss selbst eigentlich noch ganz viel erarbeiten. Und gleichzeitig wird aber auch immer verlangt, dass du ja super viele Quellen zitieren kannst. Und das ist je nach Thema super schwierig. Also ich habe gerade noch mal in die Literaturliste von meiner Hausarbeit geguckt und ich habe tatsächlich eine einzige Quelle gehabt, von der ich dachte, okay, da kann ich was zu Aromantik schreiben, die kann ich dann zitieren. Und sonst ist halt auch immer die Frage, welche z.B. Internetforen kann man auch zitieren. Also es gibt z.B. bei AVEN gibt es ja auch super viel zu Asexualität und es gibt auch ein Forum zur Aromantik. Aber da ist auch immer die Frage, darf ich das in der wissenschaftlichen Arbeit zitieren oder eher nicht? Und trotzdem ist es halt so schwierig, wenn man dann irgendeine Definition schreibt, damit auch mehr zu umfassen. Das Schwierige ist vielleicht auch, dass man es erstmal definieren muss. Wenn ich z.B. jetzt eine Arbeit über Homosexualität schreiben würde oder Heterosexualität, müsste ich weniger definieren, glaube ich, oder hätte zumindest viel mehr Literatur zur Auswahl, wo ich dann auch gute Zitate und gute Belege für meine Hypothesen finde, als es jetzt bei Aromantik und Asexualität der Fall ist. Also zu Asexualität findet man schon ein bisschen mehr, würde ich sagen, gerade wenn man erstmal drin ist in dem Prozess und anfängt zu suchen und sieht, okay, die zitieren von dort und die zitieren von dort und dann kann man so gucken, ob man das auch findet. Und dann gibt es mehr, als ich im ersten Moment, als ich davor erwartet hatte. Aber zur Aromantik habe ich sehr, sehr wenig gefunden.

[Franca] Ja, was du angesprochen hast, finde ich insofern auch ganz interessant, weil es bezieht sich ja auf die Frage, was erkennen wir eigentlich als Wissen an. Also du meintest es gibt ja auch in der A-Community viele Quellen, die vielleicht keine wissenschaftlich veröffentlichten Papers sind,die aber Forenbeiträge sind oder Websites von Aspec*German, wo ja auch super viele Informationen gesammelt sind. Aber wir leben nun mal in einer Gesellschaft, die anerkennt, Wissenschaft bedeutet: Ein Paper muss so und so aussehen, muss in einem Genre veröffentlicht sein und nur dann dürfen wir es zitieren. Was natürlich irgendwo dann andere Qualitätsstandards vielleicht hat als ein Forenbeitrag, den jemand in einem Forum postet, aber grundsätzlich müssen wir uns fragen, wie gehen wir damit um, dass in einem Forschungsfeld, in dem einfach kaum etwas publiziert wurde, somit der Eindruck entsteht, es gäbe kein Wissen, weil das Wissen ist ja da, wir haben es vielleicht nur noch nicht in diesem Academia-Format formuliert, aber irgendwo müssen wir ja anfangen. Es kann ja nicht dabei bleiben, dass es so wenig Quellen gibt. Und das ist jetzt wieder die Frage an euch, wie hat denn auch diese Quellenlage, diese geringe Quellenlage eure Forschung beeinflusst? Gabs vielleicht Momente, wo ihr euch gedacht habt: “Ok, dass schaff ich jetzt nicht, weil ich zu wenig habe, worauf ich mich da stützen kann?”

[Kate] Also bei mir war es am Anfang schon ein bisschen überfordernd, dass ich einfach mit gefühlt gar nichts dastand und wirklich erstmal viel suchen musste. Und ich hatte wirklich am Anfang Bedenken, ob ich überhaupt genügend Quellen finde, um die Hausarbeit zu schreiben. Weil ich war eigentlich schon überzeugt von meinem Thema, aber ich war halt nicht so ganz überzeugt von der Menge an Literatur, die ich da hatte. Und das gestaltete sich schon sehr sehr mühsam, um da etwas aufzutreiben und vor allem dann haben halt auch, wie wir gesagt haben, wenn man Asexuality eingibt zum Beispiel, findet man schon einige Beiträge, aber die müssen halt auch zum Thema passen. Und das bringt mir nichts, wenn ich dann lauter Vorschläge zu einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung von Pflanzen bekomme, weil das nichts ist, womit ich arbeiten kann. Und bei Aromantik war es noch viel schwieriger.

[Lotta] Oder was mir letztens passiert ist, als ich das gegoogelt habe, war: “Did you mean aromatic?”

[Kate] Ja, ich hab irgendwie ganz viele Quellen aus Sekundärquellen genommen, also aus Büchern, die ich zu dem Thema gelesen habe, wo dann die Quellen zitiert waren. Oder aus dem Theorie-Teil von anderen Papers dann da die Quellen rausgesucht. Und dann wird man meistens enttäuscht, weil dann ist da irgendwie so ein Satz drin, der für irgendwie da gerade zitiert wurde und die komplette restliche Studie hat gar nicht so viel mit dem Thema zu tun oder so. Und es ist frustrierend und enttäuschend manchmal. Und zu anderen Themen findet man leichter was. Aber auch dann muss man immer gucken, passt es zu dem Thema zu dem ich gerade forsche, oder geht es nur allgemein um das Thema? Weil es gibt sicher sehr, sehr viele Studien mit heterosexuellen Menschen, aber die beziehen sich halt dann nicht zwangsweise auf Heterosexualität oder die beziehen sich vielleicht nicht zwangsweise auf genau das Thema, das ich gerade untersuche und zu dem ich Theorie brauche. Und ich finde, wir sollten auf jeden Fall auch aus Foren zitieren, auch gerade aus den Community-Foren, weil Asexualität etwas ist, was durch die Community gestützt wird, weil diese ganzen Definitionen Community-basiert sind. Auch die Flagge ist ja in der Community irgendwie mit entstanden. Also generell ist es ja bei queeren Themen so, dass irgendwie alles auf Tumblr passiert grundsätzlich. Also wir können, glaube ich, das nicht komplett voneinander trennen, Asexualität und die Community und die Community-Foren. Und dann ist natürlich die Frage, wie zitiere ich das? Muss ich das dann nochmal irgendwie mit wissenschaftlichen Methoden auswerten, was ich da an Material aus den Community-Foren ziehe? Aber ich glaube, wir können das nicht komplett außer Acht lassen, weil dann würden wir über die Köpfe der eigenen Community hinweg entscheiden.

[Franca] Ja, absolut. Ich denke, das ist ein sehr, sehr wichtiger Punkt. Vielleicht sind das ja auch Themen, die man dann im Schreibprozess mit der betreuenden Person ansprechen kann, im Idealfall, wenn diese Person natürlich Verständnis dafür hat. Weil das ist ja auch wieder, da haben wir vorhin schon so ein bisschen darüber gesprochen, inwiefern ihr da vielleicht allein gelassen worden seid. Lotta, du hattest auch gemeint, dass du da nicht unbedingt die Unterstützung erfahren hast, die du ja eigentlich gebraucht hättest. Deshalb von mir nochmal die Frage, was hätte euch denn, oder vielleicht Kate auch konkret, was würde dir aktuell helfen? Welche Unterstützung würdest du dir wünschen, die du vielleicht gerade noch nicht hast?

[Kate] Ich habe tatsächlich sehr Glück, dass meine Betreuung ist super unterstützend und auch mein Umfeld. Und Fluch und Segen, meine Uni ist halt riesig. Mit mir haben, glaube ich, 1500 Leute angefangen in meinem Semester. In meinem Studiengang in meinem Semester. Weil es halt eine Fernuni ist. Also es ist krass. Und das Ergebnis ist halt, ich kenne die Leute alle nicht. Ich kenne vielleicht drei, vier Leute tatsächlich aus meinem Studiengang. Aber es gibt halt auch da wieder Foren und Gruppen. Und da kann man halt dann seine Studie reinposten. Und weil ich eine quantitative Studie, ich habe halt einen Fragebogen, der ausgefüllt werden muss. Und ich habe halt Glück, dass ich da relativ viele Menschen akquirieren konnte, den auszufüllen. Und da ist alles ganz gut. Ich habe tatsächlich meine Betreuung eher gebremst. Die wollte mir bei allem helfen. Und ich bin so, lass mich in Ruhe. Ich will mich einschließen und das selber machen. Weil mich überfordert das komplett dann ständig Rechenschaft ablegen zu müssen. Aber einfach, also was ich konkret mir wünschen würde, ist generell mehr Forschung zu dem Thema. Generell ein breiteres öffentliches Interesse auch an diesem Thema. Damit eben mehr geforscht wird. Damit mehr Forschungsgelder auch da sind. Damit auch Leute, die nicht gerade nur ihre Bachelorarbeit schreiben, sondern die wirklich professionell forschen, sich mit dem Thema beschäftigen können. Das ist was, was mir fehlt.

[Lotta] Ja, das kann ich so unterschreiben. Also ich glaube, dass gerade im deutschsprachigen Raum halt vor allem sehr wenig Forschung dazu existiert. Die Forschung, die ich gefunden habe, oder die wissenschaftlichen Artikel auch, die ich gefunden habe, als ich meine Hausarbeit geschrieben habe, waren fast alle auf Englisch. Was auch dazu geführt hat, dass ich meine Hausarbeit auf Englisch geschrieben hab, weil ich dachte bevor ich die ganzen Zitate noch ins Deutsche übersetzen muss, schreibe ich lieber alles gleich auf Englisch. Aber gerade, ja, gerade im deutschsprachigen Raum gibt es sehr wenig. Und ich habe auch das Gefühl, so an unserer Uni gibt es dazu einfach gar nichts. Also ich habe auch in unserer Bibliothek fast nichts dazu gefunden, außer den ganzen Pflanzenartikeln und so weiter. Und auch im Gender Studies spielt das kaum eine Rolle. Sowohl im Seminarkontext als auch unter den Leuten untereinander, habe ich das Gefühl. Also die Studierenden, die Gender Studies studieren, sind insgesamt schon sehr divers und sehr, sehr viele queere Menschen dabei. Und das ist alles auch ziemlich cool, weil ich das Gefühl habe, es ist insgesamt eine sehr offene Gruppe. Aber trotzdem habe ich halt das Gefühl, dass Aromantik und Asexualität den wenigsten Leuten ein Begriff ist. Und das finde ich sehr schade. Also da muss auf jeden Fall noch mehr passieren.

[Alan] Was für Reaktionen bekommst du denn sovon auch Kommiliton*innen, generell Freund*innen, wenn du von dem Thema von deinen Hausarbeiten erzählst?

[Lotta] Insgesamt bekomme ich eigentlich gar nicht viel Rückmeldung dazu, würde ich sagen. Manche nehmen das einfach so ein bisschen so zur Kenntnis. Viele Leute, die mit mir Sprachwissenschaft studieren, finden das wiederum ziemlich schräg, aber die finden auch das allgemein seltsam, dass ich überhaupt Gender Studies studiere teilweise. Ja, und sonst aus Gender Studies die Leute, manche finden es ja interessant oder so, aber ich habe jetzt noch nie eine Person getroffen, die gesagt hat: “Whoa! Voll wichtig! Richtig gut, dass du dazu was machst!” Außer vielleicht eine Person, die halt selbst asexuell oder aromantisch war. Aber außerhalb der A-Community gab es jetzt noch niemanden, der auch gesagt hat, oh, das ist super wichtig, dass es da mehr Forschung gibt. Das ist was, wo wir noch viel zu wenig haben. Weil ich das Gefühl habe, dass es bei vielen alloromantischen und allosexuellen Menschen einfach nicht so sehr die Rolle spielt und sich viele Menschen damit nicht so auskennen und dann schon gar nicht erst merken, dass es da viel zu wenig Forschung gibt und dass das aber relevant wäre.

[Kate] Ja, bei mir war das so ein bisschen, also in meinem direkten Umfeld ist es halt generell sehr queer und es gibt auch mehr als eine A-Person. Und da ist es relativ offen gewesen. Die waren alle total begeistert und oh, wie schön, endlich mal Forschung zu dem Thema. Und sobald man aber ein bisschen weiter nach außen guckt, dann wird es schon teilweise echt spannend. Und ich habe jedem diesen Fragebogen in die Hand gedrückt, der mir irgendwie über den Weg gelaufen ist. Und wir hatten eine Familienfeier und eine Freundin meiner Eltern war da und die hatte das schon in meiner Instagram-Story gesehen, dass ich noch Leute suche; dass ich vor allem noch Alloleute suche, weil ich hab tatsächlich ein sehr großes asexuelles Sample. Die waren allein den Community-Foren. Die haben sich alle gefreut, endlich mal was zu dem Thema. Und dann fehlen mir jetzt aber die Allomenschen. Und die hat das in meiner Story gesehen und meinte, ja, das brauche ich ja nicht ausfüllen. Ich bin ja schon normalsexuell, oder? Und ich war so, okay… wo fange ich jetzt an? Sie hat es ausgefüllt am Ende.

[Franca] Immerhin.

[Kate] Ja, immerhin. Aber es war schon so ein bisschen, oh, wirklich jetzt? Manchmal wird man so ein bisschen brutal aus seiner Bubble rausgeschmissen.

[Lotta] Ja. Da fällt mir gerade noch eine schöne Sache ein, zu einer Reaktion. Und zwar habe ich meiner Oma auch erzählt, was ich mache. Ich war da zu Hause und habe gerade nochmal Loveless durchgelesen und so markiert und super viele Post-its drin gehabt. Auf die Stelle möchte ich eingehen und das kann man gut zeigen. Und dann hat sie mich halt gefragt, was ich mache und wofür ich das so durcharbeite, dieses Buch. Weil es sieht ja jetzt auch nicht aus wie so ein wissenschaftliches Buch, wo du alles so streng markieren muss oder so, sondern es ist, ja, einfach auch ein Roman, der schön zu lesen ist. Und dann habe ich ihr halt davon erzählt und sie fand das irgendwie voll plausibel und voll schön, dass es dazu was gibt. Also ich glaube, sie hatte mit dem Thema jetzt davor noch nicht so wahnsinnig viel zu tun. Aber das war auch was, wo ich eigentlich eher erwartet hätte, dass so vielleicht Ablehnungen kommen. Ja, und das fand ich dann sehr schön zu sehen, dass meine Oma da das irgendwie toll fand, dass ich mich damit beschäftige.

[Franca] Ja, das ist ja auch einfach eine gewisse Offenheit, die eine Person mitbringt. Und ich denke, selbst wenn man sich nicht mit den Themen beschäftigt hat, wenn man einfach zuhört und merkt: “Hey! Voll schön, dass du das machst”, dann verstehe ich auch gar nicht, wieso Leute da ablehnend reagieren sollten. Aber das bringt mich vielleicht zu einer letzten Frage an euch noch. Und zwar gibt es ja in der Forschung auch häufig die Debatte, was kann ich eigentlich schreiben? Worüber darf ich schreiben? Worüber darf ich forschen? Welche Rolle spielt denn meine eigene Positionierung? Und ich weiß nicht, ob ihr euch jetzt auch schon damit beschäftigen musstet, aber es wird ja dann zum Beispiel häufig auch an queere Menschen dieser Vorwurf gebracht: “Ihr dürft doch gar nichtüber queere Sachen forschen, weil ihr seid ja selber betroffen und ihr seid dann nicht mehr objektiv”, in Anführungszeichen: “weil ihr queer seid”. Wie steht ihr dazu? Und ist das ein Vorwurf, der euch auch begegnet ist?

[Kate] Ja, ich finde ganz ehrlich, dieses Objektivitäts Argument ist eigentlich schon dann hinfällig. Sobald ich eine Hypothese aufgestellt habe, bin ich nicht mehr objektiv. Sobald ich forsche und eine Hypothese aufgestellt habe, will ich ja, diese Hypothese beweisen. Das heißt, ich bin nicht mehr objektiv. Ich habe natürlich irgendwie das Ziel, diese Hypothese zu belegen und ob die Daten das dann mitmachen, ist die andere Frage. Aber so entsteht ja diese ganze Lücke zwischen dieser Reproduktionslücke, die es gibt. Also dass Studien sich nicht reproduzieren lassen, weil irgendwie so ein bisschen dran rumgedoktert wurde, nur damit man gerade noch die eigene Hypothese belegen kann. Und ich glaube, das sind ganz oft Menschen, die eigentlich mit dem Forschungsthema gar nicht direkt was zu tun haben. Das gilt ja auch für medizinische Forschung oder auch in der Biologie, also das sind auch Themen; Ich bin keine Pflanze. Wenn ich über Pflanzen forsche, bin ich trotzdem nicht objektiv. Und deswegen finde ich dieses Argument eigentlich ein bisschen albern, weil entweder versuche ich, so objektiv wie möglich zu sein. Das kann ich aber, egal ob ich jetzt Teil meiner eigenen Studie bin oder nicht. Und ich versuche, das mit wissenschaftlichen Methoden so ehrlich wie möglich oder so klar wie möglich zu halten. Oder halt, ich lasse es bleiben, aber dann habe ich im wissenschaftlichen Forschungsprozess generell nichts verloren. Und es hat nichts mit meiner Identität zu tun oder mit meinen Empfindungen oder mit der Person, mit der ich bin, sondern es ist, glaube ich, einfach nur eine Ethik-Sache.

[Lotta] Ich glaube auch, dass Forschung nie wirklich objektiv sein kann. Man kann versuchen,so nah wie möglich an diese Objektivität vielleicht ranzukommen. Aber ja, wie du richtig gesagt hast, man geht immer schon mit irgendeiner Vorstellung da ran. Man hat einen Grund, warum man sich damit beschäftigt und das ist immer irgendwo subjektiv. Und auch die Menschen, die sagen, ich bin selbst nicht davon betroffen, deswegen kann ich darüber schreiben. Das erklärt sich mir überhaupt nicht. Ich finde das auch wieder um eine sehr, sehr subjektive Einstellung, weil ich das Gefühl habe, die Personen gehen dann erst recht mit einer bestimmten, schon so verfestigten Vorstellung daran und wollen, auf Teufel komm raus, irgendwas beweisen. Und das hat für mich mit Objektivität überhaupt nichts zu tun.

[Franca] Ja, auf jeden Fall. Warum sollte ein heterosexueller, keine Ahnung, Weißer-Cis-Mann, objektiver über A-Themen schreiben können, als eine Person, die selber zwar betroffen ist, aber dadurch natürlich eine ganz andere Perspektive mitbringt?

[Kate] Es ist auch, glaube ich, genau hier, wie es in vielen Sachen so ist, je mehr man weiß, desto mehr realisiert man, dass man eigentlich keine Ahnung hat. Also je tiefer man in dieser Community, in der A-Community drinsteckt, desto mehr realisiert man doch, wie breit dieses Spektrum ist und wie wenig man selber eigentlich Teil der Gesamterfahrung ist. Also meine eigene A-Perspektive auf das Spektrum ist ja nur ein ganz, ganz kleiner Teil von einem riesigen Spektrum, dessen Erfahrungen ich nicht alle nachvollziehen kann. Und wenn man von außen drauf guckt, dann bildet man sich vielleicht, ein Objektiv zu sein, hat aber erst recht viel weniger einen Einblick da rein, wie unterschiedlich diese Erfahrungen sein können. Und, das sieht man ja dann auch in der Geschichte der Forschung, wo ganz viel zum Beispiel dazu geforscht wurde, wie Frauen sich von Männern unterscheiden und damit total viel Schindluder getrieben wurde, wie viele Männer irgendwelche Theorien aufgestellt haben darüber, ob Frauen jetzt zum Beispiel überhaupt einen Orgasmus haben oder nicht. Wo vielleicht Frauen da etwas objektiver darüber hätten reden können, weil es ist nun mal deren Erfahrung und deren Spektrum an Erfahrungen.

[Franca] Ja, absolut. Danke auf jeden Fall für Eure Einschätzung. Ich denke, das ist nochmal ganz wichtig am Ende festzuhalten, dass selbst wenn irgendwelche Unidozierenden kommenund dann vielleicht die eigene Objektivität in frage stellen, nur weil man möglicherweise betroffen ist, was sie ja auch nicht wissen, dann ist es auf jeden Fall wichtig, immer im Hinterkopf zu behalten. Wir haben immer nur unsere eigene Perspektive. Die können wir ja im Zweifel auch am Ende unserer Arbeit immer betonen. Also ich habe zum Beispiel im letzten Semester auch eine Hausarbeit geschrieben, nicht über A-Themen, sondern über queere Themen im Allgemeinen. Und ich habe da tatsächlich auch im Schlusswort, habe ich geschrieben, dass mich selber mit der queeren Community identifiziere, aber natürlich trotzdem nur einen Teil der Erfahrung abbilden kann. Da habe ich mich sehr gefreut, weil ich mich auch wohl gefühlt habe, das zu schreiben, weil die Dozentin auch sehr offen war, was solche Dinge angeht. Aber ich glaube, das gilt für alle Bereiche. Wir müssen immer, immer dazu sagen, dass unsere Perspektive nur begrenzt ist und wir natürlich nur begrenzt die Wirklichkeit abbilden können und unsere Erkenntnisse dementsprechend auch nicht in Stein gemeißelt sind.

[Lotta] Ja, auch gerade den letzten Punkt finde ich sehr wichtig, dass man eben auch nur eine begrenzte Perspektive hat und das Thema eigentlich viel größer ist. Also wenn jetzt man von außen auf beispielsweise A-Themen blickt und versucht, das zu definieren, würde diese Person vielleicht in einer Hausarbeit von etwa 15 Seiten am Ende so ein paar Sätze zu der Definition schreiben. Und ich glaube, allein wenn man versucht, den Begriff Asexualität oder Aromantik zu definieren und da versucht, alle Erfahrungen von allen Personen, die sich auf diesem Spektrum befinden, mit einzubeziehen, dann reichen die 15 Seiten bei weitem nicht aus, um da alles zu definieren. Aber das ist auch eine Perspektive, die man nur einnehmen kann, glaube ich, wenn man Teil des Spektrums ist, weil man sich sonst höchstwahrscheinlich gar nicht so gut damit auskennt.

[Kate] Ja, obwohl ich finde schon, dass auch nicht-asexuelle Menschen oder nicht-A-Menschen über diese Themen auch schreiben und forschen sollen, dürfen, sollen. Weil ohne Allies kommen wir nirgends hin. Ohne Menschen, die eben auch aus einer Fremdperspektive auf solche Themen draufgucken, geht es nicht vorwärts. Da bekommen wir nicht genug Interesse. Wenn man jetzt von diesen Zahlen ausgeht, A-Menschen machen ungefähr ein bis drei Prozent der Bevölkerung aus. Das ist auf jeden Fall eine signifikant interessante Zahl, aber es ist halt immer noch eine relativ kleine Zahl. Und wir brauchen die Unterstützung von anderen. Und ich glaube, das Wichtigste ist der Respekt gegenüber einer Gruppe, der man nicht angehört. Also, wenn Menschen forschen, die nicht Teil des Spektrums sind, dass sie dem Spektrum entsprechend den Respekt entgegenbringen, auch zu sagen, okay, ich bin nicht Teil des Spektrums, ich kann das jetzt nur aus meiner Perspektive betrachten, was ich von außen sehe. Und am besten wäre wahrscheinlich eine Forschungsgruppe, die aus Teilen besteht, die teilweise aus A-Menschen besteht und teilweise aus Allo-Menschen, dass man die verschiedenen Perspektiven miteinander verweben kann.

[Franca] Ja, danke auf jeden Fall für die Einschätzung. Ich glaube, wir kommen langsam zum Ende von unserem Gespräch. Und deshalb würde ich euch gerne nochmal fragen, gibt es noch etwas, was ihr anderen Menschen mitgeben wollt, die sich vielleicht auch gerade in der Situation befinden, an der Uni zu sein oder in irgendeinem anderen Kontext vielleicht eine Bachelorarbeit, Hausarbeit über A-Themen schreiben zu wollen? Noch ein paar Worte der Motivation, womöglich.

[Lotta] Auf jeden Fall nicht aufgeben! Wenn das irgendeine Person hört, die gerade an einer Bachelorarbeit, Masterarbeit, Hausarbeit, was auch immer zu A-Themen sitzt, ja, beschäftige dich weiter damit. Das ist es wert! Wir brauchen auf jeden Fall noch viel, viel mehr Forschung zu A-Themen. Und es ist wichtig, dass A-Themen auch im universitären Kontext sichtbarer werden.

[Kate] Ja, und sich vernetzen. Also sei es jetzt im Internet, sei es über queere lokale Gruppen, finde ich total hilfreich, weil man so ein bisschen die Unterstützung bekommt und auch man bekommt noch mal andere Perspektiven, was auch immer wichtig ist. Also nicht so im eigenen Saft immer schmoren, sondern, was ich auch gerne tue, sondern sich trotzdem auch vernetzen und mal nach außen zu gucken, was man so an Rückmeldungen bekommt.

[Franca] Ja! Vielen, vielen Dank. Das waren auf jeden Fall einige, einige wichtige Sachen, die ihr noch gesagt habt. Und ich freue mich sehr, dass es so gut funktioniert hat. Danke, Kate, auf jeden Fall, dass du Gästin in unserem Podcast warst.

[Kate] Danke, dass ich da sein durfte!

[Franca] Ja, natürlich! Dann alles Gute für euch beide. Lotta, ich hoffe, du bekommst bald, bald die Rückmeldung mal für deine Hausarbeit. Und Kate, dir weiterhin alles Gute für die Bachelorarbeit und du kannst dich ja gerne mal melden, wenn du dann soweit bist. Ich glaube, da können wir auch gerne nochmal drüber schauen.

[Kate] Gerne! Danke!

[Alan] Ja, Franka, das war jetzt ja ein sehr interessantes Gespräch. Und was hast du denn daraus so mitgenommen?

[Franca] Ja, ich glaube, was für mich noch mal extrem klar geworden ist, ist, dass es einfach extrem viele Herausforderungen gibt, wenn ich mich als Einzelperson zum Beispiel im Rahmen der Uni mit A-Themen beschäftigen möchte und eine Hausarbeit über A-Themen schreiben möchte. Und die Tatsache, dass es eben diese Herausforderungen gibt, in Hinblick auf Literaturrecherche, aber auch im Hinblick auf: “Was ist eigentlich Wissen?“ Stichwort, es gibt super viele Quellen, die würde ich gerne zitieren, aber eigentlich darf ich sie nicht zitieren, weil es Community-Forums-Beiträge sind, die dann vielleicht von meinem Dozent oder meiner Dozentin nicht unbedingt als wissenschaftlich genug anerkannt werden. Dadurch werden ja auch extrem viele Menschen davon abgeschreckt, sich überhaupt mit A-Themen in der Forschung zu beschäftigen, wodurch es ja dann wiederum wenig Literatur gibt, wodurch wiederum andere Menschen abgeschreckt werden. Das ist wirklich so ein Teufelskreis und ich habe das Gefühl, wir müssen erstmal so eine gewisse Grundlage schaffen, damit es überhaupt möglich ist, an der Uni eine Hausarbeit zu schreiben, ohne sich durch diese ganzen Herausforderungen kämpfen zu müssen. Und an dem Punkt sind wir noch nicht. Deshalb, ich freue mich mega, dass Lotta und Kate sich darüber hinweggesetzt haben und sich auch mit A-Themen beschäftigen. Aber ich kann auch sehr gut nachvollziehen, warum eben viele Menschen sagen, es ist mir einfach aktuell noch nicht genug Literatur da, es ist einfach zu schwer und ich würde total gerne meine Seminararbeit darüber schreiben, aber dann suche ich mir lieber ein Thema, wo es genug gibt, weil es einfach sonst viel zu, viel zu komplex und viel zu schwer für mich ist. Alan, was hast du mitgenommen?

[Alan] Ja, mich hat vor allem die Diskussion über Betroffenheit und Objektivität bewegt. Weil diese Diskussionen führen wir ja eigentlichständig über alles, also Rassismus, Sexismus, immer wenn irgendeine Person, die von irgendeiner Form von Diskriminierung betroffen ist, was darüber schreibt oder darüber redet und dabei nur irgendwelche Emotionen zeigt oder vollkommen legitime Wut oder irgendwas, ist es plötzlich zu emotional und nicht mehr objektiv und unprofessionell. Und es ärgert mich einfach, dass wir diese Diskussionen wirklich immer wieder führen müssen. Ich meine, wir haben jetzt schon 50 Mal darüber geredet in verschiedenen Kontexten. Können wir nicht irgendwann mal akzeptieren, dass betroffene Menschen auch über Dinge, von denen sie betroffen sind, reden dürfen und dass sie dabei auch emotional sein dürfen und das auch komplett legitim ist?

[Franca] Absolut. Lotta, was hat dich im Gespräch am meisten bewegt?

[Lotta] Ich finde es besonders wichtig nochmal den letzten Punkt von Kate hervorzuheben, dass das mit der Vernetzung auch ganz wichtig ist, weil ich glaube, das ist etwas, was mir halt auch total gefehlt hat, als ich meine Hausarbeit geschrieben habe. Ich habe mich halt sehr allein gefühlt damit, weil ich halt keine Dozentin hatte, die mir helfen konnte oder die mir helfen wollte, je nachdem. Und auch sonst eben niemanden kannte, der zu Asexualität und Aromantik forscht oder sowohl vielleicht eine Professor*in, die mir Namen nennen konnte, als auch einfach andere Studierende, die sich mit den Themen gerade beschäftigen, und ich glaube, dass so Vernetzung enorm wichtig ist und enorm stärken kann. Und ja, deswegen würde ich mich auch voll freuen, falls das jemand hier anhört, falls es eine Person anhört, die selbst vielleicht zu A-Themen forscht oder sich damit mal beschäftigt hat im universitären Kontext oder uns da einige Namen nennen kann. Schreibt uns gerne entweder eine Mail oder auf Discord oder auf Instagram, dann können wir uns ein bisschen vernetzen und vielleicht, ich weiß nicht, eine Discord-Gruppe aufmachen zusammen und uns da ein bisschen vernetzen, weil ich glaube, das ist enorm wichtig und empowert auch total.

[Franca] Absolut, das ist eine richtig gute Idee! Also meldet euch gerne bei uns. Wir können auf jeden Fall versuchen, euch da noch mehr Möglichkeiten geben, euch zu vernetzen. Lotta, du hast auch noch ein Piece of Cake mitgebracht für uns heute.

[Lotta] Genau, und das hat auch was mit unserem Thema der heutigen Folge zu tun, und zwar eine Autorin, auf die ich gestoßen bin, als ich zu meiner Hausarbeit eben recherchiert habe war Ela Przybyło. Die ist Professorin an der Illinois-State-University und lehrt dort zu Feminist- und Queer-Studies und zu Critical Publishing Studies. Und in ihrer Forschung beschäftigt sie sich hauptsächlich mit sexueller Identität und Asexualität, und es ist ja auch ein wichtiges Anliegen, die asexuelle Community sichtbar zu machen. Also, z.B. ein Buch, mit dem ich mich beschäftigt habe während meiner Hausarbeit, ist Asexual Erotics. Kann ich auch sehr empfehlen, ist sehr interessant, geht auch viel in Literatur und Grafikdesign tatsächlich rein, weil das auch eines ihrer Studienfächer war oder eine Ausbildung, die sie gemacht hat. Wie ihr gemerkt habt, forscht sie allerdings, Stand jetzt, nur zu Asexualität. Sie hat aber auch einen Blog, den wir euch dann in den Shownotes verlinken werden, auf dem sie Ace- und auch Aro-Ressourcen gesammelt hat, gebündelt hat und dort veröffentlicht und sehr viele Adressen nennt. Und da habe ich mich ein bisschen umgeguckt und fand das sehr hilfreich. Und man findet dort ebenfalls sehr viel Literatur zur Aromantik. Ja, schaut gerne dort rein und wie immer freuen wir uns sehr über Rückmeldungen zu unserer heutigen Folge. Macht’s gut, bis bald!

[Franca] Bis bald!

[Alan] Bis bald!

08 – pA*renting – being A*p(p)arent in an amato- and allonormative society (English episode)

TW: In this episode we repeatedly mention amato- and allonormativity as well as heteronormativity and compulsory sexuality. Please contact us, e. g. write us an e-mail at acearoundthecake@gmail.com, if you are missing a particular part that should appear in the following list of trigger warnings.

09:40 – 12:54 min Asexuality is called “unnatural”, feeling broken and having a hard time accepting one’s asexuality

22:08 – 23:32 min Homophobia (stereotypes)

23:45 – 26:48 min Heteronormativity (being straight-passing)

27:43 – 30:07 min Unwanted pregnancy, pressure in intimate relationships

37:49 – 43:42 min Unwanted arousal

39:45 – 41:15 min Mention of molestation (of children)

46:14 – 46:28 min Stereotypes about asexuality

47:04 – 50:40 min Restrictions on education about asexuality in Germany, discussion of missing education on queer topics

51:26 – 53:01 min Unwanted pregnancy, pressure in intimate relationships

[Music]

[Simon (he/him)] (0:00 min) If I had known I was ace, I don’t think I would have had a child.

[Carmen] (0:05 min) If I wasn’t a parent, it would have taken me longer. A lot.

[Simon (he/him)] (0:10 min) I want my son to know about asexuality and about aromantic.

[Carmen] (0:14 min) I realised, oh, damn, that’s me. I was lying to myself for years.

[Franca (she/her)] (0:23 min) If you add queer aspects, it’s not taking influence because influence is taken anyway.

[Lotta (they/them)] (0:34 min) […] and a warm welcome to our new episode of  ACE AROund the Cake, the Podcast by and for a* people. I am Lotta, my pronouns are they/them and I am asexual and aromantic.

[Franca (she/her)] (0:46 min) I am Franca, my pronouns are she/her and I  am asexual and heteroromantic.

[Alan (he/him)] (0:51 min) I am Alan, my pronouns are he/him and I am aroace and queer.

___________

[Franca (she/her)] (1:06 min) Hello and everybody, welcome to a new episode of ACE AROund the Cake! [the next part is originally in German] I’m sure you’re wondering why I just started in English. Actually, we have a premiere today, and we’re going to record our podcast episode in English for the most part. But that’s not a problem, because afterwards we’re going to offer a script for you, both in English and in German. But before we start content-wise, and I am going to tell you what we’re talking about today, we will first introduce a new team member in our podcast, and that is Momo. Hello Momo, nice to have you here today.

[Momo (they/them)] (1:41 min) Hello, thank you for having me.

[Franca (she/her)] (1:43 min) Yes, Momo, would you like to introduce yourself briefly? We already know that your name is Momo, but would you like to briefly say something about yourself, your pronouns, maybe your sexual and romantic orientation?

[Momo (they/them)] (1:55 min) Exactly, my pronouns are they/them, I identify myself as Quoi-aroace and I live in Frankfurt. I’m just going to continue talking. I live in Frankfurt and study history here at the University, at Goethe-Universität. I like to research aroace topics and that’s actually the reason why I think it’s so great to be here today and to be part of this podcast.

[Lotta (they/them)] (2:22 min) To that, I have a question. How did you hear about our podcast? Yeah, because we are always very curious when people learn something about our podcast, how you got the idea to join us.

[Momo (they/them)] (2:36 min) I don’t remember exactly if I received it via mail or Instagram, but I think it was via a social media post from the Queer Youth Centre here in Frankfurt am Main, KUSS41. I saw it either on Instagram or in the newsletter and I was really happy because I’m always happy when there is a podcast about queer topics, especially in German, which is actually a rarity. And yes, I’ve been listening to it since episode 1.

[Franca (she/her)] (3:05 min) Great! Great that you’re here now. Yes, would you like to briefly explain what role you would like to take on in the podcast in the future? What are you going to do?

[Momo (they/them)] (3:14 min) I’ve decided to work on the transcripts for the podcast episodes with you and hopefully upload them at some point, so that more people can enjoy the podcast and the content, possibly in English, if the episodes were recorded in German, or vice versa. And yeah, that’s going on right now for all past and all future episodes. I help a little bit with research as well and of course I’m here today.

[Lotta (they/them)] (3:45 min) Yes, that was nice. Welcome again officially to our team.

[Momo (they/them)] (3:48 min) Thank you very much, yes.

[Franca (she/her)] (3:50 min) Exactly, you are also there for the recording today. We’ll continue with that in a moment. So now I’m going to switch into English because the guests that we have on our podcast today also speak English. [here the English part starts] So welcome again. Yeah, what’s the topic of today, Lotta? What are we going to talk about?

[Lotta (they/them)] (4:07 min) We’re talking about a*parenting, about being ace or aro and a parent.

[Franca (she/her)] (4:12 min) Yeah, exactly. And what’s important to say, if you record a podcast on a*parenting, of course, you can record different perspectives. So we can record perspectives of people who do not want to be parents. We could record perspective of people who try to be parents, but who face different challenges because our society makes it a lot easier for allosexual and alloromantic people to become parents. But in the end, we chose to record our podcast with people who are already parents. So today we have two guests. The first one is Simon, and then we also have Carmen. So welcome on our podcast.

[Lotta (they/them)] (4:56 min) Yeah, maybe to get started, you can tell something about yourself if you want to. Maybe you, Simon, want to start. Who are you? What do you like to do? Something that people can imagine who you are.

[Simon (he/him)] (5:09 min) Sure, yeah, I prepared something. Sure. So, yeah, I’m Simon. Pronouns are he/him, aroace. I’m English, but I’ve been living here in Germany for 15 years now. I’ve been a web developer for 25 years. And for the last year and a half, I’ve been making my own science fiction podcast called Tests from the Future.

[Lotta (they/them)] (5:32 min) Very interesting. Everyone who’s listening to this podcast episode, check Simon’s podcast out as well.

[Franca (she/her)] (5:39 min) Yeah, Carmen, maybe you want to say something about yourself?

[Carmen] (5:43 min) Hello, I’m Carmen. I’m also known as Dastenna. D-A-S-T-E-N–N-A. And, well, I’m 40 years old. I’m ace and agender. And I’m white from Germany. And I’m working with the InSpektren podcast and doing the illustrations for the podcast. I was one of the people who designed the mascots for the podcast, Aaron and Acy. And yeah, and I’m illustrating for work, illustrating books and yeah, and doing archaeological drawings for for excavations. And you can find me on Facebook, Instagram, DeviantArt, and also on Patreon.

[Franca (she/her)] (6:50 min) Yeah, thank you for presenting yourself. We’re very happy to have you here. And yeah, you both have children. That’s the thing that we already know about you. But maybe you can tell us a bit more about your children, about your personal situation, maybe when did you find out for yourself that you are on the ace spectrum? Yeah, Simon, would you like to start?

[Simon (he/him)] (7:15 min) Yeah, what was the first thing? So I have one child, my son, 10 years old. My personal situation is two years ago my ex-wife and I separated and about half a year after that, that’s when I learned about what asexuality and being aromantic is. I hadn’t even heard the terms before and didn’t know what they were. So I learned about them about a year and a half ago and then a few months later recognized that about myself and so that’s made my life much nicer and easier. What were the other things you had that you asked?

[Franca (she/her)] (7:50 min) Yeah, I mean you already said that you have a child and maybe you can tell us a bit more about how you found out that you are on the a* spectrum?

[Simon (he/him)] (8:01 min) Sure. So I can’t remember the exact reason now, but sure, I searched for the word asexual. And that led to the AVEN website, and there were some simple definitions. And when I read them, it was a clear match. Like, it wasn’t confusing. I read it, it was like, oh yeah, that describes how I am and how I have been my whole adult life. But just because I hadn’t been aware of it before as a thing, I didn’t know it was a thing to be, you know?

[Lotta (they/them)] (8:30 min) Yeah, understandable.

[Franca (she/her)] (8:32 min) Yeah, I imagine it must have been difficult for you since you were already married, as you said, with your wife at that point, and you already had a child. How did it affect you?

[Simon (he/him)] (8:43 min) So I learned about it after we had separated, so about half a year after we separated, then I learned about it. Sure, looking back on my marriage, it had an effect, meaning the way I was had an effect, but I did not – hadn’t gone to counselling or the like, so I hadn’t come across the term. You know, if someone had told me about being ace, being aro, maybe I would have recognised it, would have spoken with my ex-wife about it. But as it was, I learned it all after we had separated. Since we actually did finalise our divorce, she and I have discussed it. That was nice. It cleared up a lot of things. But OK, I did not learn it soon enough. I didn’t learn it while we were married is the point.

[Franca (she/her)] (9:29 min) Yeah, thank you for sharing. Carmen, would you like to tell us a bit more about your story?

[Carmen] (9:34 min) Yeah, well, I’m a parent to one child as well. The child is 10. And I realised that I’m ace when the child was three years old. Yeah, 2016, when I was 33. And, well, it’s a bit of a hilarious story because I was researching for a story I was writing because one of the characters, well, behaved in a “strange way”. This was the way I was talking about this back then. And I wondered what’s “wrong” with him. I’m making quotation marks. So – And I stumbled across the term asexuality in German and thus I found the German AVEN forum and read through some of the topics there and thought and wondered why I remember some of these stories. They sound similar to what I’m experiencing. But well, no, no, no, that’s not me. That’s not me because I’m researching. I’m a typical heterosexual person, that’s not me. And it took a few months and some exchange with one of the administrators of the forum until I realised, oh, damn, that’s me. I was lying to myself for years. Yeah, but it took a few years until I finally accepted it. Even though I adopted the label quite early after realising it, it took a few years until I accepted it fully.

[Lotta (they/them)] (11:48 min) Yeah, I think that’s something we maybe learned from society, that asexuality is not “natural”, in quotation marks. “You need sexual attraction to be happy in your life.” I can imagine that it might be hard to accept it in the beginning. I know that from my own story as well, that first you ask yourself, why can’t I be as everyone else? And in the end, you can accept it fully, hopefully.

[Carmen] (12:15 min) The weird thing is, when I was a teenager, I didn’t have a word, but I knew that if I had the words, I would have accepted it right away, because I knew, okay, this fits. I would have known that it fits. And I was quite accepting of myself, but thanks to some unfortunate situations in my early 20’s, I began to think I was broken.

[Franca (she/her)] (12:55 min) Yeah, now you were talking a lot about your internal coming out. Maybe you can tell us a bit about, I don’t know, external coming out. Have you talked to other people? I mean, you’re very active on the a*spectrum Discord server and you’re also involved in InSpektren, another a*podcast. But what about your family, your child, maybe your parents? Did you talk to them about it?

[Carmen] (13:24 min) Not too many family members, because, well, I don’t have that much contact to my family, to my blood family, that is. To my chosen family, I have much contact. There are friends and acquaintances and people that are close to me. I’m quite open about my asexuality to them. They’re accepting. My husband is… He was one of the people I talked to quite early. He was one of the first I talked to. And he said, well, that explains a lot. But I sometimes have the impression that he tends to forget it because there is sometimes, yeah, he keeps talking to me in a way he talks to not asexual people and it’s, well, it’s a bit weird And, well, when it comes to the child, I don’t know how to address it in the proper terms yet, because the child is still 10. But I’m, well, I try to describe it when we talk about sexual orientations, love, and the other stuff. It’s sometimes a topic when we are watching movies and there are kissing scenes or scenes where people are flirting and the child and I have similar reactions. We both think of this as, “urgh, why?” [Laughter]

And the child does more explicit sounds, they say, “eww”, well, it’s a child. [Laughter]

Um, and I’m trying to explain to them that, uh, that’s completely okay to not like it. And the other way around, it’s, it’s also completely okay to like it. And if people like it, please don’t do these sounds. Please don’t. Um, but yeah. And for the moment, the child and I are accomplices in not liking sexual and romantic stuff in movies. Well.

[Franca (she/her)] (16:29 min) Very nice. Yeah, I can completely understand that it’s not easy to talk to children about that topic, especially because there are so many terms that are important and you also don’t want to confuse them. But I think, Simon, when we talked before, you said that you were already talking to your child about the topic. How did you do that?

[Simon (he/him)] (16:47 min) It was a few weeks ago. He was asking me… So it came up, we were having a conversation, it came up that he asked me basically if I wanted a new girlfriend and he was asking because his mum has a new boyfriend, yeah? And I hadn’t prepared beforehand so I didn’t really have in mind how I would discuss that I was ace or that I even would discuss it with him. So I think I did okay. I did not use the word since I didn’t think they would make much sense to him, meaning saying ace or asexual or aromantic. But I explained, so I answered his question, yeah, he said, do I want a new girlfriend? So I simply said no, but it did give a bit of explanation, which was that, so he is 10 years old, yeah, but his concept of what it means to be in a relationship, to have a boyfriend or a girlfriend or to be married, I used that framework, so I said, you know, if you’re in a relationship, then you’re really close in a way. And I do not want that, that what I want is, yeah, friendship. And he seemed to understand that. And I think, yeah, saying that what I want is friendship. I mean, he’s a child, so he knows what friends are. And I specifically told him that I don’t want a girlfriend, like how he sees other adults and other parents and such. And then he wasn’t so interested. Yeah. Like I was obviously more invested in the conversation. Uh, really he just wanted to know if I asked him afterwards the next day, uh, what aspect was he interested in? And really it was just, he wanted to know if I wanted a new girlfriend, that was it.

[Lotta (they/them)] (18:31 min) Yeah. I think children are sometimes more accepting than maybe adults because they don’t have that much of heteronormative society in them. As we grow up, we get more and more for the society. And if children grow up with that it is maybe completely normal to not have a partner or to not be in a romantic relationship, then they also think that it is okay and accept it.

[Franca (she/her)] (18:59 min) But I think it also depends on the age, because at a certain age, puberty, etc., then sometimes at school those typical heteronormative role models are rather exaggerated. I think this innocent child attitude, maybe that’s when they are younger, but at a certain point it’s very difficult also when you’re a parent, because your child has also other influences, not only at home, but of course school and other social contexts, and they are full of norms and expectations, and it’s very hard to ignore that.

[Simon (he/him)] (19:36 min) Yeah, I have that in mind because there was a, so as part of, I think, the next day, also when I was speaking with my son, I asked him if he thought, so I have a couple of friends who are also ace and we hang out a lot, and I asked him if he thought one of them was my girlfriend and I found it really sweet that he just laughed at me and said, of course not, because, okay, he picked up on our body language, he picked up on our body language, yeah, that we are not dating or the like. And that was really great. And so, okay, I have that in mind though, because sure, as he’s a teenager. So I was thinking of that now, because what if he, so I was, you know, maybe I was thinking too many levels deep. I was thinking, okay, he sees his dad hang out a lot with a woman, maybe he thinks they’re going out. And maybe when he’s a teenager, maybe he would think that, you know, that’s what I was thinking. But as a 10 year old, no, no, he doesn’t have that idea anyway. And yeah, because upon our body language, it’s clear that we’re not. So I found that really sweet.

[Lotta (they/them)] (20:33 min) Yeah, that’s a nice story.

[Franca (she/her)] (20:36 min) And yeah, maybe also something that could be interesting to talk about. Do you also talk to parents who are not a* parents? Or like, in general, is it a topic when you talk to other parents? Or are you more with your a* friends?

[Simon (he/him)] (20:51 min) I haven’t yet, like not from avoiding the subject intentionally, but it simply hasn’t come up with other parents I know, like meaning especially parents of my son’s friends. I’ve been wearing this watch band since last summer with the ace colours on it, so if any of them have recognised it, they haven’t mentioned it, so it just hasn’t come up. People I’ve spoken with, sure, other ace people of course, and also, you know, so friends of mine, who are themselves not parents, so I haven’t really spoken about it in the context of being a parent.

[Lotta (they/them)] (21:25 min) Do you know any other a*spec parents?

[Simon (he/him)] (21:29 min) No, at least not in person.

[Carmen] (21:32 min) Yeah, I do. At least one of the members of our podcast is a parent and is on both a*-specs. Referring to the question you asked Simon before, whether we’re talking about a*spec themes with other parents. Well, with this parent, definitely, because we’re working on a podcast. With other parents, it varies. With some, I’m talking about the topic because I like these people and I know I can talk openly about these things, but there are other parents who are difficult to talk to when it comes to such topics. Not that they are a*phobic or something, but they have, I don’t know how to put it in a nice way, they have small minds. Those are people who said that, well, that in lesbian couples there is a man and a wife, a man and a woman, and they have these role models, even in lesbian couples. And I said, no, no, “I know one lesbian who says this!” And I was rolling my eyes and thinking, OK, well, I don’t have to explain this to you. You won’t get it. Well, but I live in a very rural part of Germany, so the minds are sometimes a little bit small.

[Franca (she/her)] (23:32 min) Yeah. Carmen, one thing that is also interesting, you mentioned that with your husband sometimes it’s a bit difficult because maybe he seems not to think prominently about the fact that you’re on the a* spectrum. How is it with you as a couple when you, I don’t know, when you’re walking the streets, I don’t know, probably people will also read you as a heterosexual couple, I imagine. How does it affect you? Do you feel the need to talk to other people about the fact that your relationship is maybe not the way that they read it?

[Carmen] (24:09 min) Actually, yeah, I have this impulse. But we are living apart and he’s in a new relationship and I have my two cuddle buddies, as I call them. So yeah, well, I’m straight passing, definitely. But it doesn’t matter around the people. I’m well, in my bubble, it doesn’t matter, because everyone knows that I’m ace. And even if I’m cuddling with people, they know that it doesn’t mean that I’m sexually attracted to them, and they know that I’m not heterosexual. And when it comes to strangers, I don’t mind, really. If they think I’m straight, well, it would affect me more if people that are close to me think that I’m straight than when it comes to strangers.

[Franca (she/her)] (25:30 min) Yeah, maybe that’s also that changes with the time. At least for me, I think at the beginning, I didn’t care at all about the fact that many of my friends thought I was heterosexual. But then with the time you see and you realise that it’s an important part of your identity and then at least I had more this need to talk about the topic just because there was something that affected my life in many ways not only like personally but also with regards to the podcast or I don’t know other a* meetings so there are many things that I couldn’t talk about anymore if I don’t talk about my identity in that part.

[Carmen] (26:06 min) Well around my friends I – Before I was coming out, before I realised, I wanted to clarify that I’m not really heterosexual, but I didn’t know really that I wasn’t. And I didn’t know how to talk about this. I only knew that it felt uncomfortable if they thought of me as heterosexual. The moment I realised, I went out there to my friends and said, hey, did you know I realised this about me? And yeah.

[Franca (she/her)] (26:49 min) Yeah. Thank you for sharing. I would like to come back to one topic, which is maybe a bit more general. Do you remember when, for the first time, you had the wish to have children? How did this come up? And maybe now that you know about your a* identity, maybe I don’t know, would you think differently about it?

[Lotta (they/them)] (27:10 min) Because to say there are some people who say like, yeah, of course, having children is not for everyone. And I think especially on the a*spec that maybe also a lot of people who don’t have children because it’s also made harder by society, like there are a lot of disadvantages you have if you’re not one of those heteronormative couples. But still, yeah. I guess, or maybe, did you want to have children?

[Carmen] (27:40 min) Me?

[Lotta (they/them)] (27:41 min) Yeah, both of you.

[Carmen] (27:43 min) Not really. Well, it happened because I did not use contraceptives, contraceptives for females. I didn’t want to because I thought, well, why should I use hormones on my body, just in case somebody maybe wants sex with me. I didn’t like this concept, but I was not that able to articulate that it – I wasn’t that able to communicate about boundaries and things I wanted or didn’t want. So I was not courageous enough to say, please use condoms. And I knew that and I knew that it could happen and said, well, if it happens, I’m taking the consequences and raise this child. And well, some of my friends said, we are doing a good job. I’m trying my best. And the child is not responsible for me not wanting children. So well, but my husband wanted, so, well. And I’m quite lucky that that it happened with him and not with other people who were less responsible.

[Franca (she/her)] (29:36 min) I think it’s very, very touching what you just said. And also this reflects many of the fears, I would say, that many a* people have when they are in, I don’t know, relationships or when they have intimate contact to allosexual people who are maybe not that respectful or even if they try, they just cannot imagine what it means to be a* and what you think and how much you feel pressured. So that’s very honest and thank you for sharing. Simon, how was it for you?

[Simon (he/him)] (30:13 min) Until I was in my late 20’s, I had no interest in having children at all. I have four younger siblings growing up and there’s like pretty spaced out so growing up there were always these little babies around crying and smelling bad and such so I had no interest in having children at all, yeah. But then in my late 20’s, then I met my, who would become my wife, and her sister had a child. So basically then I was around some babies. I’d not been around them for more than 10 years. And so then I could see the good sides, yeah. Like, oh yeah, they can actually be nice. And it is, at least from observing other people, other parents, I could see the benefits or the good side of being a parent. Then she wanted children and then I had these good experiences and then I actually became kind of curious what would it be like to be a parent. So then in our case then we got married and then a while later we had our son and I was really, I was, sure I was nervous, of course. But then I was really looking forward to it before he was born and then once he was born I was really glad to have him and I took two years out in sight and it was really wonderful, amazing and so and it’s still wonderful now. Yeah, okay after two years I needed to go back to work. But okay, I would not have expected, I say as a child, as a teenager, in my 20’s I had no interest at all in being a parent and then just as I got older and further away from it, then I really liked the idea.

[Lotta (they/them)] (31:50 min) Yeah, that’s that’s also nice. Thank you for sharing your story.

[Simon (he/him)] (31:54 min) Oh, and um part of it was did you ask I think so anyway if I had known I was ace I don’t think I would have had a child yeah because those things I mentioned are all true, but okay, if I knew I was ace, I would have, yeah, but okay, I’m not gonna have sex, so then maybe there’s not gonna be any children. And I wasn’t so interested that I would want to, maybe now it’s different, now I’ve actually been a parent, but back then at least I had no interest in adopting or anything like that. So in that regard, I’m very glad that I did not work out I was ace until after my son was born.

[Franca (she/her)] (32:23 min) But then for you, it’s like separate, having children and your asexuality, or is it connected? Because you said, maybe if you had known that you were ace, you would not have wanted to have children. But I mean, raising a child is much more than your sexuality, I imagine.

[Simon (he/him)] (32:39 min) Of course. Of course. And actually, now that I’m older, now I actually like the idea of having another child. So now it is separate, you’re right. And just back then, then I had it linked together. But by now it is a separate thing.

[Franca (she/her)] (32:55 min) Okay. Maybe one more question since we were talking about a* parenting and maybe you also have some recommendations or some some things that you want to say to other people who might become a parents or who might become parents in general or who are already parents.

[Carmen] (33:14 min) Difficult. I don’t, I can’t think about anything, no.

[Lotta (they/them)] (33:22 min) Then maybe let’s move on to another question that will maybe lead to something like to an answer for this question also. Is there anything you wish for from maybe society or other people as parents on the a*spec? Like maybe there are some certain challenges that you have to face because you’re on the a*spec, dealing with institutions mainly, for example. Is there something that you wish for?

[Simon (he/him)] (33:52 min) To go behind the scenes, you know, you gave us some of these questions beforehand that we could prepare. And this was one where I, so far at least, I can’t think of anything because, okay, right now I’m a, not a single parent, you know, I’m sharing custody with my son, but that would be more the kind of thing where, okay, if you’re, you know, okay, various like schools or doctors assume that I live with his mom, stuff like that. But that’s more, that’s just being divorced. That’s nothing to do with being ace. So I couldn’t actually think of anything – I couldn’t think of anything in response to your question.

[Lotta (they/them)] (34:23 min) I mean, that’s maybe also something good if you don’t have an answer to that question, because that might mean that you don’t experience so many disadvantages because of being on the a*spec and a parent.

[Simon (he/him)] (34:38 min) I mean, in my daily life, it doesn’t come up. I mean, I’ve read online and I understand this can be a thing in the world that some people, it’s a big part, so meaning sexuality and romantic relationships, that that’s a big part of their daily conversation and people have expectations of them and all kinds of things like that. So if that was the case, I can imagine it being more of an issue. And at least in my life, my whole life, not just the last couple of years or the last year, rather, since I learned I was ace. It’s never been a big topic of conversation. And this is sure, this is a difference of me being a man, I know, compared to being a woman. Basically, no one had expectations on me. My parents, you know, society, they weren’t like saying, hey, you need to get married, you need to have a child, anything like that. So, because those things have never, they weren’t a part of my life before and they haven’t become a part of my life now.

[Franca (she/her)] (35:23 min) I think having children is more about only the sexuality, but it’s a lot more like institutional conditions that facilitate it or that make it more difficult. The question like, what happens if your child comes to elementary school in Germany and you’re working 40 hours per week? How is that possible to combine? And maybe that’s not that much related to the sexuality. That’s true. Maybe we could record another podcast episode about having children in general in our patriarchal society today. But I think it’s interesting to see that you personally, like if you only regard the sexuality aspect or the fact that you’re on the a*spec, that this doesn’t affect you as a*parents that much.

[Simon (he/him)] (36:05 min) So I don’t think I said so far, so I’m sharing custody of my son 50-50, so he’s with me three days a week and then with his mum three days a week, back and forth. And similar to actually when I was on parental leave, as you were mentioning expectations or patriarchal expectations basically it was seen as somehow a special thing that I had taken so much parental leave and now also that I’m looking after, being a parent to him, so the expectation at least still is a lot that in the case of divorced parents maybe that the children will be with the mum most of the time and just with the dad on weekends or every other weekend or stuff like that so definitely for me it’s been easier because I’m – basically, the expectations are so low. That’s why it’s been so easy on me. So sure, I work a 40-hour week, but since March 2020, so since Covid, I’ve been able to work from home. And that’s made things much easier. So then when he comes home from school, I can be here. I don’t need to sort out childcare or anything like that. So that made a big difference as well.

[Lotta (they/them)] (37:11 min) Yes, that’s maybe something that is not so much connected to the a*spec, I suppose. But being a single parent, yeah, and especially male-read by society.

[Franca (she/her)] (37:23 min) Yeah, okay, I think we’ve been talking quite a while. And maybe to come to an end of this conversation, I would like to ask you, what was the most remarkable thing that you’ve been listening to while we were talking about the topic, or what is your takeaway from our conversation? Or is there anything else you want to add, you want to talk about?

[Carmen] (37:49 min) When we were preparing for this episode, I mentioned something that made me realise, that helped me better realising that I’m ace and that was connected to me being a parent. You remember that? And I wanted to add this because I think it’s important because many people don’t know the difference between physical arousal and being, yeah being attracted to a person or wanting sex with a person and I was one of these people I really believe that okay the body reacts that means I have to have sex and well, I felt not good because my husband or former partners weren’t getting that much sex from me.

And I thought, well, okay, my body reacts, I have to give it to them. And what made me realise a little bit that this connection is not always there was when I was breastfeeding. Because, well, if you breastfeed a child, then the body down there reacts as well. It’s reacting with physical arousal. You cannot do anything about it. Back then, I thought, oh well, my body reacts. What does this mean?

And I remembered a TV show I saw as a teenager where they were talking about, it was about a couple. And he was accused of being a child molester because, well, a child was sitting on his lap and playing and his body reacted. And he couldn’t do anything about it, and he was terrified, and his wife accused him of being interested in this child, and the moderator explained that there’s a difference, that physical arousal doesn’t mean that you want sex. She talked about breastfeeding as well, and that it can happen with breastfeeding, and well, while I was breastfeeding my child, I remembered, oh, okay, yeah, there was something. And this helped me a little bit more later, three years later, when I found out that I was ace, because I was questioning a lot. I didn’t want to believe it. I wanted to remain in this, well, quotation marks, “normal” life.

And then I thought about everything that happened in my life that was related to sexuality, and I remembered this as well. So, okay, if your body reacted, just reacted, and you didn’t want sex back then, what about all the other situations? And I thought of every situation I could remember when I thought I wanted sex. And I realised, oh, well, I read a scene in a book, and my body reacted, and I thought, oh, I have to. And it was never because I was attracted to a person. Well, this helped a lot. This really helped a lot.

And this is a reason why I love these videos from Emily Nagoski, I guess, she’s called. She made some TED talks about arousal non-concordance. You can find this, for example, on embracesexualwellness.com. And Emily Nagoski, made a TED talk about this. Yeah, Emily Nagoski, The Truth About Unwanted Arousal. It’s a TED talk and it can be found on YouTube. I guess this is really helpful not only for asexual people.

[Lotta (they/them)] (43:14 min) Yeah, I think that’s a very important topic you talked about. And it’s something many people don’t know, that there is a difference between maybe how your body reacts to something and your sexual desire that you’re experiencing, or maybe you’re not experiencing that. And that’s maybe also a very good example of how parenting affects what you know about yourself and how you maybe find out more about yourself and are aware of what you actually want.

[Carmen] (43:44 min) Yeah, if I wasn’t a parent, it would have taken me longer, I guess. A lot.

[Simon (he/him)] (43:53 min) So I did not obviously have that physical reaction, but the thing that I was remembering now, so I looked into asexuality, I mentioned right at the start, yeah, that I searched for the word and that’s how I found the definition. And I remember now why I started even looking for it, was basically that as a part of separating from my ex-wife, that I basically just made a list for myself, what do I want from a relationship. And when I made that list, there was nothing in there that was romantic or sexual in any way. It was basically a list of things that I want to do with my friends. And at the time I thought, okay, I’m just really upset about you know, getting separated. So I thought, okay, but in a few months, a year or whatever, I’ll be able to add to that list some romantic things, whatever. So I did not. And I think that now I remember that was the thing that made me look more into it.

[Franca (she/her)] (44:41 min) Thank you for sharing. Yeah, I think now we have come to the end of the interview. So if you have any comments, if you want to add anything, you can do that.

[Simon (he/him)] (44:53 min) Just another thing. It would make sense when talking about things we want for our children from school. So specifically I want my son to know, to know about asexually and aromantic, yeah, because I didn’t know about that at all until I was 39. And had I known it earlier, that would have been pretty helpful. So especially if he is either or both of those things, but even if he’s not, you know, just that he knows about them, that friends of his or the world in general, but especially if he is, I want him to know what they are. Not that he needs to be mixed up for, yeah.

[Franca (she/her)] (45:25 min) Yeah, that’s very important what you’re mentioning, like education and school. And unfortunately, in the normal school lessons, there is not a lot of diversity with regard to sexual orientation or gender identity. There are some projects, I’m active in one of these projects where we go to school and implement workshops and talk to children about these topics. But still, of course, we don’t reach all schools and there is a lot of education needed and yeah hopefully maybe in the next years also with social media i always hope that there is more information coming to the children as well so that they know some of the terms at least when i’m in the schools and i ask like have you ever heard about asexuality aromanticism, aromanticism not that much but asexuality is now a term that many have heard at least of course they don’t have the correct idea about it and they have a lot of stereotypes and like “this is like people don’t want to have sex” something like that and i always correct it but at least they have heard about it and it’s not a complete weird and new concept so i think there is hope.

[Lotta (they/them)] (46:29 min) There’s yeah that’s very nice for it to say for the end there’s – there’s hope and there’s progress

[Carmen] (46:51 min) May I ask what age groups you’re talking about? Fifth class up? Or how old are these kids?

[Franca (she/her)] (47:04 min) Yeah, we’re only allowed to implement the workshops from the 8th grade to 12th or 13th grade in Germany, so from the age of 14 to maybe 19, 20 maximum. We also wanted to do it earlier, but since the project is funded by the Bundesland Hessen, there are some regulations that we have to follow, there are some Qualitätsstandards, and one of them is that we’re not allowed to do it when they’re not 14 years old.

[Lotta (they/them)] (47:35 min) Because they might be afraid that children get sexualized or something, or learn too much about sexuality?

[Franca (she/her)] (47:42 min) I don’t know if it’s that they are specifically afraid, or if it’s only that they’re afraid by the reaction of the parents. Because that’s mostly the problem. Also, there is sex-ed, for example, often 6th grade already. And I’ve talked to some teachers and they say it’s horrible because parents are always like, no, but you cannot talk to children about these topics and you’re taking like influence. So there’s a lot of fight.

[Simon (he/him)] (48:07 min) I mean, that’s where TV and films are helpful. Because, okay, at least right now, you can’t legally, in schools, I mean, like you’re saying, you can’t teach it, or teach about it, rather. But last week at Nippon Connection, I saw a film called I Am What I Am. I mean, okay, it’s a film for adults, not for kids. But that was a film, and there are other TV shows and such where it’s not an educational thing, yeah, but the characters themselves are ace or aro. And so then, okay, when kids watch those shows, they know about things. I don’t know about any German shows yet, but least I know of that.

[Franca (she/her)] (48:40 min) I mean, it also doesn’t make sense to say that if you don’t have queer education, then there is no education because there’s always education. It’s always heteronormative education. So if you add queer aspects, it’s just like a complete picture. And it’s not taking influence because influence is taken anyway.

[Carmen] (49:02 min) By kindergarten and school, by other adults. In TV, yeah. Ah, this is a difficult discussion, yeah. And I want to add something before you forget it. People who are afraid that kids in their early teens, like 10, 11, 12, get information about sexuality and are quotation marks “sexualized”, forget that that is the age where most people first realise what sexual orientation they have. So, I mean, I was 12 when I realised that something was different about me. And if I had a word back then, I would have known that I was neither bisexual, nor homosexual, nor heterosexual. And I know people who knew this way earlier.

[Franca (she/her)] (50:14 min) Yeah, it’s true. I mean, children are questioning anyway. And if you don’t give them the words, then they just don’t have the options to tick for them. So that’s very, very important. Not only by parents, but also by school, by books, by any form of education that is implemented in the society.

[Lotta (they/them)] (50:41 min) Okay, then I think we’ll maybe stop the recording right now. It was very nice having you as guests. Thank you for sharing your stories and for being so with us.

[Simon (he/him)] (50:52 min) Thanks very much.

[Franca (she/her)] (50:53 min) Yeah, then have a nice day, both of you. Thank you for your time. Thank you for waking up early.

[Lotta (they/them)] (50:58 min) Yes.

[Music] [The next part is originally in German]

[Lotta (they/them)] (51:09 min) We talked about different aspects of the topic of a*parenting, such as being a*spec and having children. And, as always, after the actual content of the episode, we’ll talk briefly about what we actually learned. Franca, what are you thinking about right now?

[Franca (she/her)] (51:26 min) Well, I have to say, there are actually a few things going on in my head right now. It was a super inspiring conversation and also different perspectives. Above all, it was also a topic with which I personally am not really in contact now, because it has not played a role for me yet. But I think the aspect that will probably stay in my memory for the longest time was when Carmen told me how much pressure had been put on Carmen at the time when Carmen may not have been able to say no yet in some situations. On the one hand, this desire not to contracept by hormones which I can totally understand. But at the same time, you have to tell your partner that you have to use condoms and that it’s really difficult to get over it. I found that very intense. That’s what Carmen also told me, to deal with the consequences.  “Okay, I’m actually ready to take the consequences and then have a child.” That moved me a lot, and I think it also shows the pressure on a* persons in relationships or in any intimate situations, when an allo-person is there, who may not yet completely know what asexuality or aromanticism actually means. And even if the person knows what it means, it doesn’t mean for a long time that there is actually the trust to be able to demand something like that, to have a condom.

[Lotta (they/them)] (53:02 min) Yes, that’s definitely an impressive point. I’m sure I’ll think about that for a long time. Alan, what about you? What did you take away from the conversation today?

[Alan (he/him)] (53:13 min) I think especially about the question of how to talk to your child about asexuality and aromanticism. And also the thought that maybe heterosexual couples don’t have to think about it at all. That it might be better if all people with their children would generally talk about queer topics or asexuality and aromanticism. Because that would give the children a better, maybe a more complete view of the world, that they understand other people better, that they understand themselves better, that people are no longer 20, 30, 40 or even older before they know that they are asexual, that people don’t have to think for ages, “is something wrong with me, what’s going on with me?” So just that generally to talk to children about it, even if you are asexual yourself, could be very helpful.

[Lotta (they/them)] (54:07 min) Yes, it would definitely be nice if there was more awareness. Momo, what are you thinking right now?

[Momo (they/them)] (54:11 min) Yes, I can actually only agree directly, especially when it comes to the differences between attraction and erection towards the end, or also about school lessons, sexual education lessons, it occurred to me, or it became clear to me again, how much asexuality and aromanticism in school, especially for younger children in the 6th grade onwards, can give a special, valuable perspective on biology, on sexualities. Basically, asexuality could be seen as the proof that there is this separation at all. So I mean the existence of asexual people. And that would be a great point to include such a topic in the lesson. Because that in itself is not a suggestion that someone has to be asexual. But would be a relatively factual explanation of the whole thing. I find that very exciting. It inspired me.

[Lotta (they/them)] (55:24 min) Thank you very much for your assessment and your reflections on our topic today. And now, of course, we have our piece of cake, as always, and this time Momo has brought it to you.

[Momo (they/them)] (55:36 min) Exactly. Before we recorded the interview, I dealt with scientific literature on the topic of asexual parenting or aromantic parenting. I have actually found a lot that moves in this big cosmos. But what I particularly noticed is the text Asexuality and its Implications for LGBTQ Parent Families by PhD Megan Carroll from the California State University. Megan Carroll is a person who speaks a lot about asexuality in English published, so it’s very interesting to look for the name. The text itself deals with the scientific status to this day and refers to the potential that research has in this area. Unfortunately, there is not a lot of research that has taken place, but this text not only very well summarises the scientific status of asexuality in itself, which is a great achievement, it also works intersectionally, with class, race and the like, and asks a lot of critical questions. And I’m very excited about that. It’s a bit of a longer text, with a bit of scientific content, so 32 pages. But I can really recommend reading it, and I think we can also link it in the show notes.

[Lotta (they/them)] (57:01 min) Yes, exactly, we can do that. I’ll link them for you, so you can find them. Yes, thank you very much. That’s it for today. We had a lot of fun recording this. I hope you did as well. See you soon!

[Franca (she/her)] (57:17 min) And feel free to contact us if you are a* parents yourself or would like to be in the future or not. Feel free to contact us, give us feedback. We’re always happy to hear your comments and your messages. See you next time!

[Everyone] (57:27 min) Bye!

01 – Romantische Beziehungen – so what?

TW: In der ganzen Folge werden immer wieder amatonormative Vorstellungen besprochen und arofeindliche Aussagen benannt. Falls eine Stelle fehlt, die wir hier auch angeben sollen, könnt ihr euch gerne bei uns melden, z. B. per Mail unter acearoundthecake@gmail.com.

0:05-0:30 min Amatonormativität

2:00-3:00 min Amatonormativität

10:00-11:20 min Amatonormativität

12:18-12:44 min Amatonormativität

17:20-17:45 min Amatonormativität

22:25-23:15 min Druck, Kinder bekommen zu müssen

23:35-24:00 min Arofeindlichkeit

25:30-26:00 min Ängste aromantischer Personen

27:18-30:28 min Amatonormativität

31:33-32:30 min Rechtliche Nachteile aromantischer Personen

37:10-38:32 min gesellschaftliche Hierarchisierung verschiedener Beziehungsformen & Amatonormativität

[Franca (sie/ihr)] (0:05 min) Es gibt ja auch einfach dieses Sprichwort, dass man in der Liebe irgendwo seine zweite Hälfte findet.

[Lea (sie/ihr)] (0:10 min) Das war tatsächlich die Angst vor Einsamkeit.

[Alan (er/ihm)] (0:14 min) Ich finde es interessant, dass von uns einerseits allen erwartet wird, eine Beziehung zu führen, aber eben nur eine monogame, heterosexuelle und heteroromantische Beziehung.

[Lotta (en/they)] (0:25 min) Interessant daran ist eigentlich, und das ist paradox auch, dass das Heiraten aus Liebe eigentlich noch ziemlich jung ist.

[Musik]

Willkommen! Und herzlich willkommen zu unserer ersten Folge von ACE AROund the Cake, dem Podcast von und für a*-Menschen. Ich bin Lotta, [alte Pronomen] und ich identifiziere mich als asexuell; alloromantisch.

[Franca (sie/ihr)] (0:51 min) Und ich bin Franka, meine Pronomen sind sie/ihr und ich bin asexuell und heteroromantisch.

[Alan (er/ihm)] (0:56 min) Ich bin Alan, meine Pronomen sind er/ihm und Ich bin asexuell und queer. Wir alle sind able-bodied und weiß. In diesem Podcast besprechen wir verschiedene a*-Themen, von denen wir das Gefühl haben, dass sie in der gesellschaftlichen Debatte häufig zu kurz kommen.

[Franca (sie/ihr)] (1:16 min) Dies ist die erste Folge unseres Podcasts und wir haben uns tatsächlich gleich am Anfang schon echt ein relativ großes Thema ausgesucht. Und zwar wollen wir mit euch nämlich über verschiedene Formen von Beziehungen sprechen und darüber, welche Perspektive a*-Menschen auf dieses Thema haben können. Und ja, als wir uns zum ersten Mal getroffen haben, um diese Podcast-Folge zu planen, da ist uns dann schon relativ bald aufgefallen, dass eine einzige Folge vermutlich nicht ausreichen wird, um die vielen verschiedenen Aspekte rund um das Thema Beziehung zu besprechen. Deshalb wollen wir uns heute vor allem auf die Perspektive aromantischer Menschen, auf dieses gesellschaftliche Konzept fokussieren und haben uns dazu auch eine Gästin eingeladen, und zwar die liebe Lea, die wir dann später noch kennenlernen. Aber bevor wir uns das Interview mit Lea anhören, Alan, wollte ich dich mal fragen, warum reden wir eigentlich über Beziehung? Welche Relevanz hat das?

[Alan (er/ihm)] (2:02 min) Viele Leute denken vielleicht, wenn du asexuell oder aromatisch bist, dann ist das Thema Beziehung für dich sowieso nicht wichtig. Aber es gibt eben auch diese starke gesellschaftliche Erwartung, dass wir alle irgendwann mit einer Person eine Beziehung führen sollten oder dass wir es alle auch wollen.

[Lotta (en/they)] (2:16 min) Ja, ich denke gerade a*-Menschen müssen sich häufig mit diesem Thema auseinandersetzen oder werden oft mit dieser Frage konfrontiert, warum sie denn noch keine Beziehung führen. Also viele von euch Zuhörer*innen kennen bestimmt auch die Situation, dass Eltern oder Großeltern fragen, ob ihr denn schon jemanden kennengelernt habt und ihr dann genau wisst, okay, sie beziehen sich jetzt gerade nicht auf irgendeine neue beste Freundin oder einen neuen besten Freund.

[Franca (sie/ihr)] (2:41 min) Ja, und selbst wenn ihr das Glück habt, nicht aufgrund von eurem Freund*innenkreis oder Familienkreis ständig über das Thema Beziehung nachdenken zu müssen, dann kennen wir das doch auch alle, dass wir ständig durch Filme oder Bücher oder andere Medien darauf aufmerksam gemacht werden, wie toll es doch ist, eine Beziehung zu führen.

[Alan (er/ihm)] (3:00 min) Bevor wir jetzt ins Interview einsteigen, haben wir noch ein paar spannende Hintergrundinfos zum gesellschaftlichen Umgang mit Beziehungen rausgesucht.

[Lotta (en/they)] (3:08 min) Genau, da wollte ich auch noch kurz einen Exkurs auf die geschichtliche Perspektive geben, denn früher war das eben so, Heiraten ist nicht gleich Liebe. Und das ist ja irgendwie ein großer Unterschied zu heute, denke ich, weil heute, wenn wir über die Heirat nachdenken oder über Beziehungen, dann ist ja eigentlich die Heirat so der Höhepunkt einer Beziehung für viele. Und nach der gesellschaftlichen Norm und Ideologie soll das ja auch eine Heirat aus Liebe sein. Und wenn wir uns mal umschauen, so Stichwort Valentinstag beispielsweise, dann gibt es ja eine komplette Industrie, die daran so arbeitet, dass dann auch das Verliebtsein und später dann der Tag der Heirat so zum schönsten Tag natürlich des Paares wird. Oder suggeriert dies eben zumindest, dass es der schönste Tag werden könnte. Und damit wird auch eine ganze Menge Geld verdient, um ehrlich zu sein. Und trotzdem, obwohl das ja auch viele Menschen wissen, gehört die Heirat für die meisten Menschen eben einfach zu einer Beziehung dazu, denn das ist so der höchste Ausdruck der Liebe und das absolute Versprechen, sich auf immer und ewig treu zu bleiben. Und ja, zu erklären, dass das jetzt eigentlich auf mehreren Ebenen eher absurd ist als der Realität entsprechend, würde jetzt den Rahmen aber sprengen.

[Franca (sie/ihr)] (4:18 min) Aber ich glaube, es ist trotzdem spannend zu sehen, dass es eben für viele Menschen immer noch so eine unglaubliche Traumvorstellung ist und dass die Menschen sich vielleicht auch gar nicht bewusst sind, dass es eben auch dieses gesellschaftliche Konstrukt dahinter gibt. Also ich erinnere mich nur, wir haben in der Oberstufe damals und in der Schule, wir haben immer in den Pausen, haben wir immer das perfekte Hochzeitskleid oder die perfekte Hochzeit, diese Sendung geguckt. Natürlich fanden wir das jetzt auch nicht alle irgendwie so, dass das jetzt unser Traum war. Aber es gab da ein paar, die da so begeistert von waren und das richtig toll fanden, sich das vorzustellen, wie dieser eine Tag, wie schön dieser Tag im Leben dann wird. Also ich glaube, es spielt schon auch echt eine große Rolle für junge Menschen.

[Lotta (en/they)] (4:55 min) Ja, kann ich mir schon gut vorstellen. Und das Interessante daran ist eigentlich, oder das Paradoxe auch, dass das Heiraten aus Liebe eigentlich noch ziemlich jung ist. Denn erst seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde so die Liebesheirat zur Norm. Also, dass man aus Liebe und eben nur aus Liebe heiraten sollte. Und alles andere war dann auch unmoralisch. Und ich würde sagen, eigentlich ist es ja immer noch so, dass so das Erstrebenswerte ist, aus Liebe zu heiraten. Wenn du anderen erzählst, dass du aus finanziellen Gründen heiratest, wirst du eher schräg angeguckt, denke ich. Das ist ziemlich absurd, denn früher war das ganz anders. In der Antike beispielsweise. Lange ist das jetzt schon her. Heiratete man eben nicht aus Liebe, sondern aus Pflicht. Also das war eine Pflicht tatsächlich und Liebe war sowieso eher so eine geistige und intellektuelle Verbindung und tatsächlich nur den Männern untereinander vorbehalten. Also wenn du dir das mal überlegst, so wie Heute, wo man dann auch so lange dafür kämpfen muss, dass zum Beispiel auch zwei Männer oder zwei Frauen heiraten dürfen und dass man da auch die Liebe anerkennt und sagt, das ist Liebe und das ist was Normales. Und früher war das tatsächlich den Männern einfach nur vorbehalten. Also die Liebe zwischen Mann und Frau existierte eigentlich nicht oder sollte zumindest nicht existieren. Aber heiraten muss man eben trotzdem, denn man muss ja auch irgendwie Nachkommen bekommen. Und das kam dann auch so nach Europa ab 300 nach Christus etwa, weil da breitete sich so der christliche Glaube dann in Europa aus. Und damit dann eben auch eine neue Vorstellung und zwar, dass die Liebe nur Gott gelten kann. Und das sexuelle Begehren waren dann auch eigentlich auch teuflische Triebe und strikt von der Liebe zu trennen. Also das sexuelle Begehren war was, das machst du auch, um Nachkommen zu zeugen und hat auch nichts mit Liebe zu tun. Weil man eben diese Nachkommen zeugen muss und dafür die Zustimmung Gottes braucht, die durch die Segnung der Heirat ausgedrückt wurde, ist man eben diese Heirat eingegangen. Jahrhunderte später war ja auch in der Oberschicht die Heirat vor allem noch ein politisches Instrument. Man heiratete diese oder jene Person und sicherte sich dadurch Macht, Reichtum oder politischen Einfluss. Also mit Liebe hatte das nichts zu tun, außer vielleicht mit Liebe zum eigenen Wohlstand. Denn wer heiratete, wurde vor allem strategisch ausgewählt. Und diese Art der Heirat wird auch als Vernunft-Ehe bezeichnet. Das ist dann quasi der Gegenbegriff zur Liebesheirat.

[Franca (sie/ihr)] (7:22 min) Ich finde es irgendwie voll spannend, dass nach diesen Begriffen Liebe ja eigentlich eher das Gegenteil von Vernunft ist.

[Lotta (en/they)] (7:28 min) Ja, ich meine, weil da eben durch die Hormone so einiges durcheinander gerät. Vielleicht macht der Begriff also durchaus Sinn. Aber auf jeden Fall war das eben damals so. Und unsere heutige Form der Liebesbeziehung als Norm stammt eben, wie gesagt, dann aus dem 19. Jahrhundert und etablierte sich dann im Zuge der fortgeschrittenen Industrialisierung auch. Weil im Zeitalter der Romantik, das dann ja vor allem in Büchern und Geschichten, die Liebe so als Ideal gepriesen wurde. Das kennen wir ja auch bestimmt aus den ein oder anderen Jugendromanen, die es da im Regal gibt. Also ich weiß nicht, wie viele unzählige typische, in Anführungszeichen, Mädchenromane es auch gibt mit Prinzessinnen, sonst was, wo alles immer sich nur um die Liebe dreht. Und so wurde das eben auch nach und nach von der Gesellschaft dann übernommen. In Zeiten von großer Unsicherheit, beispielsweise nach den Weltkriegen, zeigte sich aber auch, dass die Ehe vor allem Sicherheit gab und auch deshalb eingegangen wurde. Diese romantisierte Sehnsucht nach der Liebesbeziehung mit der Heirat als Höhepunkt überdauerte es aber alles und existiert ja bis heute.

[Alan (er/ihm)] (8:31 min) Ich finde es sehr interessant, wie hier wieder deutlich wird, wie selbstverständlich wir bestimmte Konzepte finden, die aber eigentlich gar nicht so lange existieren.

[Lotta (en/they)] (8:43 min) Ja, apropos Konzepte. Franca, du hast doch letztens erzählt, dass du in deinem Auslandssemester in Schweden dafür ein ziemlich passendes Wort gelernt hast.

[Franca (sie/ihr)] (8:51 min) Oh ja, stimmt. Das Wort, was Lotta da gerade meint, ist tvåsamhetsnormen. Also praktisch auf Englisch Togetherness-Norm oder auf Deutsch auch Zweisamkeits-Norm. Und genau, vielleicht kennt ihr ja auch diesen Begriff Amatonormativität, wenn ihr den Begriff tvåsamhetsnormen noch nicht gehört habt, weil Amatonormativität wurde tatsächlich von Elizabeth Brake geprägt und sie definiert diesen Begriff als “widespread assumption that everyone is better off in an exclusive, romantic, long-term, coupled relationship and that everyone is seeking such a relationship.” Und ich übersetze das nochmal kurz für euch. Also für sie ist Amatonormativität die allgemeine Annahme, dass es für alle Personen auf dieser Welt am schönsten ist, eine monogame, romantische, feste Beziehung zu führen und dass auch jede von uns sich nach dieser Beziehung sehnt.

[Lotta (en/they)] (9:43 min) Ja, ganz genau so ist es. (/i)

[Franca (sie/ihr)] (9:45 min) Ich merke schon, ihr habt rausgehört, ich habe ein bisschen versucht, meine Stimme ironisch klingen zu lassen. Ja, ich finde, wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, dann klingt es schon ziemlich heftig, aber gleichzeitig wird einem dann eben auch klar, dass unsere Gesellschaft letztlich auf genau diesem Gedanken basiert, dass wir nämlich eigentlich alle am besten dran sind, wenn wir es in irgendeiner Form geschafft haben, in einer festen Beziehung zu leben. Also ich glaube, gerade Personen, die eine Weile Single waren und in keiner Beziehung gelebt haben und dann aber eine Beziehung haben, können das sehr gut nachvollziehen, weil einfach der Umgang anderer Menschen mit einem tatsächlich ganz anders sein kann, weil man in bestimmten Gesprächen auf einmal mitreden kann, also in Anführungszeichen mitreden kann, den man vorher vielleicht nicht mitreden konnte. Also diese gesellschaftliche Konstruktbeziehung ist schon sehr, sehr relevant in bestimmten Gesprächen, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ja, und da kommt dann auch immer so ein bisschen dieser Gedanke auf das Single-Sein, eigentlich eher als begrenzte Phase zwischen zwei Beziehungen gesehen wird, aber eben auch als eine Phase, die dann irgendwann vorbeigeht, und nicht als eigenständiger, valider Lebensentwurf.

[Lotta (en/they)] (10:51 min) Ja, ich find das ziemlich krass, weil das wirkt ja irgendwie so, als wärst du als Single nicht ganz komplett. Also, als müsstest du immer nach etwas Weiterem suchen. Und wenn du dann diese Person irgendwann gefunden hast und in der Beziehung bist, dann hast du’s, ja, wie du gesagt hast, endlich geschafft. Dann bist du plötzlich so ein ganzer Mensch, ich weiß nicht, oder so komplett auf jeden Fall.

[Franca (sie/ihr)] (11:10 min) Ja, absolut. Es gibt ja auch einfach dieses Sprichwort, dass man in der Liebe irgendwo seine zweite Hälfte findet. Und wie du schon gesagt hast, ich finde es absurd, weil es suggeriert, dass man eben ohne Partner nicht komplett ist. Und wir sollten doch eigentlich alle versuchen, eigenständige Menschen zu sein, die nicht auf andere Menschen angewiesen sind.

[Lotta (en/they)] (11:24 min) Ja, ich finde das Wort ziemlich gut. Ich bin ein großer Fan davon, glaube ich.

[Franca (sie/ihr)] (11:26 min) Ja, vielleicht gibt es auch ein paar Leute von euch, die sich fragen, warum wir denn jetzt schon wieder mit einem neuen Wort kommen oder sogar mit mehreren Wörtern. Weil eigentlich gibt es ja auf dem a*-Spektrum auch einfach schon sehr, sehr viele Begriffe, und das stimmt natürlich, und es ist natürlich auch nicht immer leicht, die ganzen Begriffe auseinanderzuhalten, aber ich glaube, dass diese Begriffe, oder jetzt spezifisch auch tvåsamhetsnormen, uns auch helfen können, sich klarzumachen, dass wir eben diese Zweisamkeit als gesellschaftliche Norm betrachten, aber dass dies eben auch nicht so sein muss. Also, dass es genauso normal sein kann, keine Beziehung zu führen, oder eben auch eine nicht romantische oder nicht sexuelle Beziehung zu führen. Das bedeutet, dass Amatonormativität, beziehungsweise tvåsamhetsnormen auf Schwedisch, uns letztlich hilft, sich selbst bewusst zu machen, dass es sich dabei lediglich um eine konstruierte Normativität handelt und nicht um eine vorhandene Normativität.

[Alan (er/ihm)] (12:18 min) Trotzdem gibt es immer noch steuerliche und auch gesellschaftliche Vorteile, die eine solche Beziehung mit sich bringt. Zum Beispiel dürfen bei Entscheidungsunfähigkeit nur Ehepartner und biologisch Familienangehörige medizinische Entscheidungen zum Beispiel treffen, egal wie nah oder auch nicht nah sie der betroffenen Person stehen, während enge Freunde oder Lebenspartner, die der betroffenen Person vielleicht viel näher stehen, gar nicht berücksichtigt werden.

[Lotta (en/they)] (12:44 min) Das erinnert mich jetzt wieder ein bisschen an die Vernunftehe tatsächlich. Also wenn du beispielsweise schon heiraten musst, damit du im Falle eines Unfalls beispielsweise oder bei was auch immer, dann entscheiden kannst für die Person, die dir so wichtig ist. Und wenn du jetzt jahrelang zusammen bist und die Person ist dir super wichtig, aber du bist halt nicht verheiratet, dann kannst du da gar nichts ausrichten, obwohl du vielleicht noch am besten weißt, was für deine Partnerin oder dein Partner, was der Wunsch der Person war.

[Alan (er/ihm)] (13:14 min) Und die Entscheidungen werden dann eventuell von Eltern oder Geschwistern getroffen, die die Person seit Jahren nicht gesehen hat oder die Person auch gar nicht mehr so gut kennen.

[Franca (sie/ihr)] (13:22 min) Ja, stimmt. Und das erinnert mich auch an eine Geschichte, die meine Mutter mir immer erzählt hat. Und zwar hat sie erzählt, dass sie nämlich bis sie 30 geworden ist, sich absolut nicht vorstellen konnte zu heiraten. Weil sie nämlich immer das Gefühl hatte, dass viele Leute letztlich nur aus dem Grund heiraten, um irgendwie sicherzustellen, dass sie eben auch tatsächlich für immer zusammenbleiben werden. Und sie wollte eben nicht heiraten, weil sie für sich selber und anderen zeigen wollte, dass man eben auch zusammen sein kann, ohne diesen gesellschaftlichen Heiratsvertrag zu unterschreiben. Aber irgendwann wollten meine Eltern dann eben Kinder bekommen. Und nun ja, meine Mutter war dann leider zu diesem Zeitpunkt sehr krank, sodass sie eben auch dachte, dass sie selber auf natürliche Weise keine Kinder bekommen kann, sondern dass sie eben eine künstliche Befruchtung durchführen musste, um Kinder zu bekommen. Aber damals war eben die Regelung so, dass man für eine künstliche Befruchtung tatsächlich heiraten musste. Also ohne Heirat hätte sie effektiv keine Kinder bekommen können. Am Ende hat es dann tatsächlich auch so geklappt, also sie war dann sehr, sehr glücklich, dass sie eben doch Kinder bekommen konnte, ohne die künstliche Befruchtung durchzuführen. Aber sie erzählt mir das halt immer noch und ich finde das schon echt krass so zu sehen, dass sie halt damals wirklich letztlich hätte heiraten müssen, einfach um Kinder bekommen zu können.

[Lotta (en/they)] (14:38 min) Ich finde das echt heftig, also es ist schon ziemlich ungerecht, wenn man da mal so richtig drüber nachdenkt.

[Alan (er/ihm)] (14:43 min) Und auch heute genießen verheiratete Paare in Deutschland immer noch diverse Vorteile gegenüber unverheirateten Paaren oder anderen Formen von Beziehungen. Zum Beispiel Ehegattensplitting oder Witwenrente. Das zeigt immer noch, dass es trotzdem immer noch staatlich erwünscht ist, dass wenn zwei Menschen in einer Beziehung sind, sie irgendwann heiraten. Aber bevor wir jetzt zu sehr in die Ehe als gesellschaftliche Institution einsteigen, wollen wir doch lieber nochmal darauf blicken, wie wir in unserem Alltag mit dieser Norm konfrontiert werden. Und dafür haben wir uns, wie angekündigt, eine Gästin eingeladen, nämlich Lea. Und das Interview wollen wir zusammen mal anhören.

[Musik]

[Franca (sie/ihr)] (15:29 min) Hallo Lea, schön, dass du heute bei uns im Podcast bist. Wir haben uns heute vorgenommen, über Aromantik und Beziehungen zu sprechen. Und ja, ich würde dich erst mal fragen, wie geht’s dir heute?

[Lea (sie/ihr)] (15:40 min) Hallo, danke, dass ich dabei sein darf. Mir geht’s eigentlich ganz gut. Also ehrlich gesagt, ein bisschen aufgeregt. Ich war noch nie in nem Podcast. Aber sonst geht’s gut.

[Franca (sie/ihr)] (15:47 min) Ja, das freut mich auf jeden Fall. Wir haben heute auch noch Lotta dabei und Alan dabei. Wie geht’s euch?

[Lotta (en/they)] (15:55 min) Soweit alles okay, würde ich sagen.

[Alan (er/ihm)] (15:58 min) Ja, bei mir auch.

[Franca (sie/ihr)] (15:59 min) Okay, super. Ja, dann, Lea, würde ich dich mal kurz bitten, dich vorzustellen und dabei vielleicht deine Pronomen und auch deine sexuelle und romantische Orientierung zu nennen.

[Lea (sie/ihr)] (16:09 min) Ja, mein Pronomen ist sie/ihr und ich bin aromantisch und asexuell. Ich bin nur 29 Jahre alt. Vielleicht auch noch praktisch zu wissen.

[Franca (sie/ihr)] (16:21 min) Ja, danke, Lea. Ja, du hast jetzt gesagt, dass du aromantisch und asexuell bist. Was würdest du denn sagen, welche dieser beiden Orientierungen hat einen größeren Impact auf dein Leben aktuell und warum ist das so?

[Lea (sie/ihr)] (16:35 min) Ich glaube, das ist super schwierig zu sagen, weil der Impact sehr unterschiedlich ist. 

[Lotta (en/they)] (16:39 min) Inwiefern? Was meinst du damit?

[Lea (sie/ihr)] (16:41 min) Also, Asexualität spielt bei mir weniger eine Rolle, also damit beschäftige ich mich weniger. Das ist einfach so, das stört mich überhaupt gar nicht. Und da bin ich auch nie auf so Widerstände gestoßen oder so. Ich habe keine großen Geschichten von Leuten, die irgendwie mich angemacht haben oder sowas und ich es nicht wollte. Alle haben mich immer in Ruhe gelassen. Ich weiß nicht, ob das die Ausstrahlung ist oder ich es einfach nie gecheckt habe. Aber deswegen war mir das schon immer furchtbar egal tatsächlich. Aber natürlich ist es relevant im Leben, weil die Lebenswirklichkeit doch sehr anders ist als die von allosexuellen Leuten. Und Aromantik hat aber in dem Sinne einen größeren Impact, weil mich das viel mehr beschäftigt. Also das viel mehr auf Widerstände stößt jetzt. Nicht zwingend bei anderen, in mir selbst oder auch mit der Gesellschaft, wo wir gleich auch nochmal kurz drüber reden. Genau deswegen spielt das eine größere Rolle. Damit habe ich mich auch viel schwerer getan, das bei mir selbst anzuerkennen. Also mein inneres Coming-out war da ein bisschen verzögert.

[Franca (sie/ihr)] (17:47 min) Ja, du hast ja gerade inneres Coming-out angesprochen. Magst du uns vielleicht da kurz noch ein bisschen mehr darüber erzählen, wie kam das bei dir dazu, dass du das gemerkt hast, also gerade im Hinblick auf die Aromantik und vielleicht auch welche Rolle haben Beziehungen von dir oder von anderen Leuten bei deinem Coming-out gespielt?

[Lea (sie/ihr)] (18:03 min) Ja, witzigerweise war die Beziehung, die implizit den größten Einfluss hat, die meiner Mutter. Bis sie 21 war, hatte sie keinen Freund und kein gar nichts. Und bis 21 habe ich mir deswegen auch überhaupt keine Sorgen gemacht. Ich dachte, naja, wenn meine Mama so lange gebraucht hat, darf ich auch so lange gebraucht haben.

[Franca (sie/ihr)] (18:24 min) Ich kenn’s, ich kenn’s. Meine Mutter hatte mit 15 schon einen Freund, da war das mit 15 schon ein Problem. (/hj)

[Lea (sie/ihr)] (18:29 min) Also ich habe nie Peer-Pressure gefühlt oder sowas. Ich habe dann ja schon gemerkt, dass sich um mich herum beschäftigen sich irgendwie alle damit. Irgendwie ist das sowas von pupsegal. Irgendeine Freundin einer Freundin wollte dann mal wissen, wie denn meine sexuelle Orientierung ist und sie hat mich dann so hetero erklärt, weil ich halt nicht gesagt habe, dass ich lesbisch oder bi bin oder was das immer, da muss ich halt “normal” sein in Anführungszeichen. Aber das war mir auch egal. Tatsächlich bis 21 habe ich mich überhaupt nicht damit beschäftigt. Und mit 21 dann kamen so die Sorgen auf. Es ist seltsam, dass ich das daran festgemacht habe, aber deswegen die Beziehung meiner Mutter tatsächlich, weil daran habe ich dann gemerkt, dass ich spätestens dann vielleicht ein bisschen entweder sehr Spätzünder bin oder vielleicht doch nicht “normal”, diese schönen Anführungszeichen um dieses Wort, und bin dann, ja nicht auf die Suche gegangen, aber auf die Dauer schon irgendwie abgeguckt, was kann denn mit mir nicht stimmen und wo guckt man: im Internet logischerweise. Ich bin dann da auf das AVEN-Forum gestoßen, also “Asexual Visibility and Education Network”. Und die haben das eigentlich ganz schön erklärt auf ihrer Webseite, was das ist, also Asexualität. Ich weiß gar nicht, wie viel sie zur Aromantik dazu erzählt haben, aber auf jeden Fall auch irgendwas. Und hab den Asexualität-Artikel durchgelesen, dachte ich, ja, 100 Prozent, das bin ich. Abgehakt, ne? So, fertig identifiziert. Und hab dann Aromantik, hab ich gelesen, dachte mir auch, ja gut, dass es das auch gibt, aber hab mich darin irgendwie überhaupt nicht gesehen. Aber es hat implizit in mir ein bisschen rumort. Und irgendwann mal dann, wie man so gedankenverloren Auto fährt auf der Autobahn. Ich kann mich ganz genau dran erinnern. Irgendwie so 130, 140 [km/h] gefahren oder sowas. Also kann ich nicht empfehlen, mit 140 auf der Autobahn sich zu denken, oh Mist, vermutlich bin ich auch aromantisch.

[Lotta (en/they)] (20:35 min) Das ist auf jeden Fall mal eine gute Story dafür.

[Lea (sie/ihr)] (20:42 min) Tatsächlich habe ich da schon gemerkt, dass es nicht so in meinen Lebensplan reinpasst. Ich bin ein großer Familienmensch. Meine gesamte Familie sind Familienmenschen. Und da hat irgendwie implizit auch nie ohne Druck von irgendjemand gehört, dass man mal eine eigene Familie hat oder zumindest Partner*innen. Welches Geschlechts auch immer. Genau, deswegen hat das mit dem inneren Coming-out ein bisschen länger gedauert, weil ich das, glaube ich, mehr so ein bisschen vor mir hergeschoben habe, mir das anzuerkennen. Und auch als ich dann mein inneres Coming-out hatte, hat das ewig gebraucht, bis ich das auch so akzeptiert habe, dass ich dann meinte, ja, es ist gut so, wie es ist.

[Lotta (en/they)] (21:22 min) Jetzt hast du ja auch gerade deine Familie schon erwähnt. Wissen die davon oder wie gehen die mit beispielsweise deiner Asexualität oder Aromantik um? Weil du hast ja gesagt, dass jetzt auch gerade die, dass du z.B. immer gemerkt hast daran, so bis 21 macht man sich keine Sorgen, weil meine Mutter hatte auch ihren ersten Freund mit 21. Gab es dann irgendwo so einen Punkt, wo vielleicht die mal gesagt haben, so hey, jetzt bist du ja so und so alt, du hattest immer noch keinen Freund oder so?

[Lea (sie/ihr)] (21:51 min) Nein, nicht wirklich. Meine Familie ist da wirklich gut drin, keinen Druck zu machen, niemanden. Aber natürlich irgendwann mal kommt das Gerede davon, insbesondere als dann die Kinder langsam ausgezogen sind. Also ich bin die Älteste, meine Schwester ist drei Jahre jünger. Also ich bin ausgezogen, meine Schwester dann drei Jahre danach. Erstmal nur ein Jahr ins Ausland, dann ist sie nochmal zurückgezogen, aber sie war so ein bisschen halt auch weg. Und dann sind die Eltern so vor so einer semi-leeren Wohnung. Dann war nur noch mein sieben Jahre jüngerer Bruder da. Und dann kommt der Gedanke von, ach, irgendwann mal sind dann da ja Enkel. Also ohne den Druck zu sagen, ja Lea, du bist jetzt so und so alt, wie wär’s denn mal, ich hätte da gerne meinen Enkel. Sondern einfach wie, das kam vor allem bei meiner Mutter, wie sie halt dann die Zukunft beschrieben hat, dass sie dann irgendwann mal einen Enkel hat, den sie dann verwöhnen kann und die Erziehung der Eltern kaputt machen, wie das Omas halt so machen. Natürlich in eingeschränkter Form kaputt machen, aber ein bisschen Süßigkeiten geben, die jetzt die Eltern nicht geben würden und solche Sachen. Und das habe ich ganz lange halt einfach so stehen lassen. Es war auch nie so, dass man dann unbedingt ins Gespräch dazu kommen musste. Wir haben uns grundsätzlich nie so viel über Beziehungen unterhalten in meiner Familie. Und irgendwann hat es mich dann aber genervt. Und dann habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich asexuell bin und aromantisch und dass sie von mir keine Enkel erwarten können und dass sie dieses Thema doch in Bezug auf mich nicht mehr ansprechen sollen. Sie waren da sehr offen zu, zu Asexualität. Und ja, auch sehr verständnisvoll. Bei Aromantik bin ich mir nicht sicher, ob die das so ernst genommen haben. Sie haben nicht mit Worten gesagt, ja, warte mal, es kommt bestimmt noch jemand. Aber es ist manchmal ein bisschen so, als hätten sie vergessen, dass ich es ihnen mal gesagt habe. Was ich jetzt nicht super tragisch finde, weil es eben selten aufkommt und daher mich nicht so häufig stört. Meiner Schwester habe ich es tatsächlich vorher erzählt, weil sie auch ein bisschen informierter ist. Allein, weil sie jünger ist. Wir immer ein bisschen noch mal eine engere Beziehung miteinander hat, als ich jetzt zu meinen Eltern. Mein Bruder, das tut mir ein bisschen leid, der hat das überhaupt gar nicht über mich erfahren. Der war nämlich der Einzige in meiner kleinen Familie, also Eltern und Geschwister, der es noch nicht wusste und dann haben sie sich halt irgendwann darüber unterhalten und mein Bruder so, was? Wusste gar nichts von mir. Ja, ich glaube, da hat er sich ein bisschen verletzt gefühlt, aber inzwischen ist alles wieder gut und er ist genauso akzeptierend.

[Lotta (en/they)] (24:41 min) Ach, das ist so schön

[Lea (sie/ihr)] (24:42 min) Genau, von daher eigentlich dann nicht so negative Erfahrungen. Der Rest, also Cousine, Tanten und so weiter, die wissen das alles entweder nicht oder haben es zufällig erfahren. Inzwischen ist es ein bisschen so, dass ich mit meinem Comming-Outs so umgehe. Es ist so eine, vielleicht nicht eine “Need-to-know-Basis”, aber eine, “wenn es aufkommt, dann erzähle ich es Basis” und wenn nicht, dann halt nicht. 

[Lotta (en/they)] (25:04 min) Ja, so ein lockerer Umgang.

[Lea (sie/ihr)] (25:05 min) Ja, deswegen wissen es halt manche und manche nicht.

[Franca (sie/ihr)] (25:08 min) Ich hätte noch mal eine Frage, um das Ganze auf ein gesellschaftliches Level zu heben. Du hattest ja auch davor angesprochen, dass du, gerade als du dieses innere Coming-out hast, auch gemerkt hast, dass da super viele Ängste mit verbunden waren, sich selber einzugestehen, dass du aromantisch bist. Was waren das denn für Ängste? Was genau war dieses ungute Gefühl, was da mit einherging und was glaubst du, woran das liegt? Weil im Prinzip hier ist es ja einfach eine sexuelle und eine romantische Orientierung. Also was genau war das, wo du das Gefühl hast, das fühlt sich irgendwie ungut an?

[Lea (sie/ihr)] (25:40 min) Das war tatsächlich die Angst vor Einsamkeit. Auf Dauer. Was natürlich nicht stimmt. Also das ist ja irrational. Nur weil man aromantisch ist, heißt das nicht, dass man auf ewig einsam ist. Man hat ja trotzdem Familie und Freunde und so weiter. Man hat halt nur keine feste Partner*in. Queerplatonische Beziehungen können natürlich dann auch stattfinden, aber die habe ich nie so wirklich verstanden, um ehrlich zu sein, und habe da auch nie so ein Bedürfnis gefühlt.

[Lotta (en/they)] (26:10 min) Also du könntest dir dann auch tatsächlich nicht vorstellen, beispielsweise später eine Beziehung zu führen oder so, oder wäre das was, wo du sagen würdest, das könntest du durchaus in Betracht ziehen?

[Lea (sie/ihr)] (26:20 min) Ich meine, man muss Beziehungen definieren. Ja. Wo ich so ein bisschen, was so mein Traumideal wäre, wäre tatsächlich eine Person oder zwei Personen zu finden, die die Verbindlichkeit einer romantischen Beziehung haben, sodass man sich zusammen an erster Stelle sieht und dass, wenn dann irgendwie, wenn zwei parallele Sachen passieren einmal in dieser Beziehung und einmal mit Freund*innen. Das sind halt diese Beziehungen, die ich mit der Person dann führe. Das ist dann vielleicht ein bisschen wichtiger. Aber ich hätte keine Ahnung, wie das aussehen soll. Deswegen ist es so ein bisschen hinten angestellt. Ich tue mich da, glaube ich, schwer mit etwas, von dem ich nicht weiß, wie es sein sollte.

[Lotta (en/they)] (27:07 min) Ja, ich denke, das Schwierige daran ist ja auch, dass du in der Gesellschaft irgendwie keine Vorbilder hast, was das angeht. Also wenn Personen in einer Beziehung sind, dann ist das ja eigentlich immer so eine romantische Beziehung auch.

[Franca (sie/ihr)] (27:18 min) Ja, absolut. Da fehlt einfach so dieses Bild für alternative Beziehungsformen. Und ich glaube, insofern ist es auch gar nicht trivial, dass du da Angst vor Einsamkeit hattest oder hast, weil es ja schon einem immer wieder gezeigt wird, dass so dieses Ideal, worauf alle streben, eben ist, mit einer Person zusammen zu sein. Also es gibt da so ein schönes… Ja, und du hattest doch dieses tolle Wort von deinem Auslandssemester. Genau, ich hatte ja dieses Wort schon vorhin erklärt, dieses tvåsamhetsnormen, also so diese Normen zusammen zu sein, wie ich ja vorhin erklärt habe. Kannst du uns vielleicht noch mal sagen, welchen Einfluss diese Norm auf dein Leben jetzt hat, wenn du das so beschreiben kannst? Und vielleicht auch noch den Vergleich zu deinem Leben jetzt und vor zehn Jahren?

[Lea (sie/ihr)] (27:55 min) Ja, vor zehn Jahren, da war ich ja 19 grad mit der Schule fertig, da hatte das noch einen sehr, sehr geringen Einfluss. Weil da viele in meinem Umfeld, also Freund*innen, auch noch Single waren oder wieder Single waren, je nachdem. Aber so die romantische Beziehung eben nicht den gewichtigen Stellenwert hatte. Also natürlich sind junge Beziehungen dann auch immer hochdramatisch und sehr, sehr wichtig in dem Bereich. Aber vielleicht nicht so lang andauernd. Und sie haben halt eben nicht diese Verbindlichkeit, die sie jetzt zehn Jahre später haben, wo man sagt, das ist optimalerweise wirklich die letzte Beziehung, mit der ich alt werde oder zumindest eine sehr lang andauernde Beziehung, mit der ich mein zukünftiges gesamtes Leben plane. Deswegen hat man von der Zweisamkeitsnorm noch nicht so viel gemerkt mit 19. Ich erzähle das immer gerne am Beispiel von Urlauben. weil ich viel so mit Freunden in Urlaub gefahren bin, zum Campen oder irgendwelche Hosteltouren durch verschiedene Städte.

[Lotta (en/they)] (28:58 min) Klingt gut.

[Franca (sie/ihr)] (28:59 min) Was man mit 19 halt so macht, ja.

[Lea (sie/ihr)] (29:00 min) Eben genau. Das hat super Spaß gemacht und da gab’s nie das Problem zu sagen, hey, lass uns in der Freundesgruppe oder zu zweit, zu dritt, wie auch immer, mal zwei Wochen wegfahren. Das geht jetzt nicht mehr so. Sondern es geht auch. Es ist jetzt nicht so, dass meine Freunde sagen, nee, mit dir fahr ich nicht mehr in Urlaub. Aber man muss immer beachten, dass sie dann eben zwei Urlaube im Jahr machen. Einmal mit mir und einmal mit ihrer Partner*in. Oder mit der Familie, wenn’s auch schon Kinder gibt. Das ist jetzt bei zwei von meinen Freund*innen auch schon der Fall. Wo sie dann halt vielleicht mal sagen, nee, irgendwie passt’s jetzt finanziell nicht. Ich kann nur einen Urlaub im Jahr machen. Das ist dann halt der mit Familie und Partner*in. Oder sie sagen, ja, aber… Die Zeit ist eingeschränkt, weil hier und dort bin ich halt schon mit anderen Leuten im Urlaub, mit meiner Familie. Und die Freundschaft ist natürlich immer noch wichtig, aber sie ist nicht mehr das Einzige, wo man so Urlaube auslebt. Und bei mir ist es halt weiterhin das Einzige. Und das ist das, wo ich das tatsächlich am meisten merke. Dass eben die Zeit der anderen mehr aufgesplittet sein muss und meine Zeit halt nicht. Und deswegen ich vielleicht höhere Anforderungen habe, die dann nicht erfüllt werden. Ich empfinde, dass sie dann nicht so sehr erfüllt werden können, was jetzt auch nicht stimmen muss, aber zumindest ist das eine Empfindung.

[Lotta (en/they)] (30:29 min) So, Stichwort Freund*innenschaft. Was genau würdest du dir denn dann wünschen? Ich meine, damit diese Bedürfnisse, die du gerade angesprochen hast, erfüllt werden. Was macht denn so eine gute Freund*innenschaft dann für dich aus, jetzt heute auch?

[Lea (sie/ihr)] (30:43 min) Ja, das ist das Problem. Eine gute Freund*innenschafft ist genau das, was ich gerade habe. Weil ich kann ja nicht verlangen, dass ich wichtiger bin als die Kinder und die Partner*innen. Das ist ja überhaupt nicht das, was ich auch haben möchte. Der Idealfall wäre tatsächlich irgendjemand, der genauso ist wie ich und dann machen wir zu zweit unsere Dinge. Und dann sind wir wieder bei einer andersartigen Form der Beziehung. Aber an Freund*innenschaften hänge ich das jetzt nicht auf, weil die sind so, wie sie sind, genau richtig, tatsächlich. Ja.

[Alan (er/ihm)] (31:19 min) Wir haben über gesellschaftliche Vorbilder von nicht-romantischen Beziehungsmodellen gesprochen. Was würdest du dir denn sonst so von der Gesellschaft wünschen, im Umgang mit aromantischen Menschen oder generell?

[Lea (sie/ihr)] (31:33 min) Also, da fällt mir jetzt ehrlich gesagt nicht so viel ein, weil ich nicht weiß, welchen Einfluss die Gesellschaft so im Moment ausüben kann. Es ist halt nun mal, wie es ist, ein bisschen. Also man könnte, ich glaube, da könnte die Politik ran. Da ist ja viel, wo steuerlich gefördert ist, wenn man zusammenlebt. Das wollen sie jetzt schon ändern, vom Ehegattensplitting aufs Familiensplitting. Oder auch, dass Altersvorsorge immer noch ein bisschen davon abhängt, dass man sich gegenseitig unterstützt. Weil was ist denn, wenn ich irgendwann mal alt bin, ich muss sofort ins Altersheim, weil ich habe keine Kinder und ich habe auch keinen Partner, der sich noch um mich kümmern kann. Und solche Sachen. Also ich weiß nicht, wie viel da gemacht werden kann. Das betrifft auch, ich glaube, das betrifft auch hetero-, also heteroromantische oder alloromantische Personen, die Single sind. Einfach alle, die ein bisschen auf sich allein gestellt sind und nicht die direkte Unterstützung zwei Meter neben sich haben, immer in der gleichen Wohnung oder zumindest in der gleichen Stadt, wo man sich dann darauf verlassen kann, wenn irgendwas ist, dann ist die Person auch sofort an der Stelle.

[Franca (sie/ihr)] (32:59 min) Ja, eigentlich betrifft es alle Menschen, die eben diese Beziehungsnorm nicht so leben, die eben diese Beziehung aus irgendeinem Grund nicht führen, wie Gesellschaft sie in diesem Modell vorgesehen hat. Ja, genau.

[Lea (sie/ihr)] (33:10 min) Ich meine, das geht auch Witwer*innen so. Meine Großmutter, die ist seit Jahrzehnten verwitwet. Also, mein Großvater ist gestorben, da war ich fünf, glaube ich. Also ungefähr um den Dreh rum und sie hat nie wieder geheiratet. Oder sie hatte auch nie wieder überhaupt eine romantische Beziehung. Bei ihr geht das gut. Ich glaube auch, weil sie halt Kinder hat. Und sie hat ja nie so… Sie hängt sich da nicht so auf wie ich, habe ich das Gefühl. Vielleicht auch von Person zu Person unterschiedlich. Aber man sieht halt, wie viel Unterstützung sie jetzt braucht mit 86, die halt nicht der Staat übernehmen kann, weil niemand, also die wenigsten Leute sind so reich, dass sie sich das wirklich hundertprozentig leisten können. Das ist vielleicht noch eine Sache. Pflegepersonal besser bezahlen, aber gleichzeitig die Pflege selbst nicht so teuer machen.

[Lotta (en/they)] (34:06 min) Ja, was mir noch eingefallen ist zum Stichwort Kinder. Könntest du es dir vorstellen, später mal Kinder zu haben, vielleicht? Also vielleicht keine eigenen Kinder dann, aber durchaus zum Beispiel Adoption.

[Lea (sie/ihr)] (34:19 min) Das ist ein bisschen ein schwieriges Thema bei mir, wo ich mir selber nicht einig bin. Also hätte man mich gefragt vor einigen Jahren, sechs oder sieben, hätte ich gesagt, auf jeden Fall ja, ich möchte ganz unbedingt Kinder haben. Es gibt ja dieses schöne Modell von Co-Parenting, wo man dann eine andere Person, mit der man auf irgendeine andere Weise in Beziehung ist, wenn man ein Kind zusammen aufzieht, das kann dann entweder ein biologisches Kind der beiden sein, oder es kann eine Samenspende sein, oder es kann auch ein adoptiertes Kind sein. Damit hatte ich mich eine Zeit lang beschäftigt, als ich dachte, ja, ich möchte unbedingt ein Kind haben, aber ich weiß nicht, wie sehr relevant das im Moment jetzt noch für mich ist. Wird sich wieder zeigen. Im Moment würde ich sagen eher nicht. Gerade bin ich auf dem Trips, um eine alte Dame zu werden mit so 30 Katzen. 

[Lotta (en/they)/Franca (sie/ihr)] (35:15 min) Oh ja, sehr sympathisch. (/g)

[Lea (sie/ihr)] (35:16 min) Genau, das bin dann ich irgendwann.

[Franca (sie/ihr)] (35:20 min) Hast du auch Pflanzen zu Hause?

[Lea (sie/ihr)] (35:22 min) Ja, Pflanzen hab ich auch. Pflanzen, ganz viele Vorhänge und Teppiche und 30 Katzen. Das ist jetzt gerade mein Bild von mir im Alter.

[Lotta (en/they)/Alan (er/ihm)/Franca (sie/ihr)] (35:50 min) Das klingt doch auch nicht schlecht. Ja, absolut.

[Lotta (en/they)] (35:32 min) Ja, wir sind auch schon fast am Ende mit Blick auf die Uhr. Gibt es denn noch irgendwas, was du uns mitgeben möchtest oder den Menschen, die sich diesen Podcast anhören?

[Lea (sie/ihr)] (35:46 min) Offen sein, glaube ich. Das betrifft ja jetzt nicht nur das a*-Spektrum, sondern alle möglichen. Einfach offen sein zu anderen Lebens-… Lebensform klingt so, als wären wir keine Menschen mehr. Zu anderen Lebenswirklichkeiten eben und schauen, wie man die Leute im eigenen Umfeld unterstützen kann im eigenen Umfeld, die eben nicht den ganzen Normen, wie auch immer die jetzt heißen, ich habe das schwedische Wort leider wieder wieder vergessen, die dem jetzt dann halt nicht so nachkommen können. Aber ansonsten, ich glaube, allein dadurch, dass man sich den Podcast anhört, ist man da ja schon offen drüber und das finde ich auch sehr schön.

[Franca (sie/ihr)] (36:25 min) Ja, auf jeden Fall.

[Lotta (en/they)] (36:28 min) Das war doch jetzt ein echt schönes Schlusswort. Vielen Dank dir, Lea, dass du heute dabei warst und vielen Dank auch für deine Offenheit, für die bereichernden Einblicke in dein Leben. Also mir hat es großen Spaß gemacht. Ich denke, den anderen auch.

[Franca (sie/ihr)/Alan (er/ihm)] (36:39 min) Auf jeden Fall. Ja. Ja, danke dir, Lea.

[Lea (sie/ihr)] (36:42 min) Danke, dass ich dabei sein durfte.

[Lotta (en/they)] (36:51 min) Das war auf jeden Fall ein richtig spannendes Interview und danke nochmal an Lea, dass sie da so offen ihre Erfahrungen mit uns geteilt hat.

[Alan (er/ihm)] (36:57 min) Wir sind auch schon fast am Ende der Folge angekommen und ich muss sagen, ich habe ganz viele neue Gedanken dazu bekommen. Lotta, was hat dich denn am meisten zum Nachdenken angeregt?

[Lotta (en/they)] (37:07 min) Da muss ich echt mal kurz nachdenken und nochmal alles rekapitulieren, weil wir haben echt eine ganze Menge besprochen. Ich denke, was mir auf Anhieb jetzt als erstes einfällt und was mich vielleicht auch am meisten zum Nachdenken noch angeregt hat oder mich auch so ein bisschen schockiert hat, ist die Geschichte von deiner Mutter, Franca. Diese Ungerechtigkeit eben tatsächlich, dass Paare nur dann eine künstliche Befruchtung haben konnten, wenn sie verheiratet waren. Also diese Hierarchisierung von verschiedenen Beziehungen, die man da auch hat. Welche Beziehung jetzt mehr wert ist, also dass eben eine verheiratete also eine Beziehung, in der man verheiratet war, in dem Sinne mehr gezählt hat, dass man irgendwie gesagt hat, ja, ihr seid verheiratet, deswegen liebt ihr euch wirklich, deswegen glauben wir auch, dass ihr zusammenbleibt und Kinder großziehen könnt und deswegen dürft ihr jetzt so eine künstliche Befruchtung haben und wenn ihr nicht verheiratet seid, geht das nicht. Alan, worüber denkst du denn gerade nach?

[Alan (er/ihm)] (38:05 min) Ich finde es interessant, dass von uns einerseits allen erwartet wird, eine Beziehung zu führen, aber eben nur eine monogame, heterosexuelle und heteroromantische Beziehung. Es heißt immer, ja, du musst eine Beziehung haben, sonst kannst du nicht glücklich sein. Zum Beispiel wenn du eine Beziehung hast, die ein bisschen aus der Norm rausfällt. Das ist ja aber nicht so, dass die falsche Beziehung… Du musst genau die richtige Beziehung führen, weil einerseits die Beziehung das Beste ist, was du machen kannst, aber andererseits, wenn du es falsch machst, dann halt auch plötzlich nicht mehr.

[Franca (sie/ihr)] (38:33 min) Das ist auf jeden Fall richtig interessant und ich glaube, da haben wir jetzt auch schon wieder ein Thema für eine weitere Folge, weil ich fände es super spannend, sich auch mal anzuschauen, welche alternativen Beziehungskonzepte es eigentlich gibt und wie Gesellschaft eben auf diese, zwar Beziehungen, aber wie du eben gesagt hast, vielleicht nicht monogam, nicht heterosexuell, nicht heteroromantisch schaut. 

[Lotta (en/they)] (38:52 min) Ja, auf jeden Fall. 

[Franca (sie/ihr)] (38:54 min) Ja. Und ich muss sagen, mir geht noch was anderes durch den Kopf. Und zwar fand ich das einfach sehr, sehr, ja auch einfach sehr, sehr spannend für mich nochmal Leas Perspektive kennenzulernen. Die Perspektive einer Person, die eben in einer Welt lebt, in der Beziehung eine Norm ist, aber selber keine Beziehung führt. Und ich fand es sehr, sehr berührend auch zu erleben, welche Schwierigkeiten sie damit hatte und hat und ja, wie unglaublich wie unglaublich bedeutend einfach diese Norm für uns alltäglich ist. Und ja, da ich eben jetzt selber gerade eine Beziehung führe, merke ich auch immer wieder, wie wichtig es ist für mich, diese Beziehung eben nicht als Norm zu sehen und auch einfach für mich persönlich darauf zu achten, dass ich diese Beziehung nicht anders priorisiere als meine Freund*innschaften, weil eben für mich einfach eine Beziehung eine Form von menschlicher Verbindung ist, aber eben eine menschliche Verbindung, die ich auch mit anderen Menschen eingehen kann. Und ja, ich möchte da auf jeden Fall nicht dieser Norm nachkommen und das dann zum Beispiel bezüglich der Zeit, die ich mit den Personen verbringe, unglaublich anders priorisieren, weil ich eben einfach weiß, dass es Menschen gibt, die keine Beziehung führen und mit denen möchte ich ja auch Zeit verbringen. Also, das hat mich auf jeden Fall nochmal persönlich sehr zum Nachdenken angeregt.

[Lotta (en/they)] (40:06 min) Stichwort Priorisierung von verschiedenen zwischenmenschlichen Beziehungen. Das ist die perfekte Überleitung zu unserem “Piece of Cake” für euch. Vielleicht haben es ja einige von euch schon mitbekommen, dass im Koalitionsvertrag es ein Absatz über die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft gibt. Damit soll es dann zwei oder mehr Personen ermöglicht werden, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen, ohne gleich eine romantische Liebesbeziehung führen zu müssen.

[Franca (sie/ihr)] (40:30 min) Und ob ihr es glaubt oder nicht, dieser Vorschlag kam sogar von der FDP.

[Lotta (en/they)] (40:34 min) Und auch wenn jetzt im Koalitionsvertrag noch nicht genauer spezifiziert ist, auf wen genau dieser Absatz anwendbar ist und auch nicht, welche Rechte das konkret erfasst, wie es ja eigentlich immer ist, dass es noch immer recht ungenau ist und auch nicht klar ist, wann das überhaupt durchgesetzt werden soll. Ich finde, es ist doch immerhin ein Anfang.

[Alan (er/ihm)] (40:53 min) Das klingt jetzt auch nicht so umwerfend fortschrittlich. Aber es war das allererste Mal, dass so etwas in einem Koalitionsvertrag steht. Und es zeigt doch, dass die Politik zumindest das Thema irgendwo im Blick hat und es nicht komplett vergessen wird. Und das macht doch schon mal Hoffnung für die Zukunft.

[Franca (sie/ihr)] (41:12 min) Ja, auf jeden Fall. Ja, und ich glaube, das ist tatsächlich auch ein ganz guter Punkt, um die Podcast-Folge nun endgültig zu beenden. Aber es gibt bereits eine zweite Folge. Und für diese zweite Folge haben wir uns auch etwas ganz Besonderes für euch ausgedacht. Und zwar habe ich für das nächste Mal meinen Freund mitgebracht, mit dem ich jetzt schon seit etwa zwei Jahren eine alloromantisch-asexuelle Beziehung führe. Und ja, in der Folge geht es dann vor allem darum, welche Herausforderungen und Chancen sich für uns aus dieser Beziehung ergeben und wie wir damit am besten umgehen.

[Lotta (en/they)] (41:43 min) Das war’s jetzt aber für heute. Wir hoffen, ihr hattet genauso viel Spaß wie wir und wir würden uns sehr freuen, wenn ihr bei der nächsten Folge auch wieder dabei seid.

[Lotta (en/they)/Alan (er/ihm)/Franca (sie/ihr)] Hoşçakal! Vale! Bis bald!